Freude in Kolumbien über den neuen Friedensvertrag mit den Guerillas. Foto: EFE

Kolumbiens Regierung und die Farc-Guerilla habwen einen neuen Friedensvertrag ausgehandelt. Die ursprüngliche Version hatte die Bevölkerung in einer Volksabstimmung abgelehnt.

Bogota - Sechs Wochen nach dem überraschenden „Nein“ der Bevölkerung zum Friedensabkommen zwischen kolumbianischer Regierung und der Linksguerilla FARC haben die Konfliktparteien am Samstag einen neuen Vertrag unterzeichnet. „Dieses neue Abkommen ist eine Möglichkeit, Zweifel zu beseitigen, Einwände zu berücksichtigen, vor allem aber, um die Kolumbianer zu vereinen“, betonte Humberto de la Calle, Chefunterhändler der Regierung. Nach Angaben beider Seiten berücksichtigt die neue Fassung einen Großteil der rund 500 Änderungsvorschläge, die aus der Gesellschaft, von Opferverbänden und der rechten Opposition um Ex-Präsident Álvaro Uribe kamen. „Ich erkenne demütig an, dass dieser Vertrag besser ist als der vorherige“, sagte Präsident Juan Manuel Santos am Samstagabend in einer Rede an die Nation. „Wir haben intensiv gearbeitet, und ich hoffe, dass das Ergebnis die Nation und die Anhänger des Nein zufriedenstellt“.

Politik im Rahmen der Legalität

Am 2. Oktober hatten die Kolumbianer entgegen aller Prognosen das nach rund vierjährigen Verhandlungen erzielte Übereinkommen abgelehnt. Besonders umstritten waren in der Bevölkerung und bei den Gegnern des Abkommens die Regelung zur strafrechtlichen Verantwortung der Rebellen sowie ihr Übergang in die Politik. Beim letzten Punkt machten die Konfliktparteien keine Zugeständnisse: „Der tiefere Sinn eines jeden Friedensabkommens ist, dass die Guerilleros die Waffen niederlegen und Politik im Rahmen der Legalität machen können“, erklärte Santos, der für sein Bemühen um ein Ende des Bürgerkriegs in Kolumbien vor einem Monat mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden war. In der ersten Version des Abkommens war vorgesehen, der zur politischen Partei konvertierten FARC in einer Übergangsphase sichere Sitze im Parlament zuzugestehen.

Freiheitsentzug auf Farmen

Bei der Parlamentswahl 2018 sollen ihren Kandidaten fünf Plätze im Senat und fünf im Abgeordnetenhaus garantiert werden, falls sie die Drei-Prozent-Hürde nicht nehmen. Vor allem dagegen hatten Uribe und seine Partei Centro Democrático gewettert. Zugeständnisse macht das neue Abkommen aber bei der strafrechtlichen Verantwortung und der Entschädigung durch die FARC. So wird nun präzisiert, wie und wo der „Freiheitsentzug“ für geständige Kämpfer stattfindet, vermutlich in sogenannten landwirtschaftlichen Farmen. Ferner wurden die für die gesonderten Friedenstribunale im Rahmen der Übereinkunft vorgesehenen internationalen Richter gestrichen. Eine weitere wichtige Ergänzung ist, dass die Guerilleros nun mit ihrem persönlichen Vermögen für die Entschädigung der Opfer aufkommen müssen.

Schutz des Privateigentums

Im neuen Papier wird zudem an der Ausrottung der Kokafelder mittels Besprühung festgehalten, gegen den Willen der Rebellengruppe. Letztlich nimmt der neue Vertrag auch Änderungen beim Thema Agrarreform auf und geht damit insbesondere auf Forderungen der Großgrundbesitzer ein, die Angst davor hatten, dass ihnen im Rahmen des Friedensvertrages eine Enteignung drohe. Der Schutz des Privateigentums wird nun deutlicher betont. Gegenwärtig ist noch nicht klar, ob die Gegner des ersten Friedensabkommens, die sich hinter Uribe sammeln, die Änderungen akzeptieren. Santos und Uribe waren am Samstag zusammengetroffen, und nach der Unterredung bat der Ex-Staatschef darum, dass das Abkommen noch keinen „definitiven Charakter“ habe, bis es von seiner Gruppierung und den Opfern geprüft sei. Experten wie Jorge Restrepo vom Konfliktforschungszentrum CERAC fürchten, dass die Gegner des Abkommens kaum die politische Partizipation der Rebellen akzeptieren werden.

Keine klare Aussage gab es zu der Frage, ob dieses Übereinkommen nochmals von der Bevölkerung im Rahmen eines Plebiszits bestätigt werden muss oder ob die Ratifizierung im Kongress ausreichend ist. In der Hauptstadt Bogotá versammelten sich am Samstagabend dutzende Menschen, um den neuen Vertrag zu feiern. In Washington begrüßte Außenminister John Kerry die Unterzeichnung als „wichtigen Schritt“ zum Frieden. Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini lobte die neuerliche Einigung als „gute Nachricht“.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.farc-rebellen-in-kolumbien-nach-50-jahren -herrscht-frieden.56b6baa8-8be7-4465-a3eb-afaf593647ee.html