Der 59-jährige Martin Oberle leitet jetzt die Waiblinger Kriminalpolizei. Foto: StZ/Phillip Weingand Foto:  

Martin Oberle leitet die Kriminalpolizei. Im Gespräch hat er uns verraten, welche Erinnerungen ihn bis heute begleiten – und, welche Herausforderungen der Polizei in Zukunft bevorstehen.

Das Helfen und der Dienst für die Gesellschaft liegen gewissermaßen in seinen Genen: „Mein Vater war Kommandant bei der Freiwilligen Feuerwehr. Von daher war es für mich normal, plötzlich auszurücken, wenn es sein muss“, erinnert sich Martin Oberle. Seit dem 1. Februar führt der 59-Jährige die Kriminalpolizeidirektion Waiblingen. Der Leitende Polizeidirektor trägt nun Verantwortung für 350 Mitarbeiter, sein Vorgänger Jochen Katzmann war im vergangenen Herbst zum Vizepräsidenten des Landeskriminalamts befördert worden.

Den Raum Waiblingen kennt Oberle, der aus der Ortenau stammt, schon seit längerer Zeit – nicht nur, weil er in seiner Laufbahn im höheren Dienst auch bei der damaligen Polizeidirektion Waiblingen gearbeitet hat. Auch seine Ehefrau stammt aus Waiblingen. Und nicht nur das – sie ist sogar Polizistin. Allerdings arbeitet sie nicht mit ihrem Gatten zusammen, sondern lehrt an der Hochschule der Polizei im Bereich Kriminalistik.

Drehen sich die Frühstücksgespräche des Paars also über Mord und Totschlag? „Das versuchen wir zu vermeiden. Aber natürlich gibt es hin und wieder Fälle, die einen nicht loslassen – und dann kann ich mit ihr natürlich anders darüber reden, als wenn sie einen anderen Beruf hätte“, sagt Oberle. Die beiden haben eine 17-jährige Tochter. „Sie macht demnächst ihr Abitur und ist sehr gut in naturwissenschaftlichen Fächern – sie wird wohl eher in diese Richtung gehen“, meint der Kripo-Chef augenzwinkernd.

Zuletzt war Oberle in Karlsruhe für die Einsatzplanungen und die strategische Ausrichtung der Kriminalitätsbekämpfung sowie als Leiter des Führungsstabs bei größeren Einsatzlagen zuständig. In seiner bisherigen Karriere hat er schon viele bleibende Erfahrungen gemacht. Etwa, wie er dafür zuständig war, im Jahr 2011 die Ankunft von Papst Benedikt XVI. auf dem Flughafen Lahr abzusichern. „Ich bin kein besonders religiöser Mensch, aber das war schon ein besonderes Erlebnis“, sagt der Kriminalist.

Zum Einstand gleich ein besonders tragischer Fall

Doch nicht alle Erinnerungen sind freudig. Nach dem Amoklauf in Winnenden half Oberle, traumatisierte Polizisten zu betreuen. Auch sein Einstand in Waiblingen war hart: Während Oberle Ende Januar sein Büro bezog, bekam er mit, dass die Waiblinger Kripo fieberhaft mit einer Ermittlungsgruppe nach einer verschwundenen 16-Jährigen aus Remshalden suchte. Oberle, obwohl noch nicht offiziell in Waiblingen im Dienst, schaltete sich ein. „Ich konnte da nicht einfach aus dem Gebäude rausgehen“, sagt er. Schließlich kam die traurige Gewissheit: Das Mädchen war tot, ein Suizid. „Es ist hart, wenn man am Ende doch nicht helfen konnte“, sagt Oberle. Angesichts solch schwerer Erlebnisse ist es wichtig, daheim abschalten zu können. „Meine Familie und ich wandern sehr gerne. Außerdem beschäftige ich mich mit Kosmologie – den Hintergründen, wie die Welt entstanden ist“, erzählt Oberle. Dass ihm in seinem Alltag oft das Grauen begegnet, merkt man ihm nicht an: Hinter seiner Brille blitzen fröhliche Augen.

Oberle ist gern Polizist. Und das, obwohl sein Vater, trotz dessen eigenen Engagements bei der Feuerwehr, eigentlich andere Pläne für ihn hatte. „Er hatte ein Schuhgeschäft und wollte eigentlich, dass ich das weiterführe“, erzählt Oberle.

Zur Arbeit der Ermittler gehört auch, dass sie Schritt halten müssen mit den Tätern. Das Internet und die Globalisierung haben es für Kriminelle einfacher gemacht, grenzüberschreitend zu agieren. Doch auch den Ermittlern bieten neue Technologien neue Möglichkeiten – Oberle nennt etwa die Auswertung von Spuren oder die Möglichkeit, digitale Indizien zu sichern und zu begutachten. „Die Datenmengen, von denen wir sprechen, sind dabei enorm.“ Teamgeist sei dabei immens wichtig: „Der IT-Spezialist hat andere Fähigkeiten als jemand, der gut beim Verhör von Verdächtigen ist. Aber keiner löst einen Fall alleine.“

Wie ist die Sicherheitslage im Rems-Murr-Kreis?

Viele Menschen sind überzeugt, dass die Welt da draußen immer brutaler werde. Die Tötung eines zwölfjährigen Mädchens in Nordrhein-Westfalen durch zwei andere Kinder hat viele aufgerüttelt. „So etwas ist schlimm – aber das sind Einzelfälle, die es leider schon immer gegeben hat“, sagt Oberle. „Generell lebt es sich im Rems-Murr-Kreis sicher, und die Polizei ist gut aufgestellt.“

Was dagegen zugenommen habe, sei die Gewaltbereitschaft und der mangelnde Respekt gegenüber Polizisten – und die Betrugswellen, die immer wieder über die ganze Region schwappen. „Doch auch da gelingt es uns immer wieder, Geldabholer festzunehmen und auch Hintermänner zu ermitteln“, sagt Oberle. Kurz nach dem Gespräch mit ihm war es wieder so weit: Verdeckte Ermittler haben am Freitag zwei mutmaßliche Betrüger gefasst.