Audi hat zurzeit lange Lieferzeiten beim Modell A 4, einem der beliebtesten Modellen der VW-Tochter. Foto: Audi

Die Lieferzeiten von neuen Autos haben sich bei einigen Modellen und Herstellern erhöht. Wie lange ein Kunde warten muss, bis der Wagen im Autohaus steht, hängt von Modell und Marke ab. Das ist der Grund für die Verzögerungen.

Berlin - So hat sich das Peter W. (Name geändert) nicht vorgestellt. Weil der Leasingvertrag für seinen Firmenwagen zum Jahresende ausläuft, wollte er sich rechtzeitig um Ersatz kümmern. Doch die Ernüchterung kam mit der Bestellung. Der gewünschte Neuwagen der Marke Audi A 4 Avant war nur noch in einer Variante erhältlich: mit Zwei-Liter-Benzinmotor und 190 PS. Fahrzeuge mit geringerer Leistung waren nicht lieferbar. Der Audi-Kunde bestellte das einzig verfügbare Modell mit höherer Leistung und erfuhr dann, dass er sieben Monate warten muss. Erst im März 2019 kann er mit der Auslieferung des Autos rechnen. Dabei ist der A 4 der Verkaufsschlager der VW-Tochter. Der Hersteller kommt momentan bei diesem Modell mit der Fertigung nicht hinterher.

Industrie baut bei Benzinern Partikelfilter ein

So wie Peter W. geht es momentan vielen Neuwagenkäufern. Die Lieferzeiten haben sich bei einigen Modellen und Herstellern erhöht. Wie lange ein Kunde warten muss, bis der Wagen im Autohaus steht, hängt von Modell und Marke ab. Die Schwankungen sind je nach Hersteller groß. Dass es häufig länger dauert als üblich, hängt mit der Einführung des neuen Abgastests WLTP zusammen. Der neue Prüfzyklus, der vom 1. September 2018 an in der EU verbindlich ist, soll den tatsächlichen Verbrauch sowie realistische Schadstoff- und CO2-Emissionen wiedergeben. Um die strengeren Vorgaben einzuhalten, bauen die Hersteller zum Beispiel in Benzinmodellen Partikelfilter ein. Doch die Umstellungs- und Genehmigungsverfahren nehmen mehr Zeit in Anspruch als geplant.

Eine Audi-Sprecherin sagte, die derzeit langen Lieferzeiten beim Audi A 4 Avant seien die Ausnahme. Im Schnitt liege die Lieferzeit beim A 4 laut Unternehmen gegenwärtig bei mehr als fünf Monaten. Dies hängt mit der WLTP-Umstellung, aber auch mit Kaufanreizen zusammen. Bis zur Jahresmitte belohnten die Autokonzerne Neuwagenkunden mit einer Umweltprämie, wenn sie ihre alten Dieselfahrzeuge zurückgaben.

Diese finanziellen Anreize hatten die Hersteller auf dem Dieselgipfel der Regierung vor einem Jahr zugesagt. Viele Kunden hätten sich bei der Umweltprämie für den Audi A 4 entschieden, heißt es in der Ingolstädter Konzernzentrale. Das erklärt, warum das Unternehmen jetzt einen Berg an Bestellungen abarbeiten muss. Bei anderen Audi-Modellen lägen die Lieferfristen zwischen zehn und zwölf Wochen.

Auch bei anderen Herstellern kann es zu Verzögerungen kommen. Das hängt damit zusammen, dass noch nicht alle Hersteller die erforderlichen Genehmigungen für den WLTP-Prüfzyklus in Händen halten. Steht die Freigabe noch aus, kann es auch passieren, dass das Unternehmen das entsprechende Modell vorübergehend aus dem Verkauf nimmt. Bei Audi seien einige Modelle kurzfristig nicht bestellbar, heißt es. Bei anderen Unternehmen können die Modelle auch dann bestellt werden, wenn die Freigabe nach dem WLTP-Standard noch nicht vorliegt. Die Fahrzeuge werden dann aber noch nicht ausgeliefert. VW mietete am noch unvollendeten Berliner Flughafen BER Stellplätze für 8000 Neufahrzeuge an.

Die Situation in der Industrie ist unterschiedlich. Der Stuttgarter Autobauer Daimler erklärte, dass Mercedes-Benz die gesamte Flotte für Europa zum 1. September nach dem WLTP-Standard zertifiziert haben werde. Im Schnitt betrage die Lieferzeit in Europa rund drei Monate, erklärte ein Daimler-Sprecher. Bei einzelnen Modellen könne es aber zu abweichenden Zeiten kommen. Daimler entschied zu Jahresanfang, mit Blick auf die Einführung des neuen Prüfzyklus einzelne Varianten nicht mehr anzubieten. Das seien wenige Varianten in einstelliger Zahl.

BMW liegt mit der Umstellung im Plan

Der Autobauer BMW teilte mit, die Umstellung auf den neuen Standard liege voll im Plan. „Wir haben alle Genehmigungen bekommen“, sagte eine Unternehmenssprecherin. BMW habe sich frühzeitig auf den neuen Abgaszyklus vorbereitet. Die Lieferfrist für Neuwagen liege bei drei Monaten und habe sich nicht verändert.

Nach Angaben des Volkswagen-Konzerns betragen die Lieferzeiten für Neuwagen, die in Deutschland gefertigt werden, normalerweise zwischen zwei und drei Monaten. Im Zuge der WLTP-Umstellung könne es zu längeren Fristen kommen. Nach VW-Angaben liegen zurzeit für 20 Modelle Genehmigungen zum WLTP-Standard vor. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass für viele VW-Modelle die Freigabe noch aussteht. Insgesamt bietet VW rund 200 Modellvarianten an. Auch bei der VW-Tochter Audi stehen noch Genehmigungen aus.

Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Forschungsinstituts CAR an der Universität Duisburg-Essen, sagte, der VW-Konzern habe die größten Probleme mit der Umstellung. Daimler liege im Mittelfeld. BMW und ausländische Importeure hätten den Übergang am besten gemeistert. Er erwartet, dass einige Kunden bei sehr langen Lieferfristen abspringen.

Der ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker hält die Lieferengpässe bei einzelnen Fahrzeugtypen für ärgerlich. Das gelte für Privatkunden, die länger auf ihr Wunschauto warten. Für Betriebe könnten Verzögerungen bei der Auslieferung auch wirtschaftliche Folgen haben, so der ADAC.