Dieser Roboter hilft bei der Montage von Getrieben, wie bei dieser Präsentation in der Tec-Fabrik von Daimler gezeigt wird. Foto: Daimler

Kompakten Robotern, die in den Produktionshallen eng mit Menschen zusammenarbeiten, wird von Experten eine große Zukunft vorausgesagt. Bisher entwickelt sich dieser neue Markt aber langsamer als erwartet.

Stuttgart - Till Reuter ist auf Bill Gates nicht gut zu sprechen. Denn Gates, der als Mitgründer des US-Softwareriesen Microsoft sagenhaft reich geworden ist, spricht sich dafür aus, eine Steuer auf Roboter einzuführen. Gates weist darauf hin, dass dem Staat Steuern und Sozialausgaben verloren gehen, wenn menschliche Arbeit durch Roboter ersetzt werde. Die Robotersteuer soll einen finanziellen Ausgleich bringen. Damit könnten dann soziale Aufgaben wie Kinderbetreuung oder Pflege von Senioren finanziert und zugleich dafür gesorgt werden, dass die Automatisierung in der Arbeitswelt nicht zu schnell abläuft. Till Reuter verdient sein Geld mit Robotern. Er ist Chef des Augsburger Maschinenbauers Kuka und lehnt die von Gates in die Diskussion gebrachte Fortschrittsbremse rundweg ab. „Warum schlägt Gates denn keine Steuer auf Computer vor?“, fragt Reuter bei einer Konferenz der IG Metall zur Zukunft der Arbeit spitz.

Der Markt für Roboter wächst kräftig

Auf dem Markt für Roboter dominieren heute wuchtige Kolosse, die aus Sicherheitsgründen streng von den Beschäftigten getrennt sind. In der Autoindustrie schweißen sie funkensprühend Karosserieteile zusammen oder bauen schwere Windschutzscheiben ein. Insgesamt ist der Absatz von Robotern stark gewachsen. Im Jahr 2005 wurden nach Angaben des Branchenverbands IFR über alle Wirtschaftszweige hinweg weltweit rund 120 000 Industrieroboter verkauft, zehn Jahre darauf waren es etwa doppelt so viele.

Die Automobilindustrie zählt zu den wichtigsten Kunden. Etwa drei Viertel der weltweit installierten Industrieroboter stehen in den Fabriken der Autobauer, der Metall- und der Elektronikindustrie, berichtet Wilhelm Bauer, der Leiter des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), der zugleich Technologiebeauftragter des Landes ist. In Deutschland ist die Roboterdichte laut Bauer so hoch wie nirgendwo sonst in Europa. In produzierenden Unternehmen kommen demnach 301 Roboter auf 10 000 Arbeitnehmer.

Der Markt für kompakte Roboter entwickelt sich langsamer als erwartet

Kuka gilt als Weltmarktführer bei Robotern für die Automobilindustrie. Alin Albu-Schäffer, der an der TU München über Roboter forscht, sieht die Augsburger auch als Vorreiter bei der noch relativ jungen Spezies von kompakten gelenkigen Gesellen, die nicht abgesperrt in Käfigen, sondern Hand in Hand mit Beschäftigten ihre Arbeit verrichteten. Kukas Wettbewerber, wie etwa Fanuc, ABB und Bosch, ziehen laut Albu-Schäffer jedoch nach.

Kuka brachte vor einigen Jahren den Roboter Iiwa auf den Markt, der mit Menschen zusammenarbeitet. Der Roboter ist mit Sensoren gespickt, die dafür sorgen, dass er sanft stoppt, wenn ihm ein Mensch zu nahe kommt. Damit besteht keine Verletzungsgefahr. Die großen Erwartungen sind jedoch bisher nicht aufgegangen. Pro Jahr verkauft Kuka rund 1000 Roboter, die gemeinsam mit Menschen ihre Arbeit verrichten. „Wir hatten viel höhere Stückzahlen erwartet“, räumt Reuter ein und fügt hinzu. „Die Wirtschaftlichkeit lässt auf sich warten.“ Der Kuka-Chef zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass dieser neue Markt in Schwung kommen wird. „Dass Menschen mit feinfühligen Robotern direkt zusammenarbeiten, wird sich in vielen Bereichen durchsetzen, sei es in der Automobilproduktion, in der Pflege oder in anderen Dienstleistungsbereichen“, sagt Reuter voraus. „Ich glaube, dass dieser Markt sich ähnlich entwickelt, wie der der Smartphones.“

