Demonstration nach der Räumung der Wohnungen durch die Polizei – seitdem tickt laut dem Zweckentfremdungsverbot aber auch die Uhr für die neuen Eigentümer des Hauses Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Weil sich eine Erbengemeinschaft lange nicht einigen konnte, stehen seit Jahren zwei Wohnungen in Heslach leer. Nun, nach der zeitweiligen Besetzung der Wohnungen durch die linke Szene, macht die Stadt Druck auf die neuen Eigentümer des Hauses. Die stellen eine Vermietung ab 2019 in Aussicht.

Stuttgart - Seit der Räumung durch die Polizei Ende Mai tickt die Uhr: Das Stuttgarter Baurechtsamt hat die neuen Eigentümer des zeitweilig besetzten Hauses in Heslach schriftlich aufgefordert, ihre Pläne für die beiden seit Jahren leer stehenden Wohnungen mitzuteilen. Damit wurde ein Verfahren laut Zweckentfremdungsverbot eingeleitet, das seit 2016 in der Landeshauptstadt gilt. Seitdem droht Eigentümern ein Bußgeld, wenn sie eine Wohnung länger als ein halbes Jahr grundlos leer stehen lassen.

„Das sind keine Immobilienhaie“

Die neuen Eigentümer, die das Haus in Heslach mit insgesamt fünf Wohnungen kurz vor der dreiwöchigen Besetzung übernommen haben, wollen die beiden Wohnungen erst mal renovieren. „Da gibt es einiges zu tun“, so der Heilbronner Anwalt der Familie, Erik Silcher, den „Stuttgarter Nachrichten“. Er hofft, dass die Arbeiten Ende des Jahres abgeschlossen sind. Anschließend soll vermietet werden, wobei eine der Wohnungen womöglich vom Sohn der Besitzerfamilie selbst genutzt wird.

Linksextremisten mischen mit

Die beiden Wohnungen waren Ende April besetzt worden. Die meisten der Besetzer und ihrer Unterstützer werden vom Verfassungsschutz der gewaltbereiten linksextremistischen Szene zugeordnet und haben zum Teil auch entsprechende Vorstrafen. Die Besetzer behaupteten unter anderem, die Mieten in der Stadt würden auch wegen gieriger Wohnungsspekulanten so stark steigen. Das Haus in Heslach ist laut Anwalt Silcher dafür aber kein gutes Beispiel. Die Mieten dort seien seit zehn Jahren nicht mehr erhöht worden, sagt er. Außerdem sei es für die neuen Eigentümer, ein deutsch-französisches Paar, die erste Immobilie, die sie in Deutschland erworben hätten. „Da kann man sicher nicht von Immobilienhaien sprechen.“

Wenig Leerstand

Nach Angaben der Stadt stehen zudem viel weniger Wohnungen leer als von den Besetzern behauptet. Derzeit seien es laut einer aktuellen Schätzung des statistischen Amts etwa 3000 von ingesamt 310 000 Wohnungen in Stuttgart, heißt es. Die meisten Wohnungen stehen nur kurz zwischen Auszug und Neuvermietung leer. Demnach gibt es in nur vereinzelt Fälle, in denen Eigentümer ihre Wohnungen absichtlich über längere Zeit leerstehen lassen.

An diesem Donnerstag (14. Juni) demonstriert das linke Aktionsbündnis „Recht auf ‚Wohnen“ ab 17 Uhr auf dem Marktplatz. Zugleich debattiert der Gemeinderat über das Thema.