Die S-Bahn zwischen Ober- und Untertürkheim: Gleisbauarbeiten sind eine Ursache für Ausfälle und Verspätungen. Foto: Mathias Kuhn

Wie gut ist die S-Bahn? Antwort auf diese Frage geben neuen Zahlen der Bahn und der Bundesregierung – die Ergebnisse sind mitunter überraschend.

Stuttgart - Die Drucksache 19/4997 des Deutschen Bundestags erinnert an den Witz vom Telefonbuch, das jemand enttäuscht zurückgibt mit dem Hinweis: „Zu wenig Handlung.“ Das charakterisiert auch die in der Drucksache niedergeschriebene Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion über die Infrastrukturstörungen im Netz der S-Bahn Stuttgart, die auf 450 Seiten akribisch seit 2011 für alle Linien Störfäll für Störfall auflistet. Das Büro des Filderstädter Bundestagsabgeordneten und Verkehrsexperten Matthias Gastel hat diese Angaben ausgewertet, die auch deshalb auf Interesse stoßen dürften, weil an diesem Mittwoch, 10. April, im regionalen Verkehrsausschuss über die Qualität der S-Bahn 2018 debattiert wird.

Pünktlichkeit verschlechtert

Dabei hat sich nach den eigenen Zahlen der S-Bahn Stuttgart die Pünktlichkeit im Vorjahr gegenüber 2017 verschlechtert. In der Hauptverkehrszeit erreichten 78,4 Prozent der S-Bahnen ihr Ziel pünktlich oder maximal drei Minuten zu spät (2017: 79,3 Prozent), weniger als sechs Minuten verspätet waren 93,8 Prozent (2017: 94,5 Prozent). Den Verkehr rund um die Uhr betrachtet blieben 86,8 Prozent der S-Bahnen in der Drei-Minuten-Pünktlichkeit und 96,1 Prozent in der Sechs-Minuten-Pünktlichkeit. Damit erreichte der S-Bahn-Betreiber, ein Ableger der Deutschen Bahn, wie seit Jahren die mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarten Zielwerte nicht – vor allem bei der für Umsteiger wichtigen Drei-Minuten-Pünktlichkeit.

Bessere Noten für Sauberkeit und Sicherheit

Erstmals werden in der Sitzung auch die Werte für die Sauberkeit veröffentlicht: 94,4 Prozent der S-Bahnen erfüllten dieses Qualitätsmerkmal, im Vorjahr waren es 94,9 Prozent. Damit wird der Zielwert (92 Prozent) übertroffen. Und versteckt in der Vorlage für die Regionalräte gibt es auch die Bewertung der Fahrgäste, die in den Vorjahren noch zusammen mit den anderen Zahlen in einer eigenen Pressekonferenz präsentiert worden waren. Für die Pünktlichkeit sank die Note von 3,0 auf 3,2. Bei der Sicherheit stieg sie von 2,2 auf 2,1. Auch die Sauberkeit (2,4) wurde besser benotet als im Vorjahr (2,5). Die Note für die Information im Regelfall verbesserte sich von 2,7 auf 2,5, die für die Info bei Verspätungen sank von 3,1 auf 3,2.

Auswertung des Grünen-Politikers Gastel

Zu diesem seit Jahren immer wieder erhobenen Werten steuert Gastel nun erstmals die Ergebnisse seiner detaillierten Auswertung der Störfälle bei der Infrastruktur bei. Zwar beruhen nur rund ein Sechstel aller Verspätungen auf Infrastrukturstörungen, der großen Rest hat andere Ursachen: defekte Fahrzeuge, Menschen im Gleis, zu lange Haltezeiten wegen Fahrgästen im Türbereich. Aber die Infrastrukturstörungen geraten auch deshalb in den Blick, weil sie hausgemacht sind und gravierende Auswirkungen haben.

Gastels Zahlenkolonnen lassen sich in wenigen Kernsätzen zusammenfassen. 2011 war das Jahr mit den wenigstens, 2014 das mit den meisten Störungen. Seit Mitte des Jahrzehnts ist, so der Bundestagsabgeordnete, „ein positiver Trend bei der Zahl der Infrastrukturstörungen und den daraus resultierenden Verspätungen zu beobachten, wobei bei den Verspätungen die Werte von 2011 noch längst nicht wieder erreicht sind.“ Eindeutiger Spitzenreiter bei den Störungsursachen ist die Leit- und Sicherungstechnik, also Stellwerke, Signale und Weichen. Sie dominiert auch bei den Verspätungen, allerdings spielen hier auch Bauarbeiten eine große Rolle. Für Gastel ist damit klar, dass „eine Störung durch eine Baustelle deutlich mehr Verspätung erzeugt als eine durch die Leittechnik“.

Störungen wirken sich stärker aus

Interessant ist auch, dass sich die einzelnen Störungen Jahr für Jahr stärker auswirken – eine Folge der ständig steigenden Verkehrsleistungen durch dichteren Takt. Es sind also mehr Züge betroffen, und die Verspätungen pro betroffenem Zug wachsen. Lag dieser Wert 2011 noch bei 3,77 Minuten Verspätung pro Zug, so ist er bis 2018 auf 4,21 Minuten gestiegen. „Das erklärt, warum trotz etwa gleicher Störungszahl wie 2011 die dadurch erzeugten Verspätungen deutlich gestiegen sind“.

Dabei entstehen die Störungen nach der Auswertung Gastels weniger in den Außenästen, sondern vor allem an den Knoten wie dem Hauptbahnhof, dem Bahnhof Zuffenhausen und der Station Schwabstraße. Auf sie müsse die Bahn ihre Wartungsarbeiten konzentrieren, fordert Gastel. Aber auch die Baustellenplanung müsse optimiert werden.