Direktor Thomas Kölpin darf sich freuen: Von Mai 2023 an präsentieren sich vier putzige Koalas – zwei Männchen und zwei Weibchen – dem Wilhelma-Publikum. Foto: privat Foto:  

Vier der niedlichen Beuteltiere sollen ab Mai 2023 in der neuen Terra Australis zu bewundern sein. Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin erklärt, warum die neue Tigeranlage später fertig wird und auf welche Attraktionen die Besucher sich noch freuen können.

Was lange währt, wird gut. Die putzigen Koalas, die bereits vor vier Jahren angekündigt wurden, werden ab Mai, spätestens Juni 2023 in der Wilhelma in der neuen Australien-Welt zu bestaunen sein. Thomas Kölpin erklärt, warum die „Mission Koala“ doch etwas länger gedauert hat als geplant. Zudem erzählt der Direktor des zoologisch-botanischen Gartens, worauf sich die Besucherinnen und Besucher in den kommenden Jahren noch freuen dürfen.

 

Herr Kölpin, eigentlich sollten die Koalas schon längst in der Wilhelma zu bestaunen sein, warum gab es die Verzögerungen?

Nachdem wir 2018 den Vertrag abgeschlossen hatten, begann die Gebäudeentkernung, die Sanierung und der zoologische Ausbau des alten Menschenaffenhauses. Das Problem: In der Coronazeit war es schwierig, bezahlbare Handwerker zu bekommen. Das ist der eigentliche Grund für die Verzögerungen. Doch jetzt bekommt die Baustelle immer mehr Struktur.

Können Sie – neben den Koalas – schon etwas zur Artenvielfalt im Australienhaus verraten?

Wir planen ein dreigeteiltes Haus: Im ersten Bereich die Koalas – zwei Männchen und zwei Weibchen – und die Baumkängurus, die zwei anderen Teile werden die Nachttierbereiche. Es ist sehr realistisch, dass wir zu Mai/Juni 2023 mit den Umbauarbeiten fertig sein werden. Insgesamt wollen wir rund zehn Tierarten aus Australien präsentieren. Neben den Koalas und Baumkängurus auch Quolls. Das sind nachtaktive Beutelmarder, die etwa 30 bis 45 Zentimeter groß werden. Es wird von der Artenvielfalt her ein in Europa einmaliges und sehr spannendes Haus werden.

Was lässt sich die Wilhelma diese Attraktion kosten?

Es ist noch nicht komplett abgerechnet, es wird jedoch deutlich teurer als ursprünglich angesetzt. Wir planten einmal mit rund 5,5 Millionen Euro. Was es schlussendlich kosten wird, kann und will ich erst mit Abschluss des Projekts nennen. Dann haben wir die verlässlichen Zahlen.

Was ist der aktuelle Stand bei der neuen Asienwelt, die in vielen Bereichen der Wilhelma ein neues Gesicht geben wird?

Das Projekt besteht aus vier Abschnitten. Der erste Teil ist die asiatische Huftieranlage, die wir 2020 eröffnet haben. Hier leben Yaks, Trampeltiere, Kaschmirziegen und Mesopotamische Damhirsche auf gut 4000 Quadratmetern. Der zweite Teil, der asiatische Bauernhof, ist gut im Bau. Da rechnen wir mit der Eröffnung im Sommer 2023. Dann kommt als dritter Part der Tigerbereich. Dort ist demnächst Baubeginn. Ich rechne mit der Eröffnung an Ostern 2024. Als vierter und abschließender Bereich ist dann natürlich noch unser größes Projekt, die neue Elefantenwelt. Das wird die Krönung. Wir hoffen, dass wir 2025 starten können. Ich rechne mit drei Jahren Bauzeit.

Auf was dürfen sich die Besucherinnen und Besucher freuen?

Auf einem 1,5 Hektar großen Areal entstehen ein großzügiges Elefantenhaus und eine reich strukturierte Außenanlage. Beides bietet reichlich Platz für eine Herde von Kühen mit ihren Jungtieren. Außerdem wird es einen Bereich für einen Zuchtbullen und ein Gehege für noch nicht geschlechtsreife Männchen geben. Insgesamt können dann bis zu 14 Asiatische Elefanten in der Wilhelma gehalten werden. Es wird aus sozialen Gesichtspunkten die modernste Elefantenanlage der Welt. Im Zuge des Projekts gibt es auch einen neuen Gastrobereich auf der Anlage mit Blick auf die Tiere. Geplant ist zudem ein weiterer Zooshop. Was sehr besucherfreundlich sein wird: Der Eingang zur Elefantenwelt liegt nur wenige Schritte entfernt von der Stadtbahnhaltestelle Rosensteinpark.

Die Baukosten für die Elefantenwelt wurden einmal mit rund 50 Millionen Euro beziffert, wobei der Wilhelma-Förderverein wohl zehn Millionen Euro beisteuern möchte. Sind das – angesichts der rasant gestiegenen Baukosten – noch realistische Zahlen?

Da sich das Projekt immer noch in der Planungsphase befindet, halte ich mich da bedeckt. Das ist primär auch Sache des Finanzministeriums, das die Kosten zur gegebenen Zeit kommunizieren wird. Fakt ist, dass der Wilhelma-Förderverein erneut eine große Summe beisteuern wird.

Mit Beginn der Arbeiten für die Elefantenwelt wird auch die Ära des Schaubauernhofs, der zur Iga 1993 eröffnet wurde, vorbei sein – was viele Wilhelma-Besucher bedauern.

