Nach erfolgter Straßensperrung werden zwei Sattelzüge entladen. Der 15 Tonnen schwere Permanentmagnet hängt am Haken, Foto: Tom Bloch

Die Orthopädische Klinik in Botnang hat einen neuen Kernspin-Tomographen. Untersuchungen sind nun ohne Platzangst möglich.

Botnang - Gestatten, Aperto Lucent 0,4 von der Firma Hitachi Medical Systems, seines Zeichens das derzeit stärkste Kernspin-Tomographiegerät mit Permanentmagneten. Dieses Paradepferd der medizinischen Diagnostik wird in wenigen Wochen in der Orthopädischen Klinik Botnang im Einsatz sein. Bis dahin sind die Wunden am Gebäude alle verheilt, denn die Modernisierung der Diagnostik erfolgte als „Operation am offenen Herzen“ – der Klinikbetrieb wurde für die Umbaumaßnahmen nicht unterbrochen.

 

Kostenintensive Modernisierung

Und während nach erfolgter Straßensperrung gerade zwei Sattelzüge entladen werden, der 15 Tonnen schwere Permanentmagnet am Haken hängt, Spezialisten umher wuseln, und Kisten und Kartons auspacken, kommt auch Johannes Kolbe kurz aus dem OP. Der ärztliche Leiter der Orthopädischen Klinik Stuttgart-Botnang hat sich zu dieser kostenintensiven Modernisierung durchgerungen, auch wenn die Klinik die Investition selbst tätigen muss und keine Zuschüsse bekommt. „Wir waren vor 25 Jahren die ersten Orthopäden in Stuttgart, die selbst ein Kernspin betrieben haben“, sagt Kolbe. Und jetzt ist seine Klinik wieder ein Pionier, denn das neue Gerät kann viel mehr: Es besteht nur aus einer Liege und einer Säule, ist ringsum offen, und daher auch für Patienten mit Platzangst oder mit größerer Leibesfülle geeignet. Kinder können im Beisein ihrer Eltern untersucht werden. Auch Infiltrationsbehandlungen zum Beispiel an der Wirbelsäule können strahlenfrei durchgeführt werden.

„Von wegen, man muss in die Röhre“, sagt Ulf Neumann von der Herstellerfirma, der die Anlieferung begleitet. „Diese Zeiten sind vorbei. Heutzutage kann der Patient völlig entspannt untersucht werden. Er liegt auf dem Rücken, blickt auf eine Waldlandschaft über ihm und lauscht Musik aus den Deckenlautsprechern.“ Der Vorteil: Je ruhiger der Patient während der Untersuchung, desto besser die Bilder.

Deutlich weniger Stromverbrauch

Und umweltfreundlicher ist das neue Gerät obendrein. Wurde früher zum Betrieb des Magneten extrem viel Strom und teures Helium zur Kühlung benötigt, reicht heute ein wenig Strom für den Permanent-Magneten, der beheizt werden muss. „Im Vergleich zum Vorgängergerät benötigt die Klinik nur noch etwa zehn Prozent Strom für den Betrieb“, sagt Neumann. Trotz dieser Liste von Vorteilen spricht Klinikleiter Kolbe von einer „mutigen“ Entscheidung, schließlich mussten für die Neuanschaffung und den Umbau rund 800 000 Euro aufgebracht werden. „Und wir bekommen für das Gerät keine Kassenzulassung“, sagt Kolbe. Eine Untersuchung mit diesem hochmodernen Kernspin-Tomographen wird die Privatpatienten später rund 200 bis 250 Euro kosten. Um die Auslastung des Geräts zu optimieren, ist derzeit eine Kooperation mit einer weiteren Praxis in Vorbereitung.

Doch bevor es soweit ist, muss der Magnet auf eine exakt festgelegte Temperatur gebracht werden, was etwa zehn Tage dauert. Dann erst kann er über mehrere Tage hinweg exakt kalibriert werden, um später ein möglichst homogenes Magnetfeld zu erzielen. Ab Mitte Februar steht dann eine perfekte Bildgebung zur Verfügung, die dem Ärzteteam der Klinik für die rund 2000 Operationen jährlich sowie für weitere Behandlungen wichtige Informationen liefert.

„Also ich würde auch selbst bei mir keine Arthroskopie machen lassen, wenn nicht auch eine aktuelle Kernspin-Untersuchung vorliegt“, sagt Kolbe. „Denn hierdurch können schon vorher wertvolle Infos erhoben werden.“ Die Nachhaltigkeit der Investition betrifft nicht nur die ökologischen Vorteile des neuen MRT, sondern auch seine Familie. Denn mit Sohn Nikolas steht schon die nächste Generation in den Startlöchern. Dieser macht gerade seine Facharzt-Ausbildung am Uni-Klinikum Heidelberg und soll später einmal die Klinik übernehmen.