In unserer Bildergalerie lesen Sie, was Stuttgart für die Darsteller bedeutet. Foto: dpa

Donnerstag feiert das Udo-Jürgens-Musical „Ich war noch niemals in New York“ Premiere.

Stuttgart/Hamburg - Ihr Puls rast, die Premiere naht: Für Stuttgart Flair haben sich alle 35 Darsteller des Udo-Jürgens-Musicals "Ich war noch niemals in New York" zum Herzen formiert. Auf dieser Seite verraten sie, was ihnen Stuttgart bedeutet. Morgen werden im Apollo-Theater Promis wie Hape Kerkeling und Katja Flint erwartet.

Er saß da, und ihm liefen die Tränen über das Gesicht. Udo Jürgens saß zurückgelehnt in einem Konzertsessel und lauschte der Musik. Genauer gesagt: seinen eigenen Liedern. Sicherlich nicht zum ersten Mal, werden doch Dutzende seiner Hunderten von Songs, die er in den fünf Jahrzehnten seiner Karriere geschrieben hat, mit leidenschaftlicher Redundanz im Radio gespielt. Und wenn Udo Jürgens singt, kann jeder mitsingen.

Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal sang nicht Udo Jürgens. Dieses Mal sangen andere. Die Darsteller des Musicals "Ich war noch niemals in New York", das im Jahr 2007 in Hamburg Premiere feierte.

"Anfangs hatte Udo Jürgens schon ein Problem damit, dass andere seine Lieder singen", verrät Produktionsleiterin Kerstin Schnitzler, die bereits 15 Musicals auf die Bühne gebracht hat. Überhaupt habe der Künstler den Vorschlag, aus seinen Songs ein Musical zu machen, zunächst skeptisch aufgenommen. Nachdem er aber erfuhr, dass die Geschichte, die rund um seine Lieder gesponnen werden sollte, nicht von seinem Leben handeln würde, habe er sich von der Idee gefangen nehmen lassen.

"Udo Jürgens hat so ein tolles Portfolio an Songs, und jeder einzelne davon erzählt eine Geschichte - wir wollten daraus unbedingt ein Musical machen", sagt Schnitzler. So entstand "Ich war noch niemals in New York" - eine von derzeit sechs Eigenproduktionen der Stage Entertainment. "Diese Produktionen können finanziell lukrativ sein - sie stellen aber auch einen Unsicherheitsfaktor dar, weil es keine Erfahrungswerte gibt", sagt Johannes Mock O'Hara, Geschäftsführer von Stage Entertainment Germany. Dass "Ich war noch niemals in New York", welches "We Will Rock You" ablöst, in Stuttgart floppt, steht nicht zu erwarten - auch wenn es freilich ein anderes Publikum ansprechen wird als sein Vorgänger. Im Hamburger Tui-Operettenhaus lief das Udo-Jürgens-Musical laut Stage Entertainment sehr erfolgreich.

Bei beiden Shows galt es, die Lieder in eine stimmige Geschichte einzubetten. Während bei "We Will Rock You" allein die Musik die Handlung trug, ist die schwierige Aufgabe, die Geschichte nicht zu konstruiert wirken zu lassen, bei "Ich war noch niemals in New York" besser gelungen.

Dreh-und-Angel-Punkt ist der Generationenkonflikt zwischen Lisa Wartberg (Sabine Mayer) und ihrer Mutter Maria Wartberg (Regina Venus) sowie zwischen Axel Staudach (Karim Khawatmi) und seinem Vater Otto Staudach (Ernst Wilhelm Lenik). Maria Wartberg fühlt sich von ihrer Tochter, einer erfolgreichen TV-Moderatorin, abgeschoben und verliebt sich im Altersheim in Otto Staudach. Maria, die schon als junges Mädchen den Traum hegte, unter der Freiheitsstatue in New York zu heiraten, beschließt zusammen mit Otto, diesen wahr werden zu lassen. Die beiden alten Herrschaften türmen und machen sich mit dem Schiff auf die Überfahrt nach Amerika.

Doch sie haben nicht mit ihren Kindern gerechnet. Lisa Wartberg und Axel Staudach, ein Fotograf, sowie dessen Sohn Florian machen sich auf, um ihre Eltern wieder zur Vernunft und nach Hause zu bringen. Derweil kommen sich die beiden Kinder Lisa und Axel, zwischen denen anfangs noch mehr Streitpotenzial lag als zwischen den Generationen, näher. Das ist so wenig überraschend wie die Nebenhandlung, die durch das schwule Paar Fred (Uli Scherbel) und Costa (Marco A. Billep) eingeführt wird, um die 21 Songs von Udo Jürgens im Stück zu integrieren - etwa den Klassiker "Griechischer Wein".

Aufgefangen werden diese herbeigeschriebenen Konstruktionen von den Stuttgarter Hauptdarstellern, die allesamt überzeugend ihre Rollen ausfüllen. Und das, obwohl Regina Venus (58) das erste Mal in einem Musical spielt - zuvor hatte sie ausschließlich Rollen im Sprechtheater inne. Dass sie für ihre Rolle als Maria Wartberg zehn Jahre älter gemacht wurde, macht ihr nichts aus. "Wir sind schließlich die Fetzigen, die aus dem Altersheim ausbrechen, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen", sagt auch ihr Musicalpartner Ernst Wilhelm Lenik (68), der den Otto Staudach gibt. "Das ist eine tolle Botschaft", darüber sind sich die beiden einig.

An der Botschaft freilich wurde an der Stuttgarter Produktion von "Ich war noch niemals in New York" nichts geändert, doch das Buch wurde dennoch "zu 50 Prozent überarbeitet", wie die Regisseurin Carline Brouwer sagt. Selbst eine schwäbische Rolle gibt es. Die Schwaben werden beim Besuch des Musicals aber beweisen, dass sie alles können, auch Hochdeutsch: wenn sie die Songs von Udo Jürgens, die an diesem Abend nicht er zum Besten geben wird, mitsingen. Bleibt abzuwarten, ob wegen des Happy Ends und der sentimentalen Mitschunkel-Klassiker auch an diesem Abend Tränen der Rührung fließen werden.