Die Einrichtung war schon sehr beliebt, doch sein Konzept mit der Domestikation als Thema hat sich überlebt. Es war vor rund 30 Jahren sicher lukrativ und genau richtig, doch heutzutage beschäftigen wir uns auch mit anderen Themen. Zudem entsteht ja auch ein neuer Schaubauernhof, nur halt an einer anderen Stelle mit neuen Tieren und Inhalten. Hier steht nicht mehr nur die Tierhaltung im Mittelpunkt. Generell will sich der neue Schaubauernhof auch mit asiatischen Nutzpflanzen wie etwa Reis und Bananen beschäftigen, immerhin ist die Wilhelma ein zoologisch-botanischer Garten. In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, auch den Mensch-Tier-Konflikt darzustellen. Tiger reißen die Nutztiere der Menschen, und Elefanten zerstören ihre Felder oder Plantagen. Die Menschen verteidigen ihren Anbau und verdrängen die Wildtiere aus ihrem natürlichen Lebensraum. Ein Problem, das wir in dem neuen Schaubauernhof darstellen wollen.

Und was bleibt für Ihre jungen Besucher? Kinder haben immer viel Spaß beim Streicheln der Tiere . . .

. . . wir werden sehr viel mehr Tiere zum Streicheln haben. Beispielsweise Hängebauchschweine, da können Kinder rein. Bei den Schwäbisch-Hällischen ist dies heute nicht möglich. Es wird auch wieder Schafs- und Ziegenrassen zum Streicheln geben. Die Besucher dürfen auf jeden Fall näher heran an die Tiere als auf dem alten Schaubauernhof. Der neue wird attraktiver und schöner. Wir wollen den Kindern nicht nur etwas über Tierhaltung und Fleischverzehr erzählen, sie sollen die Tiere richtig kennenlernen. Ich rechne mit der Eröffnung im Sommer 2023. In diesen Abschnitt haben wir rund 1,8 Millionen Euro investiert.

Nach dem Tod von Sumatra-Tigerin Dumai 2021 plant die Wilhelma jetzt mit größeren Amur-Tigern. Warum?

Bedroht sind beide Tigerunterarten. Doch aus Nachhaltigkeitsgründen macht es Sinn, in der Wilhelma einen Sibirischen Tiger zu halten, denn er braucht kein Warmhaus. Wir bauen ein etwa 4000 Quadratmeter großes Kaltgehege, das heißt, die Tiere sind überwiegend im Freien. Die können im Schnee oder Regen liegen, das Wetter ist für diese Tigerart überhaupt kein Problem. 2024 sollen wir ein Zuchtpaar bekommen, dann wird es über kurz oder lang auch in der Wilhelma wieder Tigerbabys geben.

In den kommenden zwei Jahren passiert ja recht viel in der Wilhelma, gibt es auch schon etwas Konkretes zu dem Vorhaben, mittelfristig für Zwergflusspferde am Neckarufer ein Gehege zu errichten?

Ebenfalls ein spannendes Thema. Hier sind wir immer im engen Austausch mit der Stadt Stuttgart, da es sich auf ihren Flächen abspielen soll. Hier wird noch an den Rahmenbedingungen und am Überlassungsvertrag gearbeitet. Bei dem Thema ist jedoch nichts spruchreif, zumal auch der Rückbau der Neckartalstraße und die Wiederherstellung und Umgestaltung des Rosensteinufers noch eine ganze Zeit in Anspruch nehmen werden. Erst dann wäre der Bereich an der Reihe, in dem die Zwergflusspferde außerhalb des Wilhelma-Geländes ihr Gehege haben könnten.

Zahlen, Daten und Fakten

Zoologie
 Der Fachbereich Zoologie ist verantwortlich für mehr als 11 000 Tiere in rund 1200 Arten – von Säugetieren und Vögeln über Fische, Reptilien und Amphibien bis zu den Wirbellosen. Die Tiere sind auf 17 Reviere verteilt – inklusive der Kranken- und Quarantänestation. In der Zoologie arbeiten rund 100 Tierpfleger/-innen und zwölf Azubis.

Artenschutz
 Die Wilhelma beteiligt sich an zahlreichen Zuchtprogrammen der EAZA, des europäischen Zooverbands. Derzeit werden 58 Tierarten der Wilhelma im Rahmen eines sogenannten Europäischen Erhaltungszuchtprogramms betreut.

Botanik
Der Fachbereich Botanik mit seinen gut 40 Mitarbeitern ist verantwortlich für alle Pflanzen in den Schaugewächshäusern, im Seerosenbecken im Maurischen Garten und die sommerliche Bepflanzung der historischen Subtropenterrassen. Den rund 6000 Quadratmeter Schauhausfläche steht hinter den Kulissen der Gärtnerei etwa 5000 Quadratmeter Anzuchtfläche gegenüber.

P
arkpflege
Rund 70 Wilhelma-Mitarbeiter/-innen betreuen in sechs Betriebsstellen mehr als 100 klein- bis großflächige Anlagen in Stuttgart, das sind rund 340 Hektar Flächen mit etwa 13 000 Bäume. Hier werden jährlich 60 000 Blumenzwiebeln sowie über 40 000 einzelne Sommer- und 80 000 Winterpflanzen eingesetzt.

Förderverein
Mit gut 34 000 Mitgliedern ist der Verein der größte Förderverein eines Zoos in Europa. Er wurde 1956 gegründet. Förderprojekte: unter anderem das Amazonienhaus (2000) mit 3,95 Millionen Euro, das Insektarium mit Schmetterlingshalle (2002) mit einer Million Euro, die Krokodilhalle (2006) mit 600 000 Euro und die Menschenaffenanlage (2013) mit 9,5 Millionen Euro sowie die Anlage für Bären- und Klettertiere (1991) mit 1,75 Millionen Euro sowie die Schneeleopardenanlage (2018) mit 300 000 Euro.