Behördenauskunfte einzuklagen, etwa vor dem Bundesverwaltungsgericht (hier ein Bild aus dem Jahr 2015), soll dank transparenzklagen.de einfacher werden. Foto: dpa-Zentralbild

Ein Fonds soll künftig Bürgern helfen, den Staat zur Herausgabe von Informationen zu zwingen. Damit solle geltendes Recht durchgesetzt und Blockadehaltung der Behörden erschwert werden, so die Initiatoren.

Berlin - Mit einem Fonds erleichtern die Gesellschaft für Freiheitsrechte sowie die Open Knowledge Foundation Auskunftsklagen gegen den Staat. Am Freitagabend ging ihr Portal transparenzklagen.de online. Die beiden Vereine haben dafür Spenden im mittleren fünfstelligen Bereich gesammelt, berichtete Volker Tripp von der Gesellschaft für Freiheitsrechte auf „Deutschlandradio Kultur“. Der 2015 gegründete Verein unterstützt laut eigener Darstellung Klagen, „bei denen es um den Schutz der Privatsphäre sowie der Informations- und Pressefreiheit gegen staatliche Übergriffe geht“.

Auf dem Papier haben Bürger hierzulande weitreichende Auskunftsrechte gegenüber Behörden. Für den Umweltbereich gilt das dank einer 1994 in deutsches Recht überführten EU-Richtlinie seit mehr als zwanzig Jahren; später kamen das Verbraucherinformationsgesetz sowie auf Bundes- und Länderebene sogenannte Informationsfreiheitsgesetze (IFG) hinzu, die den Zugang zu Behördeninformationen regeln. Der Bund hat sich 2005 ein IFG gegeben, das baden-württembergische Gesetz trat Anfang dieses Jahres in Kraft.

Trotz dieser Informationsrechte verwiesen Behörden oft auf Ausnahmeregelungen und gäben die gewünschten Informationen nicht oder nur teilweise heraus, beklagt Tripp. Nach amtlicher Zählung gingen vergangenes Jahr bei Bundesbehörden 9376 Auskunftsanträge ein, 436 Klagen wurden erledigt. Davon wurde jede zweite abgewiesen, nur elf Klagen gaben die Gerichte mindestens teilweise statt. Der Rest wurde etwa per Vergleich oder durch Rückzug der Anfrage geklärt.

1500 Euro pro Instanz

Der neue Fonds soll Bürgern helfen, die vor dem zeitlichen und finanziellen Aufwand einer Klage zurückschrecken: er übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten, pro Instanz sind das 1500 Euro und mehr. Unterstützt werden Klagen, die klären, wie weit die gesetzliche Informationsfreiheit reicht, heißt es auf der Website des Fonds.

Zwei Klagen unterstützt der Fonds bereits: eine gegen das Verteidigungs- und eine gegen das Gesundheitsministerium. Bei Letzterer soll das Ministerium gezwungen werden, alle von ihm registrierten Internetadressen zu nennen. Das Ministerium verweigert die Auskunft mit dem Hinweis, solche Informationen seien „generell dazu geeignet, einen Angriff auf die Informationstechnik des Bundes erheblich zu erleichtern“. In der Tat, sagt Volker Tripp, gehe es darum, die Sicherheit der Websites zu überprüfen. „Das Ministerium will Sicherheit durch Wegschauen, wir wollen Sicherheit durch Hinschauen.“

Frag den Staat

Die Anfrage an das Gesundheitsministerium war von der Open Knowledge Foundation gestellt worden. Dieser Verein betreibt neben dem Klageportal bereits die Website fragdenstaat.de, die Nutzer bei Behördenanfragen unterstützt. Tausende Anfragen wurden vergangenes Jahr auf diesem Wege gestellt. Ein Netzwerk von Vereinen und Initiativen für Informationsfreiheit unterstützt fragdenstaat.de – darunter Transparency International, Mehr Demokratie, der Chaos Computer Club und das Journalisten-Netzwerk Recherche. Das Klageportal sei als Ergänzung gedacht, heißt es in einer Mitteilung der Betreiber.

Es wird sich zeigen, ob die unterstützten Klagen mehrheitlich aus dem Kreis dieser Organisationen stammen – oder ob das Angebot auch Bürger und Initiativen anspricht, die bislang keine Routine mit solchen Gerichtsverfahren haben.

Zeitungsverlage oder große Nichtregierungsorganisationen zählten aus guten Gründen nicht zur Zielgruppe, sagt Manfred Redelfs. Er ist für Greenpeace regelmäßig mit Auskunftsanfragen an und Gerichtsverfahren gegen Behörden beschäftigt – etwa zur Frage, ob Informationen zu Vergabe und Empfängern von Agrarsubventionen herauszugeben sind oder nicht. Greenpeace musste damals vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. „So ein Aufwand, solche Risiken sind Greenpeace vielleicht zumutbar, Privatpersonen oder kleinen Organisationen nicht“, so Redelfs.

Grundsätzlich seien IFGs mit weniger Ausnahmen wünschenswert. „Aber wir haben nun einmal diese Gesetze und müssen sie mit Leben füllen“, findet Redelfs. Die Gesetze „lassen den Behörden einen Interpretationsspielraum – und die legen ihn meist gegen diesen Bürger aus. Deshalb sind solche Klagen wichtig.“