Thomas Züfle, Stuttgarts neuer Polizeipräsident Foto: dpa

Der neue Stuttgarter Polizeipräsident über Dealer, Afghanistan, Hooligans und Stuttgart21.

Stuttgart - Das überrascht Thomas Züfle selbst: Ab sofort ist der 55-Jährige der neue Stuttgarter Polizeipräsident. Mit unserer Zeitung spricht der bisherige Chef der Tübinger Polizei über Dealer, Afghanistan, Hooligans und Stuttgart21.

Herr Züfle, auf dem Parkplatz des Polizeipräsidiums auf dem Pragsattel ist heute ein Kran umgestürzt – ein böses Omen?
Ich bin nicht abergläubisch.

Aber in Zukunft steht vieles auf der Kippe, Sie müssen schwere Aufgaben stemmen. Bei Stuttgart21 drohen neue Konflikte.
Ich will um Vertrauen werben, zeigen, dass wir eine transparent agierende Institution und dass wir verlässlich sind. Die Stuttgarter Polizei darf nicht auf den 30. September reduziert werden. Sie besteht aus vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen, die rund um die Uhr zum Wohle der Bürgerschaft einschreiten und täglich 160 Straftaten bearbeiten.

Die nächsten Blockaden sind schon angekündigt – wie geht’s weiter?
Die Polizei schreitet doch nicht ein, weil sie selbst etwas gut oder schlecht findet. Sie ist an Recht und Gesetz gebunden. Wir müssen eingreifen, wenn Rechtsverstöße vorliegen.

Der neue Innenminister Reinhold Gall bescheinigt Ihnen ein hohes Maß an Kommunikation – und Konsequenz.
Mir geht es um den Dialog, um Kommunikation nach innen wie nach außen mit den Partnern und dem polizeilichen Gegenüber. Ich werde in nächster Zeit viele Gespräche führen. Damit bin ich bisher immer gut gefahren. Man muss schwätza mit den Leuten.

Aber als Leiter der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift von Landeskriminalamt und Zoll ging es 1996 sicher um verdecktes Ermitteln und weniger um Kommunikation...
Sie täuschen sich. Damals, als Ecstasy Hochkonjunktur hatte, haben wir erstmals zusammen mit den Franzosen gemeinsame Kontrollen gemacht, und das geht nicht ohne Dialog.

Helfen Ihnen bei der neuen Aufgabe auch Ihre Erfahrungen von wirklichen Kriegsschauplätzen, als Sie 2002 in Afghanistan einen Aufbaustab leiteten?
Ich bin da mit sehr vielen Vorurteilen hingefahren. Erwartet habe ich ein kriegerisches Land, überrascht worden bin ich von der Warmherzigkeit der Leute. Auch dort gilt, dass man mit den Leuten reden muss.

Aber auch konsequent sein. 2006 waren Sie in Stuttgart Leiter einer Kriminalinspektion und bei der Fußball-WM im Einsatz.
Die Engländer auf der Treppe – das war mein Abschnitt.

Sie meinen die Ausschreitungen von englischen Hooligans auf den Stufen des Königsbaus, als 500 Fans festgenommen wurden? Genau. Damals hat sich die Erfindung einer Gefangenensammelstelle im Polizeipräsidium nicht bewährt, sie war völlig überlastet. Was daran lag, dass drei Bereitschaftsrichter eben nicht ausreichten, um die vielen Fälle zeitnah abzuarbeiten – aber noch mehr an den Kapazitäten zur Unterbringung der Hooligans, die in Gewahrsam genommen wurden.

Sie haben auch schon politische Konflikte lösen müssen. Letztes Jahr hatte Ihnen der Oberbürgermeister von Rottenburg vorgeworfen, beim Zusammen treffen zweier großer Rockergruppen beim Neckarfest „unverhältnismäßig“ viel Polizei aufgeboten zu haben.
Das stimmt, und da habe ich mich wirklich geärgert.

Und wie haben Sie den Zwist gelöst?
Wir haben das in einem Gespräch unter vier Augen geklärt. Wie gesagt: miteinander schwätza. Seither arbeiten wir sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Konflikte gehören zum menschlichen Wesen, und manchmal hilft das viel zitierte reinigende Gewitter.

Unter den Stuttgarter Polizisten gibt es ebenfalls Verunsicherung.Die Strukturreform ist auch noch nicht abgeschlossen.
Es gilt der Grundsatz: Analyse, Bewertung, Entscheidung.

Und wie ist Ihr Verhältnis zum Innenministerium? Welche Absprachen gibt es?
Es gibt gar nicht so viele Absprachen. Das können Sie schon daran erkennen, dass es mich durchaus überrascht hat, bei der Pressekonferenz zu erfahren, dass ich mit der Aufgabe des Polizeipräsidenten bereits jetzt, zum 1. Juni, anfange.