Dieter Baur Foto: Recklies

Dieter Baur ist der neue ÖDP-Kreisvorsitzende in Stuttgart. Der Degerlocher, der im Hauptberuf bei der Polizei arbeitet, will kein Leisetreter sein.

Degerloch - Als junger Mann war Dieter Baur drei Jahre lang Mitglied der SPD. Wirklich aktiv ist der heute 59-Jährige damals aber nicht gewesen. Das hat sich inzwischen geändert. Ebenso wie das Parteibuch. Der als Polizeihauptkommissar tätige Baur ist 2009 „ganz bewusst“ der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) beigetreten. Keine drei Jahre später ist er schon der Vorsitzende des Kreisverbands Stuttgart. Bei der jüngsten Mitgliederversammlung ist er zum Nachfolger des Altstadtrats und Regionalrats Gerhart Scheerer gewählt worden.

Kreisverband hat derzeit 40 Mitglieder

Baur will als neuer ÖDP-Chef kein Leisetreter sein. „Wir müssen unseren Bekanntheitsgrad steigern und in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden“, sagt der gebürtige Stuttgarter. Er lebt seit vielen Jahren in Degerloch und bedauert, dass viele mit der ÖDP nichts anfangen können, die als eine Art grüne CDU gilt. Baurs vordringliches Ziel ist es daher, neue Mitglieder zu gewinnen.

40 Mitglieder zählt der Kreisverband gegenwärtig, die meisten davon halten der vor 30 Jahren gegründeten Partei schon lange die Treue. „Das Alter ist entsprechend hoch“, sagt Baur und setzt auf die Strahlkraft des noch jungen Bundesvorsitzenden Sebastian Frankenberger, der sich durch das erfolgreiche Volksbegehren zum Nichtraucherschutz in Bayern einen Namen machte.

Schade findet Baur, dass es zwar viele ÖDP-Sympathisanten gebe, aber selbst manches Mitglied nicht bereit sei, sich öffentlich zu engagieren. „Ich finde, wenn man in eine Partei eintritt, dann muss man sich auch einbringen“, sagt Baur. Er selbst könnte sich vorstellen, nicht nur in lokalen und regionalen Gremien mitzuarbeiten. „Ich würde, wenn es die Wähler wollten, auch in den Landtag oder nach Berlin gehen“, sagt er.

Ein klassischer Wechselwähler

Baur sagt, dass er lange keine echte politische Heimat gehabt habe und ein „klassischer Wechselwähler“ gewesen sei. Dass sich der Natur- und Tierfreund jetzt dazu entschlossen hat, sich in der ÖDP zu engagieren, begründet er mit einem, wie er sagt, „Alleinstellungsmerkmal der Partei“: Sie nehme keine Spenden von Firmen und Konzernen an – „und genau das sichert Unabhängigkeit“, sagt er. Die sei ihm in der politischen Arbeit „absolut wichtig“. Keinen Hehl macht er daraus, dass ihm die Grünen, mit denen er sich inhaltlich durchaus hätte anfreunden können, politisch zu weit links stehen.

Dieter Baur, der während der Wintermonate gerne schwimmt und seine Bahnen am liebsten freitagabends im Plieninger Hallenbad zieht, hat als Kreischef der ÖDP verschiedene Ziele vor Augen. Er will sich für mehr Bürgerbeteiligung einsetzen, wenngleich ihm bewusst ist, „dass es in der Tagespolitik nicht möglich ist, bei jeder größeren Entscheidung eine Abstimmung der Bürger zu machen“. Baur möchte sich auch gegen einen weiteren Ausbau des Flughafens stellen, „denn ich habe die Befürchtung, dass da längst noch nicht alle Pläne in der Schublade verschwunden sind“. Der Hunger der Messe nach mehr Fläche bereitet ihm ebenfalls Sorgen. Er sei dagegen, „dass die Umwelt am Rande der Stadt scheibchenweise zerstört wird“.

Dass die Piraten – „die haben sich mit dem Orange unserer Farbe bedient“ – in kürzester Zeit einen großen Erfolg verbuchen, während die ÖDP bei der vergangenen Landtagswahl gerade mal 0,85 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte, macht Baur – er war bei der Landtagswahl 2011 bereits der Ersatzkandidat von Gerhart Scheerer – ein wenig neidisch, und skeptisch. „Man fragt sich, was die Partei so attraktiv macht.“ Und er spekuliert: „Vielleicht ist es ja einfach der tolle Name.“