Der Musiker Konstantin Gropper Foto: dpa-Zentralbild

Konstantin Gropper bringt mit seinem Bandprojekt Get well soon an diesem Freitag das neue Album „The Horror“ heraus. Es zeigt abermals die große Klasse des Musikers aus Biberach.

Stuttgart/Mannheim - Manchmal fallen die schwierigsten Dinge ganz leicht. Zum Beispiel bei der Frage, wer der beste Popmusiker Baden-Württembergs ist. Die Antwort könnte theoretisch ganz schön vielfältig ausfallen; praktisch jedoch werden die meisten Freunde ambitionierter Popularmusik nach reiflichem Grübeln aber wohl zum selben Schluss kommen: dass dies definitiv Konstantin Gropper ist.

Diesen Ruf hat sich der Mann aus Biberach, der nach einer Episode in Berlin nun wieder in Mannheim lebt, nicht etwa hart und langwierig erarbeiten müssen. Sein Weg war, da auch Gropper die schwierigen Dinge ganz leicht zu fallen scheinen, ganz im Gegenteil von Anfang an vorgezeichnet. Er begann vor zehn Jahren mit dem sorgfältig über drei Jahre hinweg erarbeiteten Debütalbum „Rest now, weary Head! You will get well soon“, das vom bestechenden Eröffnungtrack „You/Aurora/You/Seaside“ an das Riesenpotenzial Groppers zeigte und entsprechend gefeiert wurde. Er setzte sich fort mit dem ebenso glänzenden Zweitling „Vexations“ sowie zwei weiteren herausstechenden Alben. Und er findet nun seinen vorläufigen Höhepunkt mit dem an diesem Freitag erscheinenden fünften Streich „The Horror“.

Dieser Horror verschreckt nicht

Verschreckend wie ein Horrorstreifen sind die neun Songs mit wie bei ihm gewohnt klingenden Titeln nebst drei „Nightmare“ benannten Interludien allerdings mitnichten. In seinen ebenfalls gewohnt englischsprachigen Texten breitet Gropper zwar allerlei Phantasmagorien und Nachtmahre aus, allerdings weniger dystopisch denn von mysteriöser Melancholie durchwebt.

Den Duktus der Musik hingegen umweht keinerlei Schleier. Klar, elegant und opulent zugleich tönt dieser nahezu vollakustische Pop, immer wieder auch in Cinemascopeweite, meist aber dezent wie der Soundtrack zu einem Film noir aus David Lynchs Feder. Die Instrumentierung bietet breite Arrangements wie aus einem Guss, vorzüglich gespielt und aufgenommen. Irisierende Streicher erklingen hier, singende Flöten, knatternde Holzbläser, dunkles Blech, Pianotupfen und Schlagwerk. Groppers Sinatra’scher Croonerbariton wird verstärkt durch illustre (Kat Frankie, Sam Vance-Law) und entführende (der Tunesier Ghalia Benali) Gäste. Alles fügt sich glänzend zu einem im wörtlichen wie übertragenen Sinne harmonischen Ganzen.

In der qualitativ hochwertigen Unterhaltungsmusik wird ja schon seit Längerem schleichend Abschied genommen vom tradierten Rockbandinstrumentarium mit E-Gitarre, Bass und Drums, Gropper indes praktiziert dies seit jeher. Darin allein den Grund für seinen künstlerischen Erfolg zu suchen würde jedoch zu kurz greifen. Er speist sich aus der Summe vieler Parameter – etwa seiner Veröffentlichungsphilosophie. Gropper bringt nichts heraus, weil eine Plattenfirma ihm gewisse Intervalle vorschriebe – die 13 EPs, die er bislang neben den Alben vorgelegt hat (etwa jene drei, die 2014 im Abstand von drei Wochen erschienen) legen Zeugnis von einem Künstler ab, der selbst bestimmt, was wann und wie bei einem Qualitätslabel (erst City Slang, jetzt Caroline) erscheint.

Hinzu kommt sein Ausdruckswille, manifestiert in einem konzeptuellen Denken, das sich aus im besten Sinne bildungsbürgerlichen Einflüssen speist, Görings Carinhall in der Schorfheide ebenso wie Heiner Müller, die Metoo-Debatte wie der Krieg in Syrien finden sich in den Texten auf „The Horror“ wieder. Auch das ist im deutschen Pop alles andere als Alltagsmaß.

Absolvent wider Willen

Es ist daneben – und vor allem – seine klassische Ausbildung an Klavier, Cello, Schlagzeug und Gitarre, fundiert erlernte Fertigkeiten, die so vielen anderen Popmusikern gewiss auch guttäten. Sein handwerkliches Können, sein interpretatorisches Geschick nebst der Kenntnis um die eigenen Grenzen; viele Passagen lässt Gropper auf „The Horror“ von Musikern spielen, die seiner Ansicht nach ihre Instrumente besser beherrschen als er selber.

Schließlich ist es der Umstand, dass Gropper in Heidelberg Philosophie studiert und einen Bachelorabschluss der Mannheimer Popakademie hat – zugleich aber beteuert, dass die Zeit an der Popakademie die verlorensten Jahre seines Lebens waren. Nachvollziehbar, denn dort wird den Studenten bekanntlich eingebläut, möglichst formatradiotaugliche Musik zu machen und auf den kommerziellen Erfolg zu schielen. Was aber nicht nur künstlerisch in die Hose geht – denn der einzige Popakademieabsolvent, erwähnt sei dieser irrelevante Fakt nur am Rande, der mit bisher allen seiner Alben in den vorderen Rängen der deutschen Albumcharts landete, heißt: Konstantin Gropper.