Stuttgarts neuer OB Frank Nopper hat sich in Amt und Stadt schnell eingelebt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Auf einem Spaziergang durch die Innenstadt erzählt der neue Stuttgarter Oberbürgermeister von seinem Einstand und seinen Plänen. Die angekündigte Imagekampagne kann er sich auch anders vorstellen als in der Öffentlichkeit bisher angenommen.

Stuttgart - Eins ist sicher: Ankommen muss Frank Nopper an seiner neuen Wirkungsstätte nicht. Auch nach 18 Jahren als Backnanger Oberbürgermeister spaziert er durch seine Geburtsstadt Stuttgart, als sei er nie woanders gewesen. „Da drüben in der Alten Kanzlei habe ich meine Konfirmation gefeiert. Nebenan in der Schlosskirche haben meine Eltern geheiratet“, erzählt er auf dem Schillerplatz, seinem Lieblingsplatz. Anekdoten von dem Weindorf und der Geschichte des Schiller-Denkmals folgen, bevor er zum Schlossplatz hinüberzeigt und anfügt: „Dort drüben im Königin-Olga-Bau habe ich meine Banklehre gemacht.“

Wer mit dem neuen Stuttgarter Rathauschef durch die Stadt geht, wird das Gefühl nicht los, sich auf einer Führung zu befinden. Zu nahezu jedem Gebäude fällt Frank Nopper eine Geschichte ein, zu vielen Orten hat er einen persönlichen Bezug. Die halbe Verwandtschaft kommt vor, Nopper scheint beinahe alles und jeden zu kennen. Und tatsächlich kann er sich gut vorstellen, später einmal wie an seiner alten Wirkungsstätte in Backnang beispielsweise Neubürger persönlich durch die Stadt zu führen. Er selbst und seine Familie haben ihr nächstes Ziel bereits gefunden: Sie werden in den Stuttgarter Osten ziehen.

Bei einer solchen Vernetzung rümpft mancher Beobachter auch mal die Nase. Nopper stört das nicht: Er spricht mit Begeisterung über seine Heimatstadt und lässt sich auch von einem bisschen Spott über seine Videobotschaft im Narrenornat an Fasching nicht aus der Ruhe bringen: „In Backnang habe ich jedes Jahr eine Büttenrede gehalten. Das ist keine ganz ungefährliche Disziplin.“

Erste Gespräche mit den Fraktionen

Noch etwas fällt auf beim Weg durch Straßen und über Plätze: Den Kontakt zu Menschen scheut Nopper nicht. Selbst unter Pandemiebedingungen und mit Mundschutz tritt er pausenlos in Kommunikation mit den Passanten. „Können wir ein kurzes Foto für meine Freundin machen?“, fragt der Verkäufer einer Straßenzeitung. Das Foto gibt’s und noch dazu eine Verabredung zum Kaffeetrinken, sobald das wieder möglich ist. „Hallo, die Damen“, grüßt Nopper zwei ältere Bürgerinnen, die stehen bleiben, als sie den neuen Oberbürgermeister sehen. Hier ein Gruß, da ein paar freundliche Worte.

Ganz so leicht dürfte er es im Rathaus freilich nicht haben während der nächsten Jahre. Denn im Gemeinderat fehlt CDU-Mann Nopper, der streng genommen wegen Klagen gegen die Wahl derzeit nur Amtsverweser ist, eine Mehrheit. Nach der verlorenen OB-Wahl kamen aus dem ökosozialen Lager auch prompt Kampfansagen. Nach den ersten Tagen im Amt hat Nopper nun nicht nur mit allen 23 Amtsleitern Gespräche geführt, sondern auch mit allen Fraktionen. Der erste Eindruck stimmt ihn zuversichtlich. „Das war in der Sache hart, aber im Umgang fair.“

In der Realität warten aber dicke Bretter auf die Stadt. Verkehr, Wohnen, Kultur, Handel, Klimaschutz, Tourismus, Wirtschaft – an allen Ecken und Enden gibt es reichlich zu tun, massiv verstärkt durch Corona. Im Wahlkampf hat Nopper immer wieder betont, Stuttgart brauche eine Imagekampagne. Nicht nur wegen der eingebrochenen Touristenzahlen während der Pandemie, sondern auch wegen Schlagzeilen, die sich um Feinstaubalarm oder Ausschreitungen in der Innenstadt drehen.

Werbung ohne Agentur?

Wer dabei allerdings an wohlfeile Sprüche einer Werbeagentur denkt, könnte sich irren. „Ich weiß noch nicht, ob man so etwas zwingend mit einer großen Agentur machen muss“, sagt der OB. Er könne sich genauso gut vorstellen, „eine Aneinanderkettung von Gelegenheiten“ zu nutzen. Sprich: mit positiven Ereignissen den Trend umkehren. „Ein solches könnte die Anerkennung des Fernsehturms als Weltkulturerbe sein oder eine gute Darstellung bei der Fußball-EM 2024“, sagt Nopper. Man müsse die Stadt gesamthaft und dauerhaft gut darstellen: „Wir müssen uns als versöhnte Stadt zeigen.“ Das gelte auch für Ökologie und Ökonomie sowie den Verkehr. „Wir müssen Mobilitätshauptstadt werden und gleichzeitig Automobilhauptstadt bleiben“, bekräftigt Nopper.

Am Eckensee spricht er über Kultur. Für die Sanierung des Opernhauses müsse rasch eine Lösung her: „Wir dürfen das nicht mehr ewig hinausschieben.“ Beim Metropol-Kino versuche man zu retten, was noch zu retten ist. Er will aber die Erwartungen generell nicht zu hoch schrauben: „Man muss so etwas immer von Fall zu Fall angehen. Die Stadt kann nicht jedes Gebäude kaufen.“ Das gelte auch für den angespannten Wohnungsmarkt. Dort hält er den Antrag mehrerer Fraktionen auf eine intensive Bedarfsanalyse auch im Licht der Coronakrise für „sehr sinnvoll“. Und apropos Eckensee: Die Sicherheitslage in der Stadt hält Nopper für ein mancherorts unterschätztes Thema. „Es bewegt viele Menschen. Wir müssen dem mit Prävention und Repression begegnen. Probleme zu leugnen hilft nicht weiter.“

Und dann gibt’s doch noch einen kleinen Rückfall ins vorherige Amt. Auf dem Weg zum Rathaus erzählt Nopper, dass Kaufhausgründer Eduard Breuninger aus Backnang kam und dort auch seine Lehre absolvierte. „Ich habe immer gesagt: Von und in Backnang lernen heißt siegen lernen“, sagt Nopper und grinst. Vielleicht muss er sich da jetzt was anderes ausdenken.