Wetter-Anwendungen sind häufig auf dem Smartphone vorinstalliert. Foto: Fotolia/Gstudio Group

Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) soll es künftig erlaubt werden, gratis Apps mit Wettervorhersagen auf den Markt zu bringen. Private Wetterfrösche laufen dagagen Sturm. Sie sehen ihr Geschäftsmodell gefährdet und befürchten ein Ende der Innovation.

Berlin - Klappern gehört zum politischen Handwerk, und deswegen ist es weder besonders noch verwunderlich, dass sich das Verkehrsministerium vor wenigen Wochen erst einmal kräftig auf die eigene Schulter geklopft hat. Auf der Homepage des Hauses Dobrindt, das auch für die digitale Infrastruktur zuständig ist, bejubelte der Minister den Entwurf zur Änderung des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst (DWD). Der „einzigartige Datenschatz“ des Dienstes stehe nun „offen zur Verfügung“, lässt sich Minister Alexander Dobrindt zitieren. „Start-ups und Entwickler können damit innovative Produkte entwickeln“.

Joachim Klaßen ist so ein Entwickler innovativer Produkte. Der Inhaber des privaten Dienstleisters Wetteronline kann sich allerdings überhaupt nicht so recht freuen. Im Gegenteil, Joachim Klaßen setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um das Gesetz zu verhindern. Christian von Coelln, Studiendekan an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln, kommt in einem Gutachten zum Schluss, das Gesetz sei „verfassungsrechtlich bedenklich“. Sein Kollege Justus Haucap, Professor am Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie der Heinrich-Heine-Universität , stuft die Gesetzesnovelle als „aus ordnungspolitischer Sicht völlig verfehlt“ ein.

Private sprechen von einer Mogelpackung

Klaßen und seine Mitstreiter sehen ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Das neue Gesetz erlaubt dem Deutschen Wetterdienst, künftig eigene Wetter-Apps unter das Volk zu bringen, und zwar umsonst und ohne Werbung. Oder im Klartext: steuerfinanziert. Bisher war dem DWD, der eine nachgeordnete Behörde des Verkehrsministeriums ist, dies nicht gestattet. Der gesetzliche Auftrag beschränkt sich auf Warnungen vor Naturkatastrophen und Gefahrenwetterlagen. Die privaten Wetterdienstanbieter unterliegen hingegen wirtschaftlichen Zwängen. Ihre Apps sind entweder mit Werbung kombiniert oder kosten Geld.

Uwe Kirsche, der Sprecher des DWD, kann die Aufregung nicht verstehen. Man könne die Menschheit im Zeitalter des Smartphones nicht mehr mit Lochkarten informieren, sagt Kirsche. „Natürlich haben wir Apps.“ Diese seien in erster Linie dazu da, um vor Sturmfluten und Orkanen zu warnen, vor Hitze, Kälte und Starkregen. Zudem verweist Kirsche auf einen Punkt, den auch das Verkehrsministerium in den Mittelpunkt stellt: Die Daten des DWD gebe es künftig umsonst, auch für die privaten Betreiber. Das sei eine konsequente Umsetzung der Open-Data-Politik, zu der sich die Regierung verpflichtet habe.

„Mogelpackung“, schreien hingegen die privaten Wetterdienstbetreiber. Und in der Tat: In den das Gesetz begleitenden Verlautbarungen wird auf die kostenlose Datennutzung sehr viel deutlicher und lauter hingewiesen als in dem Gesetzestext selbst. Da wird lediglich von einer Kannbestimmung gesprochen. Eine unzweifelhafte Verpflichtung, Daten zur Verfügung zu stellen, gibt es nicht. Justus Haucap spricht in seinem Gutachten von einer „zu befürchtenden Verdrängung privater Wetterdienstleister und staatlicher Monopolisierung des Marktes“.

Der DWD hat sich die neuen regeln selbst geschrieben

Das sei nicht verwunderlich, sagt Joachim Klaßen, der herausgefunden hat, dass sich der DWD sein neues Gesetz weitgehend selber geschrieben hat. Aus dem Verkehrsministerium wird diese Behauptung nicht einmal dementiert. „Selbstverständlich hat das Ministerium die Expertise des DWD bei der Novellierung des DWD-Gesetzes einbezogen“, heißt es da. Zudem weist das Ministerium darauf hin, dass der DWD mit seiner auf dem Markt befindlichen Warnwetter-App schon heute „keine kommerziellen Interessen“ verfolge.

Wetteronline, Wetter.com und rund ein Dutzend weiterer im Verband Deutscher Wetterdienstleister zusammengeschlossener Unternehmen haben inzwischen mehrere Vorschläge gemacht, das im Januar vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetz umzuformulieren. Ein erster Erfolg: Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hat erhebliche Bedenken gegen die Novelle des Gesetzes geltend gemacht. Allerdings: Der (federführende ) Verkehrsausschuss empfiehlt uneingeschränkt ein Ja. An diesem Donnerstag wird der Bundesrat darüber beraten.