Nicht nur der günstige Ölpreis wirkt sich in Baden-Württemberg positiv aus. Dies zeigt ein Bericht des Umweltministeriums. Firmen zahlen deutlich weniger für den Strom als Privatkunden.
Stuttgart - Im dritten Jahr in Folge sind die Energiepreise in Baden-Württemberg stabil geblieben oder sogar leicht gesunken – zu diesem Schluss kommt das Berliner Beratungsunternehmen Ecofys, das im Auftrag des Stuttgarter Umweltministeriums jetzt den Energiepreisbericht für 2016 erstellt hat. Insgesamt geben die Bürger danach 5,5 bis 7 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Strom, Heizöl und Co. aus. Dieser Anteil entspricht dem Niveau von 2006.
Strom
Am Strommarkt gibt es die scheinbar paradoxe Situation, dass die Preise an den Strombörsen seit 2011 um 40 Prozent eingebrochen sind, die Preise für den Endverbraucher aber eher leicht anziehen. Das liegt an den steigenden Umlagen und Steuern, die die Energieversorger an die Kunden weiterreichen. Laut Sebastian Marx von der EnBW liegt dieser Anteil heute bei fast 75 Prozent: „Unsere Marge sinkt deshalb trotz geringerer Beschaffungspreise.“ Der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sieht hier eine „über die Maßen“ starke Belastung und fordert eine Umkehr der Systematik: „Wir müssen dafür die fossilen Brennstoffe stärker belasten.“ Dies habe er auch bundesweit gefordert, habe aber im Bundesrat keine Mehrheit erhalten.
Nach einem starken Anstieg im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends sei der Strompreis seit 2013 in Baden-Württemberg weitgehend stabil geblieben, so der Bericht. Landesweit liege der Durchschnittspreis für den Privatkunden bei 27,9 Cent pro Kilowattstunde. Gegenüber anderen EU-Ländern sind Baden-Württemberg und Deutschland damit sehr teuer: In der EU liegt der Mittelwert bei 18 Cent, sehr günstig sind Frankreich und Holland.
Doch auch innerhalb von Baden-Württemberg gibt es eklatante Unterschiede. Gewerbebetriebe zahlen im Schnitt 17,28 Cent pro Kilowattstunde – und manches energieintensive Unternehmen, das von den Umlagen und Steuern befreit ist, zahlt sogar nur vier Cent. Das sind vor allem Aluminium- und Chemiefabriken, aber auch Bahnbetriebe. Insgesamt profitieren im Land derzeit 264 Firmen davon. Die restlichen Kunden müssen übrigens diesen Ausfall an Nebenkosten mit übernehmen – 1,37 Cent pro Kilowattstunde waren das 2015.
Ecofys prognostiziert einen Anstieg der Strompreise im Land um 15 Prozent bis 2023 – auch wegen steigender Umlagen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz.
Heizöl und Benzin
Ein Liter Heizöl kostete am Mittwoch rund 53 Cent – das sind fast paradiesische Zustände, denn noch 2012 lag der Liter fast bei einem Euro. Der gesunkene Rohölpreis ist damit der wichtigste, aber nicht der einzige Faktor für die stabil gebliebenen Energiepreise. Die Preise für Kraftstoff haben im vergangenen Jahr um sieben Prozent unter denen von 2015 gelegen. Baden-Württemberg ist dabei immer leicht teurer als das restliche Bundesgebiet, was mit der größeren Entfernung von den Seehäfen begründet wird. Die Macher des Berichts glauben, dass Heizöl, Benzin und Diesel bis 2023 um etwa elf Prozent teurer werden; das wäre aber immer noch deutlich günstiger als in der Hochpreisphase um 2012.
Axel Wolff, der Geschäftsführer von Scharr Wärme, einem der landesweit größten Öllieferanten, vermutet, dass der diesjährige Tiefpunkt bereits erreicht ist: „So günstig wie im Februar 2016 mit unter 40 Cent pro Liter wird es vorerst nicht mehr.“
Gas
Beim Gas ist der Preis 2016 um rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Dennoch liegen die Kosten in Baden-Württemberg leicht über dem EU-Durchschnitt und klar über den US-Preisen. Es wird bis 2023 mit einem leichten Anstieg der Preise für Haushalte und die Industrie gerechnet.
Wärme
Fernwärme kostet regional sehr unterschiedlich. In Mannheim lag der Preis für eine Kilowattstunde 2016 bei 7,85 Cent, in Emmendingen dagegen bei 12,53 Cent. Wegen sinkender Brennstoffkosten und wegen des milden Winters seien die Preise um fünf Prozent gesunken. Dies gilt aufgrund von Überkapazitäten auch für Holzpellets.