Martin Kunzmann wurde bei der Bezirkskonferenz in Stuttgart mit einem Ergebnis von 100 Prozent zum neuen Landesvorsitzenden des DGB gewählt. Foto: dpa

Wachwechsel an der DGB-Spitze: Wie erwartet wird der Pforzheimer IG-Metall-Bevollmächtigte Martin Kunzmann gewählt. Mit ihm übernimmt ein streitbarer Gewerkschafter das Ruder.

Stuttgart - Der neue Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) will das Thema Arbeitszeit nicht den Arbeitgebern überlassen. Man müsse darüber diskutieren, „wem die Zeit gehört und wer darüber bestimmt“, sagte Martin Kunzmann in seiner Rede vor der außerordentlichen Bezirkskonferenz am Samstag in Stuttgart. „Den Bestrebungen, die Höchstarbeitszeitgrenze zu kippen, muss eine klare Absage erteilt werden.“

Kunzmann wurde bei der Bezirkskonferenz mit einem Ergebnis von 100 Prozent zum neuen Landesvorsitzenden des DGB gewählt. Eine Enthaltung bei 90 Ja-Stimmen gelte laut Satzung als nicht abgegebene Stimme, hieß es. Bislang war Kunzmann Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Pforzheim. Der 60-Jährige tritt die Nachfolge von Nikolaus Landgraf am 1. Februar an. Landgraf übernimmt in Brüssel einen Posten „im Organisationsbereich der Gewerkschaften“ - Details wurden nicht genannt.

Vor seiner Wahl hatte Kunzmann am Samstag in seiner Bewerbungsrede die Themen vorgestellt, für die er eintreten will. Neben sozialer Gerechtigkeit will er für die paritätische Finanzierung der Krankenkassenbeiträge kämpfen und für eine gerechtere Entlohnung zum Beispiel für Pflegeberufe. „Ich möchte nicht, dass der Sozialstaat so aussieht“, sagte Kunzmann. „Hier müssen wir dagegenhalten.“

Kunzmann fordert aktiven Gesundheitsschutz

Außerdem sprach er sich für mehr aktiven Gesundheitsschutz im Berufsleben, insbesondere auch vor psychischen Belastungen aus. „Burnout ist ein Massenphänomen geworden“, sagte Kunzmann. „Politik und Arbeitgeber sind gefordert.“

Besonders will sich Kunzmann mit der Veränderung befassen, die die wachsende Digitalisierung in der Arbeitswelt mit sich bringt. Dabei gehe es um Fragen, wie künftig Arbeitsplätze aussehen, wie sich Arbeitsinhalte wandeln und wie sich Berufsbilder verändern. „Der Mensch muss in der Diskussion um die Digitalisierung in den Mittelpunkt gerückt werden.“

Den Schlüssel zur Gestaltung von Arbeit sieht Kunzmann in der Bildung. „Es reicht nicht aus, nur ein Schulfach Wirtschaft einzurichten.“ Dabei gehe es um frühkindliche Bildung, gute Schulen und Hochschulen, aber auch um gut ausgebildete Lehrer.

Dabei will Kunzmann, wie er selbst betont, nicht nur eine „Funktionärsdiskussion“ führen, sondern, wie er es von seiner bisherigen Arbeit gewohnt ist, in die Betriebe gehen. „Wir müssen Mitmachgewerkschaft sein.“