Am Stuttgarter Neckartor: Die ganz rechte Spur soll zur Busspur werden – Kritiker rechnen dann allerdings mit kilometerlangen Staus stadtauswärts Foto: dpa

Das zunächst unbefriedigende Wirkungsgutachten zu einer eigenen Busspur am Stuttgarter Neckartor ist dem Vernehmen nach „nachmodelliert“ worden. Plötzlich soll es für die Luft nun doch etwas bringen, dem Autoverkehr eine Spur stadtauswärts wegzunehmen und damit Staus zu verursachen.

Stuttgart - Trotz fragwürdiger Auswirkungen ist der Plan noch nicht vom Tisch, dem Autoverkehr am Stuttgarter Neckartor stadtauswärts eine Fahrspur wegzunehmen. Der Sprecher des baden-württembergischen Verkehrsministeriums bestätigte den „Stuttgarter Nachrichten“, dass die umstrittene Maßnahme nach wie vor in Prüfung beziehungsweise in Planung sei. Der Plan sieht vor, für den neuen Schnellbus X1 zwischen Stuttgart und Bad Cannstatt zwischen dem Hotel Le Meridien und der Schwabengarage eine eigene Spur zu schaffen.

Stadt und Land im Clinch

Die Stadt Stuttgart ist vehement gegen dieses Vorhaben, weil sie kilometerlange Rückstaus in Richtung Innenstadt und eine Beeinträchtigung des Busverkehrs befürchtet. Das Land hingegen muss einen gerichtlichen Vergleich mit den Anwohnern erfüllen, der weniger vorbeifahrende Fahrzeuge am Neckartor vorsieht, und ist deshalb eher für die Maßnahme. Das endgültige Ergebnis eines externen Gutachtens steht noch aus. Eine erste Überprüfung der Auswirkungen hatte ergeben, dass eine Busspur stadtauswärts so gut wie keinen positiven Effekt auf die Luft am Neckartor habe und die Befürchtungen der Stadt bezüglich der Staubildung berechtigt seien. Intern wurde die Maßnahme daher für erledigt erklärt. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums erklärte damals allerdings in Reaktion, dies seien Teilergebnisse, die allein „nicht aussagekräftig“ seien. Die Sprecherin betonte aber: „Am Stuttgarter Neckartor soll der Verkehr fließen.“

Positiver Effekt herbeigerechnet

Wie unsere Zeitung aus Regierungskreisen erfuhr, ist für das Gutachten jetzt „nachmodelliert“ worden. Das heißt, es wurden andere Annahmen bei der Berechnung zugrunde gelegt. Angeblich soll so doch ein positiver Effekt der Busspur herbei gerechnet worden sein, um sie gegenüber dem Koalitionspartner CDU durchsetzen und somit zugleich den Vergleich mit den Anwohnern erfüllen zu können. Je nach Modellierung soll eine Busspur am Neckartor die Schadstoffe um drei bis zwölf Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel reduzieren, dafür aber auch Ausweichverkehr und Staus produzieren und damit die Luft andernorts stärker belasten. Im Sommer hatten Fachleute aus dem Ressort von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) eine Besserung von neun Mikrogramm pro Kubikmeter vorhergesagt. Angesichts dieser Prognose stimmte die CDU der Busspur zu – in der Hoffnung, dass dadurch noch Fahrverbote für Dieselautos mit Euro5 verhindert werden können.

Entscheidung am Mittwoch vor Gericht?

Allerdings findet selbst der Vertreter der klagenden Anwohner eine eigene Busspur nur stadtauswärts etwas seltsam. „Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, Autofahrer beim Rausfahren aus der Stadt zu behindern, solange man sie ungehindert einfahren lässt“, sagte Klägeranwalt Roland Kugler vor wenigen Tagen. Er fordert zwei Busspuren, die die Straßenkapazität deutlich reduzieren würden. Sollte sich das Land nicht bewegen, werde man „ gezwungen sein ein höheres Zwangsgeld und auch Zwangshaft gegen den Regierungspräsidenten zu beantragen“, so Kugler. Das Land hatte den 2016 geschlossenen Vergleich mit den Anwohnern aufgekündigt und musste deshalb schon mehrfach Zwangsgeld zahlen.

Am Mittwoch (5. Dezember) findet von 14 Uhr an vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht eine öffentlichte mündliche Verhandlung über den gerichtlichen Vergleich statt – und damit auch über die Busspur.