Hundsdörfer war zuletzt beim Ventilatorenbauer EBM Papst. Foto:Heidelberger Druckmaschinen Foto:  

Das Unternehmen will dem Drucker künftig alles anbieten, was er braucht: Maschinen, vor allem aber auch Lacke, Farben und andere Verbrauchsmaterialien – bis hin zu Schrauben.

Mannheim - Hinter sich hat er bereits zwei Betriebsversammlungen und eine Aufsichtsratssitzung. Vor sich hat er die Aufgabe, ein Traditionsunternehmen für neue Wachstumsfelder fit zu machen. Rainer Hundsdörfer sieht sich zwar selbst noch in der Lehrzeit bei seinem neuen Arbeitgeber, doch wohin die Reise gehen muss, ist dem seit Montag amtierenden Vorstandsvorsitzenden der Heidelberger Druckmaschinen AG bereits klar: Der in den vergangenen Jahren häufig in den roten Zahlen steckende und jetzt wieder einen kleinen Gewinn machende Konzern darf sich nicht länger auf den Verkauf neuer Druckmaschinen verlassen – und er muss zudem unabhängiger von den traditionellen Bogenoffsetmaschinen werden. In Zeiten des Internet lässt gerade die Nachfrage nach solchen Maschinen deutlich nach.

„Heidelberg wird ein Maschinenbauer bleiben, aber nur zum Teil“, sagt Hundsdörfer zur Zukunft des Unternehmens mit seinen 11 560 Mitarbeitern und einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro. „Digitalisierung“ ist denn auch eines der Stichworte des neuen Vorstandsvorsitzenden, dem aber auch druckspezifische Fachausdrücke flott von den Lippen gehen. „Wir wollen dem Drucker alles liefern, was er braucht,“ lautet das Ziel des neuen Chefs. Einige Lacke hat Heidelberg schon im eigenen Angebot, verkauft werden sollen aber auch andere Verbrauchsartikel von Farben und Lacken über Druckplatten bis hin zum Schräubchen an einzelnen Maschinen. Eine Art „Amazon“ für die Druckwelt soll das Unternehmen werden. Diese nämlich ändert sich nach Meinung von Hundsdörfer künftig gewaltig: „Die kleinen handwerklichen Drucker werden von den großen industriellen verdrängt“ , so seine Prognose. Und diese sollten sich dann auf das Drucken und den Vertrieb ihrer Erzeugnisse konzentrieren können, statt sich mit dem Einkauf herumschlagen zu müssen. Dafür, dass alles, was das Druckerherz begehrt, rechtzeitig an der Maschine ist, will Heidelberg sorgen: „Wir wissen, was der Drucker wann braucht.“

Digitalisierung als Schlüsswel für die Zukunft

Bei dem Druckmaschinenhersteller selbst soll dadurch der Anteil von Service und Verbrauchsmaterialien am Umsatz – heute bei 50 Prozent – künftig kräftig steigen. Ausgebaut werden soll damit ein Geschäft, das wesentlich stabiler ist als der Verkauf neuer Maschinen. Zwar ist im Augenblick auch dort die Nachfrage so gut, dass sogar an manchen Samstagen gearbeitet werden soll, aber ein Garant für künftige Zeiten ist das nicht.

Denkt Hundsdörfer an die Zukunft seiner Maschinen, so setzt er eher auf den Digitaldruck, den er neben Service und Verbrauchsmaterialien als zweites Wachstumsfeld ins Visier nehmen will. Dieser soll künftig zehn Prozent zum Gesamtumsatz beitragen. So oft es die Zeit erlaubt, will er auch selbst zu den Kunden gehen: „Ich sehe mich als obersten Verkäufer des Unternehmens.“ Im Zeichen der Digitalisierung denkt der neue Chef auch daran, eventuell eine Softwareschmiede zu kaufen. „Und wir können uns diese auch leisten“, fügt er hinzu. Das Unternehmen sei inzwischen wieder stabil, Kredite langfristig gesichert.

Vom Familienunternehmen zum Konzern

„An der Börse muss man einfach erfolgreich sein“, meint Hundsdörfer zu den Maßstäben, die künftig an seine Arbeit gelegt werden. Anders dagegen war es bei seinem früheren Arbeitgeber, dem Ventilatorenbauer EBM-Papst im hohenlohischen Mulfingen. Dort war Erfolg nicht alles – auch die Chemie mit den Familieneigentümern musste stimmen. Doch zumindest mit einem Eigentümer wurde das Verhältnis immer schwieriger – mit dem Ergebnis, dass man sich im April trennte. Die Veränderung, die er jetzt bei der Heidelberger Druckmaschinen AG anpackt, wird bald auch äußerlich sichtbar sein: Bis zum Jahr 2018 will das Unternehmen komplett von Heidelberg ins nahe Wiesloch umgezogen sein, wo schon lange ein großes Werk steht. Eines aber bleibt, auch wenn Hundsdörfer bis dahin den schweren Tanker auf einen anderen Kurs gebracht hat: der Name „Heidelberger“ – „Wieslocher Druckmaschinen“ werde es nicht geben. Und die Lehrzeit von Hundsdörfer ist dann auch vorbei.