Häppchen bereit, Weine temperiert – und die Infos kommen online. Foto: Sybille Neth

Weine zuhause am Bildschirm testen: Das sorgt für Überraschungen und selbst Kleinkinder und Hunde können dabei sein. Online-Verkostungen sind in Zeiten der Abstandsregel ein neuer Weg zum Kunden.

Stuttgart - Die Lacher hat man in jedem Fall auf seiner Seite, wenn man erzählt, dass man an einer Online- Weinprobe teilnimmt. „Wie soll das gehen: Der eine trinkt, und die anderen schauen zu?“ vermutet das Gegenüber. Vielleicht gibt es auch diese Version, aber beim Konzept, das sich das Team des Weinmusketiers in Degerloch ausgedacht hat, prosten sich alle gemeinsam zu und fachsimpeln über Farbe, Geruch und Geschmack, wie das bei einer Weinprobe eben so ist. Und die Formulierungen der Fachleute lassen einen ja immer wieder verblüfft zurück: „Guave auf der Zunge und ein leichter Hauch von Butter.“ Sommelier Thomas Schütz, der Musketier-Referent des Online-Abends, ist ein Meister darin. Seine Kollegin Rhena Köhler an der Regie sorgte dafür, dass keine Frage aus dem Chat unbeantwortet blieb und dass alle nach Plan ihre Gläser füllten.

Reibungslose Premiere

Der Weinladen ist bekannt für seine Events mit Musik, mit Speisen und Weinverkostungen zu bestimmten Themen. Corona hat das seit vielen Wochen vereitelt. Deshalb kamen jetzt die Weinhändler zum ersten Mal online zu ihren Kunden ins Wohnzimmer. 15 Weinfreunde und -freundinnen waren dabei und hatten sich vorab die vier spanischen Bioweine, die getestet wurden, im Laden abgeholt. Zwei Weiße, ein Rosé und ein Roter, dazu gab es den Link zum Tasting, eine Verkostungsliste für die eigenen Beurteilungen sowie den dringenden Hinweis: „Vergessen Sie nicht, die Weißweine und den Rosé kalt zu stellen.“ Eine Viertelstunde vor Beginn war „Einlass“, denn technisch war es auch eine Premiere. Alles klappte, und so konnten auch ein Kleinkind und ein Hund virtuell mit von der Partei sein. Und dann tauchte plötzlich noch ein Überraschungsgast aus Valencia auf: José Canto. Der Händler hat den Stuttgarter Weinmusketier-Chef Guido Keller bei mehren gemeinsamen Reisen auf den Geschmack der spanischen Tropfen gebracht.

Infos vom Mann aus Spanien

Canto spricht hervorragend Deutsch und sorgte so für diverse Aha-Effekte in den zugeschalteten Wohnzimmern. „Bio ist bei uns fast automatisch“, verriet er. Je südlicher das Anbaugebiet, desto größer sei die Garantie, dass ein Biowein eine gute Qualität habe. Pilzbefall wie hierzulande gebe es nicht, die spanischen Winzer müssen nicht spritzen. Man trank sich also mit viel Informationsfutter durch den Abend. Und der sehr besondere Rote zum Abschluss – ein Raw-Wein ohne jegliche Zusätze – hat zumindest in einem Wohnzimmer den nächsten Tag nicht erlebt.