Bildergeschichten – ja, Comic – nein! Tobias Greiner stellt im Salon aus. Foto: factum/Granville

Dem Ludwigsburger Kunstverein ist es gelungen, Ekrem Yalcindag für eine Ausstellung im MIK zu gewinnen. Der türkische Maler gibt sich farbenfroh, während sich Tobias Greiner in einer Salonausstellung hochpolitisch präsentiert.

Ludwigsburg - Der eine mag es abstrakt, lotet dafür aber das komplette Spektrum des Regenbogens aus. Der andere erzählt wuselige Bildergeschichten – jedoch in strengem Schwarzweiß. Die Ansätze der beiden Künstler, die zurzeit im Kunstverein Ludwigsburg ausstellen, könnte kaum unterschiedlicher sein. Doch der Eindruck täuscht, denn auch der vermeintlich Abstrakte Ekrem Yalcindag erzählt Geschichten. Er führt eine Art Tagebuch der Farben.

Malen mit Pinsel der Stärke null

Yalcindag (53) ist in Istanbul geboren und pendelt heute die meiste Zeit zwischen New York, Paris, Istanbul, Berlin und Wien. Er war Meisterschüler bei Hermann Nitsch und seine Werke werden gängigerweise der Konzeptkunst zugerechnet und in die Nähe von Robert Delaunay oder Johannes Itten gerückt. Eine Schublade, die Yalcindag jedoch nicht sonderlich gefällt, weil dabei übersehen werde, dass ihn sinnliche Erlebnisse oder die schlichte Wahrnehmung des Alltags in der Großstadt zum Malen anregten. Der Künstler sagt von sich, er male „ganz neue impressionistische Bilder“.

Bildtitel wie „Impressions from the streets“ oder „Feels like home“ unterstreichen das. Die Heimatgefühle hat Yalcindag zum Beispiel mit den verschiedensten Nuancen von Braun hervorgerufen. „Das erinnert mich dann an eine Zusammensein beim Kaffeetrinken, an die unterschiedlichen Gerüche von Milchkaffee oder Kaffeebohnen“, erzählt der Mann, der zu den bekanntesten Künstlern der Türkei zählt.

Eine wichtige Inspiration sei für ihn der Frankfurter Palmengarten gewesen, den er während des Studiums am Städel entdeckt habe. Das Zeichnen dort habe ihn von allzu starren Vorgaben befreit. „Hier habe ich gelernt, auswendig zu malen“, sagt er. Seither malt er ohne Schablonen und auch große Wände ohne vorherige Grundierung. Ein Kennzeichen Yalcindags sind seine sehr kleinen Malgeräte: „Am liebsten male ich mit Pinseln der Stärke null.“

Uiguren in der Karibik

Der konventionelle schwarze Edding ist dagegen das Lieblingswerkzeug von Tobias Greiner, der seine Bilderserien im Salon des MIK mit „Journalistic Draking“ überschrieben hat. Die Anregungen für seine Erzählungen holt er sich aus den politischen und gesellschaftlichen Diskursen.

Viel Raum nimmt seine Bearbeitung des Versuchs des Mars-One-Projekt ein. Mars One ist eine Stiftung, die den futuristischen Plan verfolgt, Menschen dauerhaft auf den Mars zu schicken. Greiner hat das Drumherum an eine Staffel der TV-Show Big Brother erinnert. Entsprechend sieht seine künstlerische Verarbeitung der vor allem 2015/16 heiß gehandelten Debatte über eine Marsbesiedlung aus. Andere Themen sind der von einer deutschen Airbase aus gesteuerte Drohnenkrieg oder uigurische Häftlinge aus dem Lager Guantanamo, die, weil sie nach ihrer Befreiung aus politischen Gründen nicht in ihre chinesische Heimat zurückkonnten, auf eine karibische Insel verpflanzt wurden.