Derzeit laufen in den Fabriken vor allem Pilotprojekte

Auch Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer Robotik und Automation beim Maschinenbau-Verband VDMA sieht gute Perspektiven für diesen neuen Markt. „Die Robotik hat ein neues Kapital aufgeschlagen, das wird für Umwälzungen sorgen“, meint Schwarzkopf. „Vielleicht dauert es etwas länger als erwartet, aber die Entwicklung ist extrem spannend“, urteilt der VDMA-Experte.

Der baden-württembergische Technologiebeauftragte Bauer sieht ebenfalls ein großes Potenzial für Roboter, die Hand in Hand mit Menschen arbeiten. Damit könnten beispielsweise bei Montagearbeiten die Stärken von Mensch und Roboter zusammengeführt werden, indem der Roboter Arbeitsschritte übernehme, die ergonomisch anspruchsvoll und besonders belastend seien. Bei allen Autobauern liefen derzeit Pilotprojekte, der Einsatz im Serienbetrieb sei jedoch noch relativ gering. Bei Daimler unterstützt beispielsweise ein Roboter die Mitarbeiter beim Einbau der schweren Hybridbatterie, in Untertürkheim hilft er beim Einbau von Getrieberädern.

Nahezu alle Unternehmen hätten den Aufwand für die aus Sicherheitsgründen erforderliche Zertifizierung für den jeweiligen Einsatz der Roboter in der Fertigung unterschätzt, berichtet Bauer. Der Wissenschaftler rechnet mit deutlich sinkenden Preisen für Roboter und das erforderlich e Zubehör, also etwa Greifer sowie die Sicherheitstechnik. Dadurch werde die Wirtschaftlichkeit verbessert. Allerdings müsse auch die Programmierung noch vereinfacht werden. „Da muss noch viel passieren, damit man dem Roboter einfach Dinge beibringen kann, etwa durch einfaches Vormachen“, meint Bauer.

Die IG Metall fordert eine verstärkte Weiterbildung

Wie sich der zunehmende Einsatz von Robotern auf die Beschäftigung auswirken wird, lässt sich nach Einschätzung von IG-Metall-Chef Jörg Hofmann derzeit nur schwer abschätzen. Es gibt eine Vielzahl von Studien mit äußerst unterschiedlichen Ergebnissen – vom massiven Verlust von Jobs bis zum Aufbau zusätzlicher Stellen im Hochlohnland Deutschland dank einer steigenden Produktivität. Sogar eine Rückverlagerung der Produktion aus dem Ausland wird in manchen Studien in Aussicht gestellt. „Wer behauptet, exakt voraussagen zu können, wie sich der Robotereinsatz auf die Zahl der Arbeitsplätze auswirkt, betreibt Kaffeesatzleserei“, urteilt Hofmann. „In der Vergangenheit hat die Automatisierung nicht zu menschenleeren Fabriken geführt, in der Zukunft wird sie das auch nicht tun“, meint der Gewerkschafter. Zentral sei allerdings, so Hofmann, dass die Gewinne aus der Rationalisierung nicht allein den Profit der Unternehmen steigern, sondern dass sie in gute Arbeit investiert werden. Die Produktion müsse so gestaltet werden, dass die Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern eine interessante und sichere Arbeit ermögliche, fordert der IG-Metall-Chef. Dazu müsse die Weiterbildung verstärkt werden, vor allem bei Geringqualifizierten. „Bei ihnen besteht am ehesten die Gefahr, dass sie ersetzt werden“, meint Hofmann.