Rupert Stadler steht seit zehn Jahren an der Audi-Spitze und ist damit das dienstälteste Mitglied des Audi-Vorstands. Foto: dpa

Der Audi-Vorstand wird ordentlich durcheinandergewirbelt. Vier neue Vorstände sind berufen worden. Mit frischen Kräften soll der Autobauer wieder besser in Fahrt kommen. Audi-Chef Stadler behält seinen Job – zumindest vorerst, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Der Audi-Aufsichtsrat tauscht vier von sieben Vorständen auf einen Schlag aus. Genau genommen sind nun fünf von sieben Vorständen neu, denn auch Entwicklungsvorstand Peter Mertens, der von Volvo kam, ist erst seit Mai an Bord. Dies kann als Zeichen für eine wachsende Nervosität bei der Konzernmutter VW und den im Aufsichtsrat stark vertretenen Vertretern der Familien Porsche und Piëch gewertet werden.

Bei Audi läuft es derzeit alles andere als rund. Frische Kräfte sollen offenbar mehr Schwung bringen. Normalerweise findet solch ein radikaler Austausch in einer Krise statt, wenn ein neuer Vorstandschef sich das Team seiner Wahl zusammenstellt. Doch Audi-Chef Rupert Stadler behält seinen Job – zumindest vorerst.

Stadler steht seit zehn Jahren an der Spitze und ist damit das dienstälteste Mitglied des Audi-Vorstands. In diesem Jahrzehnt hat er ein erstaunliches Stehvermögen bewiesen. Immer wieder setzten Heckenschützen aus dem Konzern Gerüchte in die Welt, wonach seine Abberufung unmittelbar bevorstehe. Doch all diesen Gerüchten zum Trotz hielt sich Stadler bereits viel länger als seine Vorgänger.

Audi-Chef Stadler hat die Marktposition im vergangenen Jahrzehnt ausgebaut

Unter Stadlers Führung ist die Marktposition von Audi im vergangenen Jahrzehnt deutlich gestärkt wurde. Der Absatz hat sich nahezu verdoppelt. Auch das Image wurde aufpoliert. Die Marke mit den vier Ringen konnte sich fest im Kreis der Premiummarken etablieren. Dies hat dazu geführt, dass Stadler einen festen Rückhalt bei Wolfgang Porsche und anderen Mitgliedern des PS-Clans hat, der die Mehrheit der Stimmrechte bei der Konzernmutter VW hält.

Doch der Abgasskandal hat dazu geführt, dass Audi im Wettbewerb mit BMW und Mercedes-Benz zurückgefallen ist. Die VW-Tochter muss hohe finanzielle Belastungen für juristische Auseinandersetzungen und Rückrufe schultern.

Der Abgasskandal hat ferner dazu beigetragen, dass sich das Personalkarussell beim Posten des Entwicklungsvorstands bereits viel zu häufig drehte. Dies ist gefährlich in einer Zeit, in der die Autohersteller einen epochalen Wandel bewältigen, möglichst rasch alternative Antriebe sowie neue Mobilitätsdienstleistungen auf den Weg bringen müssen. Audi hatte hier im Vergleich mit BMW und Mercedes-Benz ohnehin Nachholbedarf.

Als wäre dies nicht schon genug, hat Audi in der ersten Hälfte dieses Jahres auch in China gefährlich geschwächelt. Die Wettbewerber haben von einem Streit der VW-Tochter mit Händlern profitiert. Dies führte dazu, dass der Gesamtabsatz in der ersten Jahreshälfte eingebrochen ist. Zwar versichert Audi, dass dieser Streit mittlerweile beigelegt sei. Im Juli war die Marke mit den vier Ringen in China wieder die Nummer eins. Es bleibt aber abzuwarten, ob dies nachhaltig ist.

VW kann es sich nicht leisten, dass Audi ernsthafte Probleme bekommt

Trotz aller Schwierigkeiten ist Audi alles andere als ein Sanierungsfall. Der VW-Konzern kann es sich aber auch nicht leisten, dass Audi ernsthafte Probleme bekommt. Denn die Marke mit den vier Ringen ist einer der wichtigsten Gewinnbringer des Wolfsburger Konzerns. Deshalb wurde bereits ein Sparprogramm gestartet, und der Druck zur Senkung der Kosten dürfte nun noch verstärkt werden.

Audi wird aber erst wieder richtig durchstarten können, wenn ein Schlussstrich unter den Abgasskandal gezogen werden kann. Noch ist das Ende dieses dunklen Kapitels der Unternehmensgeschichte nicht absehbar. Immer wieder werden neue Hiobsbotschaften bekannt. Und die Ermittlungen der Münchner Staatsanwälte könnten noch für manche weitere unliebsame Überraschung sorgen.