Norbert Kempf hat das Denkmal geschaffen. Foto: Gottfried/ Stoppel

Der Bildhauer Norbert Kempf hat auf dem Schillerplatz einen „Denk-Ort“ für die Widerstandskämpferin geschaffen, die auch mit Backnang verbunden war. Weitere Denkmale für andere Widerstandskämpfer im Landkreis sollen folgen.

Im Schatten am Schillerplatz lässt es sich gut hocken. So soll es sein. „Ich habe versucht, einen angenehmen Ort zu schaffen, an dem man gerne sitzt und denkt“, sagt Norbert Kempf. Der Backnanger Bildhauer und Steinmetz hat in den vergangenen sechs Monaten ein besonderes Denkmal geschaffen, einen „Denk-Ort“, wie er ihn nennt, in Erinnerung an Sophia Magdalena Scholl. Sie wurde 1943 aufgrund ihres Engagements in der Widerstandsgruppe Weiße Rose im Alter von 21 Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder Hans Scholl von nationalsozialistischen Richtern zum Tode verurteilt und am selben Tag hingerichtet.

Verwandte und Freunde in Backnang

Sophie, wie sie genannt wurde, hatte auch Verbindungen nach Backnang, wo Freunde und Verwandte lebten. Etwa ihr Onkel, der Bauunternehmer Fritz Müller, und ihre Tante Elisabethe Leber, die ein Ladengeschäft in der Innenstadt führte. Auch fand sie dort ihre beste Freundin Lisa Remppis, die sie häufig besuchte, und der sie zahlreiche Briefe schrieb, die noch heute existieren. Und die auch Norbert Kempf inspirierten bei der Gestaltung des Denkmals.

Nähert man sich dem Denkmal von oben, erkennt man von Weitem den Grundriss einer fünfgliedrigen Blüte in Anlehnung an die Weiße Rose. In der Mitte ragt ein knapp zwei Meter hoher, heller „Lichtstock“ empor, der durchaus an einen Leuchtturm erinnern soll, wie Kempf erklärt. Er ist aus weißem Zement gegossen mit Zusätzen aus Sophie Scholls Heimatort Forchtenberg (Hohenlohekreis) und der Region dort. „Vor allem Muschelkalk, aber auch ein kleines bisschen Putz von ihrem Wohnhaus ist mit verarbeitet“, sagt der Bildhauer.

Am Kopf der Stele sind fünf kleine Fenster aus lichtdurchlässigem Marmor eingesetzt. Bei Dunkelheit von innen beleuchtet, zeigen sie besonders eindrucksvoll Porträts und Auszüge aus Briefen. „Und Freiheit“ steht in einem Fenster zu lesen. In schwungvollen Lettern hatte Scholl das Wort mit Bleistift auf die Rückseite ihrer Vorladung zum Gericht geschrieben.

Grafisch-dekorative Elemente verzieren auch den 500 Kilogramm schweren „Lichtstock“: „Sie stammen aus Zeichnungen und Skizzen ihres Tagebuchs“, erklärt Ernst Hövelborn, Künstler und Initiator des Denkmals. „Auf diese Weise wird die Verbindung zu Sophie Scholl über ihre künstlerische Begabung und Neigung sichtbar.“ Wer genau hinschaut, entdeckt eine Ameise und eine Distel. Eine farbig gefasste Krone mit Engeln sitzt oben auf der Spitze – womöglich in Analogie zur „Krone der Märtyrerinnen“. Rings um die Stele steht Scholl’s Motto: „Il faut avoir l’esprit dur et le cœur tendre“. Das Zitat von Jacques Maritan lautet auf Deutsch: „Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben.“

Informative Broschüre aufgelegt

Nicht zu übersehen sind fünf Hocker, die um die Stele angeordnet sind. Eingemeißelt sind Begriffe, die für Scholl von Bedeutung waren, wie Kempf bei seiner Spurensuche in Archiven und Texten herausgefunden hat: „Freundschaft, Natur, Selbstbestimmung, Familie und Gewissen.“ Was es damit auf sich hat, lässt sich in einer Begleitbroschüre nachlesen, die die Initiatoren vom Arbeitskreis Erinnern und Kultur im Heimat- und Kunstverein Backnang herausgegeben haben. Sie ist im Helferhaus erhältlich.

Oberbürgermeister Maximilian Friedrich würdigte Sophie Scholl als ein Vorbild über Generationen hinweg. Es sei eine Verpflichtung, ihr Erbe und das der Weißen Rose zu bewahren und ihre wichtige Botschaft weiterzutragen: Das Denkmal „erinnert uns daran, dass es auch heute noch Menschen gibt, die sich für die Werte der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit einsetzen. Es ist ein Symbol dafür, dass wir uns nicht beugen lassen dürfen vor Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Diskriminierung.“ Neben rund zwei Dutzend Spendern hat auch die Stadt Backnang maßgeblich dazu beigetragen, dass der „Denk-Ort“ realisiert werden konnte. Unter anderem stellte sie die Fläche zur Verfügung. Mitarbeitende des Gartenamts kümmern sich um die Pflege der fünf frisch um das Denkmal eingepflanzten Rosenstöcke der Sorte „Sophie Scholl“, sie blühen weiß. „Geplant ist, dass noch eine Infotafel und ein Trinkbrunnen aufgestellt werden“, sagt Norbert Kempf. Er freut sich über die vielfältige Unterstützung.

Ideen für weitere Denkmale

Der Leuchtturm auf dem Schillerplatz ist bereits die zweite Kooperation zwischen Kempf und Hövelborn. Im Oktober vergangenen Jahres wurde für den Bekennerbischof Johannes Baptista Sproll, einen erklärten Gegner des nationalsozialistischen Regimes, an der Christkönigkirche eine Stele errichtet. Weitere mögliche Denkmale für Widerstandskämpfer aus dem Landkreis reifen bereits in Hövelborns und Kempfs Köpfen. Einen passenden „Denk-Ort“ für Details haben sie ja nun am Schillerplatz.