Martin Röhrs mit dem Hut, den er sich 1988 als Referendar gekauft hat. Foto: Gottfried Stoppel

Der bisherige Chef des Kreisforstamts leitet jetzt den neuen Forstbezirk Schwäbisch-Fränkischer Wald. Martin Röhrs sagt, der Klimawandel sei Fakt – er erklärt, wie er den Wald einstellen will auf die Veränderungen.

Welzheim - Aufgewachsen ist er am Albtrauf in Mössingen, quasi direkt am Waldrand. Im Rückblick kann man wohl sagen: Martin Röhrs ist die Berufskarriere in die Wiege gelegt worden. Als Jugendlicher ist er ganz oft unmittelbar nach den Hausaufgaben losgezogen und allein ungezählte Kilometer weit durch die Wälder seiner Heimat gestreift. Nach dem Abitur mit einem Einser-Schnitt am Mössinger Quenstedt-Gymnasium hätte Röhrs vermutlich fast jedes Studienfach wählen können. Medizin oder Maschinenbau seien kurzfristig Optionen gewesen, erzählt er. Schließlich fiel die Wahl aber doch auf Forstwissenschaften/Forstwirtschaft an der Uni in Freiburg.

Seit Anfang Januar leitet Martin Röhrs, 56 Jahre, den neu gegründeten, staatlichen Forstbezirk Schwäbisch-Fränkischer Wald. Sein Büro ist in Welzheim in einem alten Haus, in dem in den 1940er-Jahren die Kommandantur des Konzentrationslagers (KZ) Welzheim einquartiert war. Er hätte sich sicherlich lieber einen geschichtlich weniger belasteten Amtssitz ausgesucht. Mit dem neuen Posten indes ist Röhrs rundum zufrieden. Er sagt: „Ein Traum geht in Erfüllung.“ Röhrs hat genau 20 Jahre lang in Backnang gearbeitet, zunächst als Leiter des Forstamts Backnang, dann als erster Mann beim Kreisforstamt in Backnang. Jetzt ist Röhrs verantwortlich für rund 16 000 Hektar Staatswald, 80 Prozent davon sind im Rems-Murr-Kreis, jeweils zehn Prozent im Ostalbkreis und im Kreis Schwäbisch Hall, eine ganz kleine Waldfläche ist im Nachbarkreis Ludwigsburg.

„Der Wald ist in einem apokalyptischen Zustand“

An diesem Nachmittag streift Röhrs durch den Tannwald am Stadtrand von Welzheim und erzählt. Stichwort Klimawandel: für Menschen, die diesen immer noch leugnen, hat der Forstbezirksleiter kein Verständnis. Der Wald sei in einem „apokalyptischen“ Zustand, sagt er. Baumarten, die seit Jahrhunderten hierzulande wachsen, seien akut gefährdet. Sogar die Weißtanne, von der Experten annahmen, sie sei resistent, habe Probleme.

Die wohl größte Aufgabe sei es, den Wald so aufzuforsten, dass auch in einhundert Jahren zumindest einige der jetzt gepflanzten Baumarten zurecht kommen. Die Douglasien zum Beispiel, die vor gut einhundert Jahren vielerorts in Württemberg gepflanzt wurden, seien eine Option. Damals dachte freilich niemand über einen Klimawandel nach. Die Herrscher wollten ganz profan exotisches Holz. Röhrs sagt, er und seine Kollegen bei Forst-Baden-Württemberg (ForstBW) wollten mit dem Tulpenbaum, der Zeder und der Baumhasel experimentieren.

Auch am Wochenende in der Freizeit ständig im Wald

Die neuen Forstbezirke sind im Zuge eines kartellrechtlichen Verfahrens gebildet worden. Die Holzindustrie hatte kritisiert, dass es zu wenig Wettbewerb beim Holzverkauf gebe. Bis 2019 waren die Forstämter auf Kreisebene zuständig für den Privat-, den Kommunal- und den Staatswald. Nun sind die 21 neuen Forstbezirke für den Staatswald verantwortlich.

Röhrs sagt nichts Schlechtes über seinen alten Job in der Kreisverwaltung, betont aber, dass er froh sei, nun ausschließlich im Staatswald „betrieblich gestalten“ und die Weichen in Richtung Zukunft stellen zu können: „ökologisch vorbildlich, sozial ausgewogen und ökonomisch erfolgreich“. Mit der neuen Struktur sei es noch besser möglich, diese Ziele des Landes umzusetzen. Dieser Martin Röhrs ist ganz wild auf Wald – auch privat. An den Wochenenden sei er ständig auf Achse im Forst. Seine Gattin frage oft augenzwinkernd: „Wohin müssen wir diesmal?“ Ein Spötter könnte sagen: Wenn Martin Röhrs in rund zehn Jahren in den Ruhestand geht, kennt er ganz bestimmt jeden Baum im Schwäbisch-Fränkischen höchstpersönlich.