Bei Lauterstein laufen seit einem halben Jahr die Bauarbeiten für den größten, aber nicht höchsten Windpark des Landes. Foto: Horst Rudel

Die Pläne für einen Windpark am Kaisersträßle zwischen Adelberg und Börtlingen stoßen immer noch auf Kritik. Es sind nur zwei Anlagen, aber dafür sind sie höher als alle Windräder, die jetzt schon auf der Schwäbischen Alb stehen.

Adelberg/Börtlingen - Der Energieversorger EnBW will am Kaisersträßle oberhalb von Adelberg zwei Windräder mit einer Gesamthöhe von jeweils 230 Metern bauen. Das Unternehmen werde noch im März beim Landratsamt Göppingen den Genehmigungsantrag einreichen, sagte die Sprecherin Dagmar Jordan. Der Baubeginn ist zum Jahreswechsel geplant. Zuvor hatte der Verband Region Stuttgart die Aufnahme des Gebietes GP-01 in die Liste der Vorranggebiete bestätigt.

Die Anrainerkommunen bleiben allerdings skeptisch. Einerseits begrüße man die Reduzierung von ursprünglich neun auf jetzt nur noch zwei Anlagen. Andererseits mache man sich Sorgen um die Rentabilität, sagte die Adelberger Bürgermeisterin Carmen Marquardt. „Wir wollen nicht, dass hier nur Fördergelder abgegriffen werden.“ Ähnlich äußerte sich der Börtlinger Bürgermeister Franz Wenka. In einem offenen Brief an die EnBW legen er und seine Gemeinderäte dem Unternehmen nahe, schon aus Gründen mangelnder Wirtschaftlichkeit den Rest-Standort mit nur noch zwei Anlagen zu den Akten zu legen. Schließlich seien die bisherigen Messungen auf Windgeschwindigkeiten von weniger als 5,5 Metern pro Sekunde gekommen.

Strom für fast 10 000 Haushalte

Dem widersprach Jordan. Demnach betrage die Windgeschwindigkeit auf Höhe der Nabe 6,0 Meter pro Sekunde. „Das Projekt ist nach wie vor wirtschaftlich.“ Die EnBW rechnet mit 2600 Volllaststunden und einem Stromertrag von 17 000 Megawattstunden pro Jahr und Windrad. Damit könnte jede Anlage statistisch gesehen 4800 Haushalte mit Strom versorgen. Genaue Zahlen zur Rentabilität hat das Unternehmen den Gemeinden aber bisher nicht vorgelegt. „Wir brauchen mehr Transparenz“, sagte Wenka. Die EnBW will nun bei Informationsveranstaltungen den Bürgern Rede und Antwort stehen. „Das haben wir den Kommunen zugesagt.“

Börtlingen, das sich im Verbund mit anderen zuletzt erfolgreich gegen den Bau einer neuen Hochspannungstrasse über den Schurwald gewehrt hat, lehne die Windkraft nicht grundsätzlich ab, versicherte Bürgermeister Wenka. „Wir sind ja für eine dezentrale Stromversorgung, die solche Stromtrassen überflüssig macht.“ Die geplanten Windräder seien aber bei einer Nabenhöhe von 164 Metern und einem Rotorradius von fast 70 Metern ohne Beispiel in der näheren Region. Zum Vergleich: die Windräder, die gerade vom Albwerk und der Firma wpd bei Lauterstein aufgestellt werden und dort den größten Windpark des Landes bilden sollen, sind rund 30 Meter kleiner. In Anbetracht dessen sei der bisher vorgesehene Abstand zur Wohnbebauung viel zu gering, sagte Wenka. Eine der beiden Anlagen soll auf bis zu 700 Metern an den Börtlinger Ortsteil Breech heranrücken. Das entspricht zwar dem gesetzlichen Mindestwert. Dennoch werde dies von der Bevölkerung nicht akzeptiert. „Wir erwarten mindestens 1500 Meter bis 2000 Meter“, sagte Wenka. In anderen EU-Ländern seien solche gesetzlichen Abstände längst üblich. Die EnBW hält den Abstand hingegen für vertretbar. Die Geräuschkulisse liege im Ortsteil Breech wie auch in Adelberg unter 40 dB(A). Das ist leiser als ein Kühlschrank.

Der Rote Milan kreist über dem Projekt

Möglicherweise könnte aber auch der Rotmilan den EnBW-Planern noch einen Strich durch die Rechnung machen. Die Gemeinde Adelberg hat mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde Börtlingen bei einem örtlichen Ornithologen inzwischen ein Gutachten zum Vorkommen des seltenen Vogels in Auftrag gegeben. Dass der Rote Milan in dem Gebiet um das Kaisersträßle schon gesichtet wurde, steht außer Frage. So hat die EnBW eines der ursprünglich geplanten Windräder eben deshalb gestrichen. Der Rote Milan hat es übrigens besser als die Börtlinger. Zu seinen Brutstätten muss das Windrad einen Abstand von 1000 Metern einhalten.