Annkatrin Liebig, Charlie Stein und Hiroki Tsukiyama (v.l.) stellen derzeit in der Galerie im Burgenlandzentrum an der St. Pöltener Straße 29 aus. Foto: Susanne Müller-Baji

In der Burglandengalerie in Feuerbach beschäftigen sich Kunststudenten mit dem Wechselspiel zwischen der Welt und den Menschen. Was machen wir mit der Welt, was macht sie mit uns? Das ist hier die Frage.

Feuerbach - Transmembran”, die erfolgreiche Kollaboration des Feuerbacher Kunstvereins mit Studenten der Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste, geht in die dritte Runde: Dieser Tage eröffnete die Werkschau „Social Bodies and Their Framing“ – Soziale Wesen und ihre Umgebung. Der sperrige Titel soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Annkatrin Liebig, Charlie Stein und Hiroki Tsukiyama mit einem äußerst spannenden Thema befassen: Mit der Frage, was der Mensch mit der Welt macht, und die Welt im Gegenzug mit dem Menschen.

Konsumkritik mit kafkaesken Zügen

Charlie Steins Kurzfilm „Der Ruf der Wildnis“ zeigt zum Beispiel eine Frau mit Einkaufswagen, im Off lärmt der Supermarkt: Das Piepen der Kassenscanner, Gesprächsfetzen, das übliche graue Rauschen des Alltags. Allein – da ist niemand, denn in voller Absurdität spielt die Szene in einem Wald. Es folgt ein kurzes Innehalten, ein bewusstes Wahrnehmen der Waldgeräusche, Vogelgezwitscher in fast bedrohlicher Lautstärke. Dann geht es einfach weiter auf dem beschwerlichen Weg, mit dem Einkaufswagen über die Baumwurzeln. Ist das jetzt die Wildnis oder war es der Supermarkt? „Das hat ja schon kafkaeske Züge: Weitermachen, auch wenn es sinnlos ist“, sagt die Studentin dazu. Sie geht in ihrer Konsumkritik noch weiter: Der Einkaufswagen taucht ein weiteres Mal im Kabinett der Burgenlandgalerie auf, eingegossen in einen Betonblock. Und den scheinbar beliebig austauschbaren Verkäuferinnen gibt sie überdies in kleinen Aquarellen ein Gesicht.

Zusammenhänge werden in der Kunst ausgedrückt

Auch Hiroki Tsukiyama hält der Gesellschaft einen Spiegel vor. Seine aufwendigen Arbeiten sind allesamt in der Technik der asiatischen Lackmalerei gehalten: Bronze- und Silber-Staub, Blattmetall und Pigmente erhalten durch Japanlack eine hochglänzende Oberfläche. Wer genau hinsieht, entdeckt in „Fukushima“ sogar Eierschalen, die traditionell als mosaikartige Verzierung dienen. Ganz auf der Höhe der Zeit sind hingegen seine Sujets: Er bildet den dramatischen Absturz von Aktien- oder Wechselkursen ab, der mit gravierenden Ereignissen wie der europäischen Finanzkrise oder der Dreifach-Katastrophe von Fukushima einhergeht. Und während der große Holzschneider Hiroshige (1797 - 1858) die „Große Welle“ eines Tsunamis noch bildlich festgehalten hat, zeigt Tsukiyama die seismografischen Auswirkungen auf die Weltfinanzen – distanziert ist das und erschreckend zugleich.

Morgen sieht alles schon wieder ganz anders aus

Die dritte im Bunde, Annkatrin Liebig, erschafft aus Pappe ein Paralleluniversum – in einer scheinbaren Mischung von Faltkunst, fraktaler Mathematik und nostalgischer Erinnerung: Denn ihren Ausgang fanden die so genannten „Module“ mit der stilisierten Umsetzung von Familienfotos. Doch die so idyllische Strandszene entwickelte bald ihr eigenes Leben. „Eine Figur erhält Beine und läuft davon, eine Figur bekommt Brüste und wird zur Frau“, erklärt die Studentin die konstante Weiterentwicklung ihrer Arbeiten. „Aus dem Eis“, wie die Modulgruppe in der kleineren der beiden Kunstvereinsvitrinen tituliert ist, ist daher eine Momentaufnahme, die dem Betrachter schon morgen in einer anderen Konstellation begegnen kann. Als Abbild einer sich stetig wandelnden Welt.

Die Werkschau
in der Burgenlandgalerie, St. Pöltener-Straße 29, ist bis Sonntag, 19. Oktober, zu sehen. Geöffnet ist dienstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr. Am letzten Ausstellungstag gibt es von 15 Uhr an ein Kunstcafé.