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Der Batteriehersteller aus Ellwangen steckt in Schwierigkeiten. Kunden ziehen sich zurück, die Aktie verfällt. Aber: Ein Personalabbau ist tabu – noch!

Die Varta AG geht dem Ende eines miserablen Geschäftsjahres entgegen. Der Umsatz zum Ende 2022 werde zwischen 805 und 820 Millionen Euro liegen, sagte Vorstandssprecher Markus Hackstein anlässlich der Vorstellung der Zahlen des dritten Quartals. Im Vorjahr waren knapp 903 Millionen umgesetzt worden. Fatal ist jedoch der Rückgang beim bereinigten operativen Ergebnis (Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen). Es wird nur noch in einer Spanne zwischen 55 und 60 Millionen Euro erwartet – gegenüber knapp 283 Millionen im Vorjahr.

Als Hauptgründe für den massiven Einbruch nennt das Unternehmen die gleichen wie schon bei seiner Gewinnwarnung im September: gestiegene Rohstoff- und Energiepreise, die in hart umkämpften Märkten nicht komplett durchgereicht werden können, durch die Pandemie unterbrochene Lieferketten und die geschrumpfte Nachfrage nach sogenannten Coin-Power-Zellen, die in Headsets, Fitnesstrackern oder Kopfhörern verbaut werden. Die Mikrobatterien stecken unter anderem in Apples Airpods-Kopfhörern. Doch bei der neuesten Generation haben die Ellwanger ihren exklusiven Lieferantenstatus verloren. Einzig der Geschäftsbereich für Konsumentenbatterien und Heimspeicherlösungen läuft flott.

Mit Macht ins E-Auto-Geschäft?

Doch Varta will mehr: Eine neu entwickelte Rundzelle mit der Bezeichnung V4Drive soll den Markt für Elektroautos erobern, zunächst ausgehend vom Einsatz in Elektro-Sportwagen. Ende dieses Jahres soll eine erste Serienfertigungsanlage in Betrieb gehen; Abnehmer der neuen Zellen ist Medienberichten zufolge der Autobauer Porsche. Doch der geplante Bau einer neuen Fabrik am Standort Nördlingen liegt in Ermangelung weiterer Premiumkunden ab sofort auf Eis.

Die Aktionäre des seit 2017 börsengehandelten Unternehmens reagieren seit Monaten mit Verkäufen. Auch Insider sind dabei, ganz vorne der österreichische Mehrheitsaktionär und Varta-Aufsichtsratschef Michael Tojner, der sich von Anteilsscheinen in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe trennte.

Anleger wenden sich längst ab

Der Aktienkurs hat mit aktuell knapp über 30 Euro seit Jahresbeginn fast Dreiviertel seines Werts verloren. Shortseller wetten bereits auf weitere Verluste. Nun fehlt offensichtlich Geld für die Investitionen ins E-Auto-Geschäft, denn Varta ist zugleich mit fast 900 Millionen Euro verschuldet. Zur „Optimierung des Cashflows“, heißt es aktuell, sollen Lagerbestände abgebaut werden.

Ende September, wenige Tage nach der Gewinnwarnung, hatte Varta den langjährigen Vorstandschef Heribert Schein abberufen, Hackstein trat an dessen Stelle. Der neue Chef kündigte nicht nur den Stopp von Fabrikplänen zur Kostensenkung an, sondern die Einführung der Kurzarbeit am Standort Nördlingen. Das dürfte in der Stammbelegschaft für weitere Unruhe sorgen. Anfang Oktober hatte der Vorstand dem Betriebsrat auf dessen Anfrage schriftlich noch versichert, an Personaleinsparungen sei nicht gedacht, die Standorte seien sicher. So berichtet es Fabian Fink, Betriebsbetreuer für Varta bei der IG Metall Aalen. Mitten in den laufenden Tarifverhandlungen sei nun „die Verunsicherung besonders groß“.

Auch 2023 keine große Wende

So schnell dürfte sich das auch nicht ändern. Der Geschäftsausblick für 2023 verheißt keine schnelle Rückkehr zu glorreichen Vorjahren. Der Umsatz soll laut Vorstandsprognose dann zwischen 850 und 880 Millionen Euro liegen, der Gewinn zwischen 90 und 110 Millionen.