Mit Waldhorn und Waffe: Jagd hat auch viel mit Emotionen zu tun. Foto: dpa

Es ist die Woche des großen Schlagabtauschs: Kurz bevor die Regierung das neue Jagdgesetz verabschiedet, warnen Naturschützer vor weiteren Zugeständnissen an die Jäger. Diese wiederum starten eine „Charmeoffensive“.

Es ist die Woche des großen Schlagabtauschs: Kurz bevor die Regierung das neue Jagdgesetz verabschiedet, warnen Naturschützer vor weiteren Zugeständnissen an die Jäger. Diese wiederum starten eine „Charmeoffensive“.

Stuttgart - Im Tauziehen um ein neues Landesjagdgesetz fürchten Natur- und Tierschützer gegenüber den Jägern an Boden zu verlieren und warnen deshalb Grün-Rot vor weiteren Korrekturen am Gesetzentwurf. Mit dem sei die Regierung zwar auf dem richtigen Weg, sagte Nabu-Landeschef André Baumann: „Es darf aber keinen Schritt zurück geben.“

Auch Christine Fabricius vom BUND warnte Grün-Rot vor weiteren Zugeständnissen an den Landesjagdverband, der den Entwurf bisher ablehnt. Andernfalls sei ihr Naturschutzverband „nicht mehr dabei“. James Brückner vom Deutschen Tierschutzbund sagte: „Aus Tierschutzsicht können wir keine Abstriche mehr machen.“

Die Verbände versuchen seit Monaten unter Moderation des Grünen-geführten Forstministeriums, sich mit den Jägern auf eine Reform zu verständigen. Hatte es anfangs nach einer gemeinsamen Linie ausgesehen, so legen sich die Jäger zunehmend quer. In der Landtags-SPD scheinen sie Gehör zu finden: Wie unsere Zeitung berichtete, fordern auch mehrere Abgeordnete der Regierungsfraktion Korrekturen am Entwurf, der demnächst abschließend im Kabinett beraten werden soll.

Doch die Tier- und Naturschützer hätten bereits bis zur Schmerzgrenze nachgegeben, argumentierten ihre Vertreter. So sei etwa das geplante Verbot, mit Schrot auf Vogelgruppen zu schießen, wieder verwässert worden. Auch dass Bleimunition nicht grundsätzlich untersagt werde, sondern nur bei Schalenwild und an Gewässern, sei „ärgerlich“, so BUND-Vertreterin Fabricius.

Wildernde Hunde und Katzen sollen geschützt werden

Die Tierschützer pochen vor allem darauf, dass den Jägern verboten wird, wildernde Hunde und Katzen abzuschießen. Es sei im Sinn des Tierschutzes, der als Staatsziel in der Verfassung verankert sei, dass man Katzen eher kastriere und Hunde einfange, als sie zu töten. Brückner: „Es gibt mildere Mittel.“ Seltene Singvögel würden viel mehr durch zerstörte Lebensräume bedroht als durch Katzen, sekundierten die Vertreter des Naturschutzes. Auch geschützte Wildkatzen kämen immer wieder durch Jäger zu Tode.

Heftig umstritten ist aber auch das geplante Verbot, Wildtiere winters zu füttern sowie die zweimonatige Wildruhephase. Wildtiere seien „Weltmeister im Energiesparen“, sagte Christian Kirch, der Landeschef des Ökologischen Jagdverbands, der sich als Alternative zum deutlich größeren Landesjagdverband versteht. Futtergaben seien auch deshalb falsch, weil es dadurch immer mehr Wildschweine und Rehe gebe, deren Zahl die Jäger nicht mehr beherrschen könnten.

„Den Jägern wird nichts Unzumutbares auferlegt“, glaubt Kirch, der die Ursache für deren Protest in „emotionaler Betroffenheit“ der Jäger sieht: Erstmals müsste sie akzeptieren, dass Naturschützer über die Jagd mitreden. In der Praxis allerdings seien die Einschränkungen gar nicht so gravierend. So sei Fallenjagd – auch sie soll verboten werden – kaum noch üblich, und die Winterruhe werde schon jetzt oft eingehalten.

Dass der 30 000 Mitglieder starke Landesjagdverband (LJV) einlenkt, ist allerdings unwahrscheinlich. Der Öffentlichkeit will er seine Argumente unter anderem mit 40 Aktionstagen vermitteln – samt Jagdhornbläsern, Hunden und Infoständen. Eine „Charmeoffensive“ solle es werden, appelliert Landesjägermeister Jörg Friedmann an alle Funktionsträger seines Verbands.

„Beschimpfungen und Beleidigungen oder eine einseitige Parteinahme entsprechen weder Stil noch Anspruch des LJV“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt. In den vergangenen Wochen habe es „verbale Ausreißer“ gegeben, so Friedmann mit Blick darauf, dass einige Funktionäre offen Wahlwerbung für CDU und FDP gemacht haben sollen.

Beim Nabu erntet Friedmann Lob für seinen Appell zur Mäßigung. Allerdings passe es nicht zusammen, dass sich der LJV einerseits als Naturschutzverband darstelle, andererseits aber das neue Jagdgesetz wegen zu viel Naturschutz ablehne, meinte der Nabu-Landesvorsitzende André Baumann.