Ab 1. Januar 2025 gilt das neue Grundsteuergesetz. Daher müssen aktuell alle Kommunen die Hebesätze neu festlegen – was sehr kompliziert ist und einen großen Aufwand bedeutet. Zuletzt stand dieses Thema in Herrenberg auf der Tagesordnung.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte 2018, dass die bis dato gültigen Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig sind, weil diese auf veralteten Werten von 1964 basierten. Die nicht berücksichtigte Wertentwicklung habe zu einer Ungleichbehandlung geführt. Diese Entscheidung setzte entsprechende Gesetzgebungsverfahren auf Bundes- und Landesebene in Gang. Immer dabei im Blick: der 31. Dezember 2024. Denn zu diesem Stichtag endet die Übergangszeit, in der die bisherige Regelung noch angewendet werden darf. Ab dem 1. Januar 2025 wird die Grundsteuer nach neuem Recht erhoben.
Da das Recht der Kommunen, die Hebesätze selbst festzulegen, bei der Neuregelung unangetastet bleibt, sind diese nun „das letzte Glied in der Prozesskette“, wie es Herrenbergs Finanzbürgermeister Stefan Metzing beschreibt. Herrenberg hat sich wie die kommunalen Spitzenverbände früh im Verfahren dazu bekannt, dass die Umstellung „aufkommensneutral“ erfolgen soll, es also unterm Strich keine Mehreinnahmen für die Stadtkasse gibt. Unter den Steuerpflichtigen werde es aber „zu Verschiebungen kommen“, machte Metzing jüngst im Herrenberger Finanzausschuss deutlich.
Größere Grundstücke werden tendenziell stärker belastet
Die Berechnung der individuellen Grundsteuer B erfolgt mit mehreren Multiplikationen: Ausgangspunkt ist die Grundstücksfläche und der vom jeweiligen Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert für das Gebiet, in dem das Grundstück liegt. Nach der Multiplikation dieser beiden Zahlen wird der so ermittelte Grundsteuerwert wiederum mit der Steuermesszahl multipliziert, bei der unter anderem bei Grundstücken, die überwiegend Wohnzwecken dienen, ein pauschaler Abschlag erfolgt. Den so berechneten Steuermessbetrag liefert das Finanzamt, der dann multipliziert mit dem Hebesatz die Grundsteuer ergibt.
Dadurch, dass „allein das Grundstück“ zählt, wie Franziska Binder betont, die in der Stadtkämmerei für Kommunalsteuern und Städtebauförderung verantwortlich ist, würden größere Grundstücke tendenziell stärker belastet. Das gilt auch für Grundstücke, die in Bodenrichtwertzonen mit höheren Bodenrichtwerten liegen. Bei unbebauten baureifen Grundstücken steigt die Belastung ebenso, weil es keinen Abschlag auf die Steuermesszahl gibt.
Hebesatz für die Grundsteuer B ändert sich enorm
Für die Herrenberger Kämmerei war die Ermittlung des aufkommensneutralen Hebesatzes ein „unheimlicher Kraftakt“, wie Metzing betonte. Denn die von den Finanzämtern gelieferten Zahlen wiesen nach Stand der bisher erfolgten, teils zeitaufwendigen Überprüfung eine Fehlerquote von rund acht Prozent auf. In der Berechnung des Hebesatzes hat die Kämmerei daher unter anderem Fehlerkorrekturen und noch fehlende Werte durch „sorgfältige Schätzung“ berücksichtigt. Unter dem Strich ergibt sich für Herrenberg damit ein neuer aufkommensneutraler Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 225 Prozent.
In Herrenberg sinkt damit dieser Hebesatz, der bis dato bei 450 Prozent lag. Die Verwaltung weist jedoch darauf hin, dass anders als bisher die Hebesätze wegen der aufkommensneutralen Umsetzung nicht mehr landesweit vergleichbar sind. Denn Kommunen mit höheren Bodenrichtwerten wie Herrenberg müssten dann geringere Hebesätze beschließen als Kommunen mit geringeren Bodenrichtwerten.
Bei der neuen Grundsteuer V will Herrenberg noch abwarten
Bei der Grundsteuer A bleibt es in Herrenberg bei 320 Prozent. Aufgrund des geringen Anteils am Grundsteueraufkommen sowie fehlender Berechnungsgrundlagen und absehbaren, aber noch nicht bezifferbaren Verschiebungen, war der Kämmerei keine Berechnung möglich. Zudem verzichtet die Gäustadt vorerst auf die Einführung eines Hebesatzes für die Grundsteuer C. Dort will die Verwaltung erst Erfahrungswerte aus anderen Kommunen abwarten.
Normalerweise werden die Hebesätze mit der Haushaltssatzung beschlossen, in Herrenberg also regelmäßig im Januar. Um Rechtssicherheit zum Jahreswechsel zu haben, hat der Gemeinderat nun bereits in seiner Sitzung am Dienstag eine Hebesatzsatzung verabschiedet.
Weil die Verwaltung viele Nachfragen zur Grundsteuerreform erwartet, ist zu den normalen Sprechzeiten eine Hotline unter Telefon 0 70 32 / 9 24 41 90 geschaltet. Zudem finden am 7. und 18. November, jeweils 18 Uhr, offene Sprechstunden via Zoom statt. Den Link gibt es unter www.herrenberg.de/Grundsteuerreform .
Drei arten von Grundsteuer
Land- und Forstwirtschaft
Die Grundsteuer A gilt für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Diese ist im baden-württembergischen Landesgrundsteuergesetz ähnlich geregelt wie im Bundesgesetz. Das „typisierende Ertragswertverfahren“ beruht weitgehend auf Zahlen der bundesweiten Agrarstatistik. Verschiebungen gibt es, da der Wohnteil von Hofstellen zukünftig nicht mehr der Grundsteuer A, sondern der Grundsteuer B zugerechnet wird.
Betrieblich und privat
Die Grundsteuer B für betriebliche und private Grundstücke wird in Baden-Württemberg nach dem „modifizierten Bodenwertmodell“ berechnet. Maßgeblich dafür sind der Bodenrichtwert und die Grundstücksgröße. Anders als im Bundesmodell verzichtet das Land, die darauf befindlichen Gebäude in Art, Größe und Alter zu berücksichtigen.
Neuerung
Die Grundsteuer C wird im Rahmen der Grundsteuerreform eingeführt. Kommunen haben dadurch die Möglichkeit, für unbebautes Bauland einen höheren Hebesatz festzulegen, sofern städtebauliche Gründe vorliegen.