Sajid Javid, Brite pakistanischer Herkunft, übernimmt einer der höchsten Regierungsämter in London. Foto: AP

Sohn pakistanischer Einwanderer, Investment-Banker, Thatcher-Fan: Sajid Javid ist Großbritanniens neuer Innenminister. Schon im Alter von 14 hat er seinen ersten Kredit aufgenommen.

London - Mit Sajid Javid hat erstmals ein Brite pakistanischer Herkunft eines der höchsten Regierungsämter in London übernommen: Seitdem Javid diese Woche Amber Rudd an der Spitze des Innenministeriums abgelöst hat, sehen viele Beobachter den 48-jährigen Tory-Politiker schon als möglichen Nachfolger für Premierministerin Theresa May.

Javid hat einen erstaunlichen Aufstieg hinter sich. Seine Eltern waren noch völlig mittellos aus Pakistan nach England gekommen. Der Vater arbeitete zunächst in einer Baumwollfabrik in Rochdale, wo Sajid Javid als einer von fünf Söhnen geboren wurde, und danach als Busfahrer in Bristol, wo der Junge zur Schule ging. Die Schule riet Javid angeblich, Elektriker zu werden. Stattdessen studierte der Sprössling moslemischer Immigranten, inspiriert von Margaret Thatchers Privatisierungspolitik in den achtziger Jahren, lieber Wirtschaft und Politik – und stieg dann ins große Finanzgeschäft ein.

Mit 25 Jahren war er bereits Großverdiener

Schon im Alter von 14 soll Javid die „Financial Times“ gelesen und einen kleinen Kredit aufgenommen haben, um Aktien zu kaufen. Mit 25 Jahren war er bereits Großverdiener und hatte es zum Vizepräsidenten bei der Chase Manhattan Bank gebracht. Mit 37 Jahren leitete er in Singapur das Asiengeschäft der Deutschen Bank. Sein Sprung in die britische Politik zwei Jahre später kam aber nicht von ungefähr – schon in der Thatcher-Ära saß er, als Bewunderer der Eisernen Lady, in der ersten Reihe auf einem ihrer Parteitage. Als er 2010 ins Unterhaus einzog, setzte er seinen Vormarsch dort ebenso zügig fort.

2014 berief ihn David Cameron zum Kulturminister, und nach den Unterhauswahlen von 2015 wurde ihm das Wirtschaftsressort übertragen. Bekannt wurde Javid dort durch sein vehementes Eintreten für „ungebundenen Kapitalismus“ und durch seine Bemühungen, das Streikrecht einzuschränken. Als Theresa May nach dem Brexit-Referendum in die Downing Street einzog, stufte sie Javid zunächst herunter. Er war nun zuständig für Wohnungsbau und Kommunalpolitik.

Javid selbst hatte sich mit den „Windrush“-Opfern identifiziert

Den Sprung in eines der Topämter verdankte er der Überzeugung Mays, der Sohn von Einwanderern aus den alten Kolonien könne am ehesten den zum Orkan gewordenen „Windrush“-Sturm wieder zum Abflauen bringen. Jemand von Javids Herkunft, war das Kalkül in der Regierungszentrale, könnte besser als andere die Gemüter beruhigen, die der Skandal um die nationale Zugehörigkeit der Nachkriegseinwanderer aus der Karibik und um deren üble Behandlung so erregte. Javid selbst hatte sich mit den „Windrush“-Opfern identifiziert. Größte Sorge allerdings bereitet Pro-Europäern aller Parteien der Aufstieg eines Mannes, der nie ein Geheimnis aus seiner Abneigung gegen die EU gemacht hat.