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Die Amerikaner denken um. Gesünder essen liegt im Trend. Sogar in den großen Imbiss-Ketten. Die bieten seit neuestem kalorienarmes Fast Food an.

Orlando - In Bezug auf Essen waren die USA bislang ein gespaltenes Land: Auf der einen Seite die fitnesssüchtigen Gesundheitsfanatiker, auf der anderen die Liebhaber der möglichst fetten und zuckerhaltigen Kost. Doch auch die denken langsam um. Gesünder essen liegt im Trend.

Christine Dougherty ist das neue Gesicht der Werbekampagne der Fast-Food-Kette Taco Bells. Die 27-jährige Brünette aus Florida, so die Botschaft, sei der lebende Beweis, dass man täglich Fast Food essen und trotzdem abnehmen kann. Fünf- bis achtmal in der Woche futtert Dougherty Burritos und Tortillas der Texmex-Kette - und hat nach eigenen Angaben trotzdem binnen zwei Jahren gut 20 Kilo verloren. Früher sei sie ein Pummel gewesen, heute sei sie schlank und rank - dank kalorienärmerer Tacos.

Mit solchen Botschaften springt nicht nur Taco Bell auf den Kalorien-Zug. Auch andere US-Ketten werben längst für fettärmere Kost in ihren Imbissen. Der Hähnchenbrater Kentucky Fried Chicken hat inzwischen ein Gericht aus Hühnchen, grünen Bohnen und Püree im Angebot, das mit knapp 400 Kilokalorien auskommt. Uno Chicago Grill, dessen Spitzenpizza für eine Person weiterhin locker auf knapp 2000 Kilokalorien kommt, bietet inzwischen einen Imbiss aus gegrilltem Gemüse und Feta-Käse mit lediglich 550 Kilokalorien an. Auch Starbucks zieht mit. In ihren rund 11.000 US-Filialen will die Kaffeekette von der nächsten Woche an Sandwichs mit weniger als 400 und Getränke unter 90 Kilokalorien anbieten.

Ganz freiwillig ist das alles nicht. Die Unternehmen beugen vor. Präsident Barack Obama, vor allem aber dessen Frau Michelle, haben fetttriefenden Burgern und dick belegten Pizzen, süßen Milchshakes und Cola-Zuckerbomben den Krieg erklärt. In New York kämpft Bürgermeister Michael Bloomberg schon seit längerem gegen Butter und Margarine in den Imbiss- und Restaurantküchen der Acht-Millionen-Stadt.

Jeder dritte Amerikaner ist deutlich zu dick. Vor allem Kinder. Auf längere Sicht stellt die Fettsucht nach Ansicht von US-Gesundheitsexperten sogar eine weit größere Gefahr dar als das Rauchen. Knapp jeden zweiten Dollar, den die Amerikaner für Nahrung ausgeben, setzen sie außerhalb der eigenen Küche um. Fast Food ist ein Lebensstil, so selbstverständlich wie die Staus auf den Autobahnen von Los Angeles.

Heftig und lange haben sich die Schnellrestaurants gegen Vorschriften gewehrt, die Kalorienzahl ihrer XXL- und Supersize-Formate "klar und verständlich" an prominenter Stelle auszuweisen. Sobald Obamas Gesundheitsreform die letzten parlamentarischen Hürden passiert hat, sind die Imbissketten auch gesetzlich dazu verpflichtet.

Gesünder zu essen liegt ohnehin im Trend. Seit die französisch inspirierte Bäckereikette Le Pain Quotidien (Das tägliche Brot) die Kalorienzahl ihrer Sandwichs ausweist, hat sich die Rangliste unter den belegten Broten deutlich verschoben. Von weit hinten hat das Räucherlachs-Mozzarella-Sandwich mit gerade 350 Kilokalorien das Feld aufgerollt und den früheren Spitzenreiter, ein Hähnchen-Sandwich, mit 690 Kilokalorien von Platz 1 verdrängt.

Dick im Geschäft ist bei alledem die Beratungsfirma Nis aus Orlando, die viele der großen Ketten dabei berät, Kalorien zu sparen, ohne Geschmack einzubüßen. Der Umsatz des Unternehmens habe sich in den letzten beiden Jahren verdoppelt, freute sich Vizechef Jeffrey Whitlow.

Auch Ype von Hengst, der die Kette Silver-Diner führt, hat sich bei Nis beraten lassen. Neben den buttergetränkten Flundern (1088 Kilokalorien pro Portion) umfasst das Angebot seither auch einige Gerichte, die nicht schon beim Hinsehen die Speckröllchen wachsen lassen. "Ein Pfannkuchen bleibt ein Pfannkuchen, und Schinken bleibt Schinken. Aber ich will Wahlmöglichkeiten geben", sagte von Hengst. Frank Guidara vom Uno Chicago Grill hat seine Truppe ebenfalls ermuntert, kalorienärmere Pizzen zu fabrizieren. Nach drei Monaten Experimentierphase gewann beim Geschmackstest mit verbundenen Augen aber der Klassiker mit 2000 Kilokalorien. "Das Original fegte alles andere vom Tisch, selbst wenn man nicht behaupten kann, dass das besonders gesund ist", so der Unternehmer.

Christine Dougherty mit ihrer Traumfigur will den Tacos und Burritos treu bleiben, vor allem weil sie das Kochen in der eigenen Küche hasst. Versteckt weist Taco Bell freilich darauf hin, dass auch kalorienärmere Tortillas keine Abnehmkur sind. Dougherty hat ihren Gewichtsverlust nur deshalb geschafft, weil sie sich - bei aller Liebe zu mexikanischem Fast Food - täglich eisern auf 1250 Kilokalorien beschränkte. "Wenn man weniger isst, nimmt man zwangsläufig ab", kommentiert das die Diät-Expertin Melina Jampolis prosaisch.