Peter Pätzold Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Luftreinhaltung, Verkehrsvermeidung, der Bau von Wohnraum, diese Themen sind auch für den am Donnerstag zum neuen Bau- und Umweltbürgermeister gewählten Peter Pätzold „gesetzt“. Beim Thema Stuttgart 21 will der Grüne den Erhalt oberirdischer Gleise prüfen.

Stuttgart - Am 1. September wird der bisherige Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold (46) den Schreibtisch im Erdgeschoss des Rathauses gegen den des Städtebau- und Umweltbürgermeister in der Etage darüber tauschen. Der Gemeinderat hat ihn mit 35 von 56 gültigen Stimmen zum Nachfolger von Matthias Hahn (67, SPD) bestimmt. „Ich habe einen ganz anderen Zugang und Blick als mein Vorgänger, ich bin Architekt, er ist Jurist mit Verständnis für Architektur“, sagt Pätzold am Freitag im Gespräch mit unserer Zeitung.

Pätzold kündigt an, einen „pragmatischen Weg“ gehen zu wollen, und nennt als Beispiel die Themen Stadt am Fluss, aber auch die Bundesstraße 14 und das Neubaugebiet Rosensteinviertel im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21. Weil er erst im September die mit dem Amt verbundenen Vollmachten erhält, könne er auf Verwaltungsseite nicht mehr entscheidend in die Beratungen zum Doppelhaushalt 2016/2017 eingreifen. „Die Budgetgespräche sind intern gelaufen“, bedauert Pätzold. Akzente will er dennoch setzen.

Stadt am Fluss: Pätzold will Vorschläge verwirklichen

So plant Pätzold, beim Thema Stadt am Fluss vorhandene Vorschläge zu verwirklichen. Am Wasen, in Bad Cannstatt und beim Mineralbad Leuze könne man den Neckar für die Menschen zugänglich machen. „Wir haben bereits viele Pläne in der Schublade, die muss man jetzt umsetzen“, zeigt sich der Fraktionschef, für den die Grünen an diesem Samstag einen Nachfolger wählen wollen, ungeduldig. Auf Unterstützung von Daimler kann der Grüne am Neckar nicht setzen. Am stark besuchten Daimler-Museum gibt es zwar eine Anlegestelle, weil der Autobauer aber trotz neuer Teststrecke bei Tuttlingen nicht auf seine Einfahrbahn (auf einem städtischen Pachtgrundstück) verzichten will, wird es dort keinen Neckar-Zugang geben.

Die im Gemeinderat immer wieder geäußerten Zweifel am Wohnungsbau auf dem früheren Güterbahnhof-Areal im Neckarpark will Pätzold nicht mehr diskutieren. Mindestens 400 Einheiten sollen gegenüber dem Wasen machbar sein, „die Lärmprobleme kann man lösen, es gibt Bereiche in der Stadt, die sind lauter“, so der Architekt. An die nicht ganz pflegeleichten Festwirte, in deren Zelten es leiser werden muss, sendet er eine klare Botschaft: „Wenn das nicht klappt, werden die Anwohner klagen.“

Pragmatisch angehen will Pätzold auch Verbesserungen an der Straßenschneise B 14. Vor Jahren wurde von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung ein großer Wurf vorgeschlagen, der bis zu begrünten Mittelstreifen reichte. „Ich glaube nicht, dass die funktionieren“, sagt Pätzold, aber er sei „kein Tunnelfan“. Die geplante Erweiterung der Oper und das Besucherzentrum des Landtags böten die Chance auf eine weitere B-14-Querung und „Leben an den Rändern der Straße, wie es das auch in anderen Städten gibt“.

„Ich will den pragmatischen Weg gehen“

Nach langen Planungszeiten forderten die Bürger generell die Umsetzung. Pätzold zeigt Verständnis und betont erneut: „Ich will den pragmatischen Weg gehen.“ Verbesserungen an der B 14 müsse man „in kleinen Schritten denken“. Nachhaltige Mobilität zu organisieren gehöre auch dazu. Hier könne er mit OB Fritz Kuhn (Grüne) „gemeinsam an einem Thema ziehen“.

Ein großer Wurf soll das Neubaugebiet Rosenstein auf den durch Stuttgart 21 frei werdenden Bahngleisen werden. Dazu startet zum Jahreswechsel nach einer Ausschreibung eine unverbindliche Bürgerbeteiligung, aber noch keine Planung.

Die Kapazität des Tiefbahnhof wird auch von Grünen bestritten. Für das Rosenstein-Quartier werde der mögliche Erhalt oberirdischer Gleise eine Rolle spielen. „Das Thema kommt, ohne dass ich es einspeise“, sagt Pätzold. Es werde kein Tabu für diese Diskussion geben. Möglich wäre laut Pätzold, die Gleise der Gäubahn (sie fährt künftig über den Flughafen und Fildertunnel in den Kessel) mit denen der S-Bahn bei der neuen Station Mittnachtstraße zu verknüpfen. Blieben Gleise erhalten, „müssen wir darlegen, was das für das Gebiet bedeutet“, sagt Pätzold. Grundsätzlich können für ihn nach den harten Auseinandersetzungen um den Tiefbahnhof Projektgegner und Befürworter „wieder ins Gespräch“ kommen. Auch da denkt Pätzold ganz pragmatisch.