In Sachen Lohn fühlen sich viele Frauen noch immer benachteiligt. Foto: dpa

Die große Koalition hat sich nach langem Ringen auf einen Auskunftsanspruch geeinigt, der Frauen helfen soll, die Gehaltslücke zu überwinden. Unternehmen sollen nun offenlegen, was Beschäftigte in gleicher Position verdienen.

Stuttgart - Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. „Auch wenn man herausrechnet, dass sie häufiger in Teilzeit arbeiten, seltener in Führungspositionen aufsteigen oder eher in sozialen Berufen mit geringeren Verdiensten tätig sind“, schreibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, „verbleibt immer noch eine Lücke von 7 Prozent.“

Um sie zu schließen oder zumindest zu verringern hat die SPD-Ministerin Manuela Schwesig Ende vergangenen Jahres einen Gesetzentwurf erarbeiten lassen, der jeder Angestellten, aber auch jedem Angestellten einen Auskunftsanspruch darüber einräumt, was andere Gruppen von Beschäftigten im selben Betrieb verdienen. Der lag jedoch seither im Kanzleramt auf Eis, weil CDU und CSU damit ein Problem hatten. Die Unionsparteien wollten auf Geheiß der Wirtschaft erreichen, dass das Gesetz nur bei Unternehmen mit 500 und mehr Mitarbeitern greift, weil sie zu großen bürokratischen Aufwand für kleine und mittlere Firmen befürchteten. Das wiederum wollte Schwesig nicht mitmachen, weil dadurch nur 20 Prozent der Frauen von der Neuregelung profitieren könnten. In ihrem Haus kursierte die Grenze von 200 Mitarbeitern.

„Damit stärken wir Frauen, Männer und Betriebsräte“

Seit Donnerstag gibt es nun einen Kompromiss, in dem beide Zahlen auftauchen. Tatsächlich soll der Auskunftsanspruch, wenn der Bundestag das Gesetz wie nun vereinbart beschließt, für alle Angestellten in Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten gelten. Damit werden dem Ministerium zufolge „mehr als 14 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht haben zu erfahren, wie sie im Vergleich zu anderen bezahlt werden“. Die Regelung gilt auch für den öffentlichen Dienst. Um den Aufwand für die Personalabteilungen im Sinne der Union in Grenzen zu halten, soll der Anspruch in tarifgebundenen oder sich am Tarifvertrag orientierenden Unternehmen über die Betriebsräte gebündelt wahrgenommen werden. Schwesig verkaufte diesen Umweg dennoch als Erfolg: „Betriebsräte werden darin bestärkt, das Auskunftsrecht auch tatsächlich umzusetzen“, so die Ministerin: „Damit stärken wir Frauen, Männer, Betriebsräte, aber auch die Tarifautonomie in Deutschland.“

Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Gruppe im Bundestag betonte, die nun getroffene Regelung orientiere sich am Koalitionsvertrag und berge „wesentliche Entlastungen für die Unternehmen im Vergleich zu dem, was bisher diskutiert wurde“.

Die Neuregelung betrifft 4000 Unternehmen

Das liegt vor allem daran, dass Berichtspflichten und Prüfungen, die Lohnstrukturen in den Unternehmen beleuchten sollen, wie von der Union gewünscht erst ab einer Beschäftigtenzahl von 500 gelten. So müssen sie künftig alle fünf Jahre ihren Betrieb hinsichtlich der Lohngleichheit überprüfen lassen – von der Antidiskrimierungsstelle des Bundes oder von dieser benannten Sachverständigen. Bei Hinweisen auf eine gezielte Diskriminierung erfolgt eine detaillierte Untersuchung. Dazu sollen die Unternehmen unterschiedliche Tätigkeiten nach einem neuartigen Punktesystem bewerten, um sie vergleichbar zu machen. Ohnehin berichtspflichtige Kapitalgesellschaften – ebenfalls von 500 Beschäftigten an – müssen außerdem regelmäßig über ihre Lohnstrukturen berichten. Nach Auskunft des Ministeriums betrifft die Neuregelung 4000 Unternehmen mit 6,6 Millionen Beschäftigten.

Für den Kompromiss wird die Koalition von zwei Seiten attackiert. „Die Offenlegungspflicht von Gehältern ist eine unzulässige Einmischung in die Personalpolitik in der freien Wirtschaft“, rügt der baden-württembergische FDP-Chef Michael Theurer. Die Linke im Bundestag hält das Gesetz für nicht weitgehend genug. „Transparenz über ungerechte Bezahlung schafft bei weitem keine Entgeltgleichheit, kann aber ein erster Schritt sein“, teilte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Cornelia Möhring mit. Dass Betriebe mit weniger als 200 Beschäftigten keine Auskunftspflicht haben, führe die Regel „ad absurdum“.