Kumar Selvarayan mit seinen Spulen, die die E-Auto-Welt verändern könnten. Foto: Ines Rudel

Das E-Auto braucht bald keinen Stecker mehr. Ein indischer Textilingenieur entwickelt ein System für Autos im Luxus-Segment, das die Batterie durch Induktion lädt.

Denkendorf - Eine Menge Menschen würden es Zukunftsmusik nennen, aber es ist weder Musik noch Zukunft. Ein Forscher der Denkendorfer Textilforschungszentren hat ein System entwickelt, mit dessen Hilfe sich E-Autos kabellos aufladen lassen. Das geschieht über eine Spule, die im Boden verankert ist.

Der Zaubertrick heißt Induktion. Ein elektrisches Feld in einer Spule aus Kupferdraht lässt in einer benachbarten Spule wieder Strom fließen. Mit diesem Strom etwa kann die Batterie eines E-Autos geladen werden. Genutzt wird diese Technik schon bei Handys und bei Herzschrittmachern, bei letzteren ist es besonders elegant, weil man den Patienten keine Operation mehr zumuten muss, wenn die Batterie des Schrittmachers leer ist. Dabei sind elektrische Felder Phänomene, denen man von der Türklingel bis zum Elektromotor überall begegnet.

Das Auto wird durch Induktion geladen

Das Gerät, das Kumar Selvarayan entwickelt hat, sieht aus wie eine Bratpfanne, die statt eines Stiels mit Drähten bewehrt ist. Sie ist direkt auf den Unterboden eines E-Autos geschraubt. Wenn der Fahrer sein E-Auto in die Garage rollt, kommt es auf einer zweiten Spule zum Stehen, die in den Boden der Garage eingelassen ist. Durch die elektrische Induktion wird das Auto geladen. Kumar Selvarayan hat das Gerät bereits getestet. Es dauert etwa vier Stunden, bis ein Auto geladen ist. Weil es viele Menschen vielleicht doch vorziehen, die billigeren Kabel und Stecker zu benutzen, ist das Gerät auch eher für Luxus-Autos gedacht.

Kumar Selvarayan, 34, kommt aus Südindien. Er hat in Neu-Delhi Textiltechnik studiert und sich dort auf Fasertechnik spezialisiert. Damit ist er zum Spezialisten für glasfaserverstärkte Kunststoffe (GfK) geworden und der Weg in die Automobilindustrie war vorgezeichnet. Denn die GfK kommen überall zum Einsatz, wo Leichtbau gefordert ist. Im Bootsbau und im Caravaning sind die GfK bereits Standardbauweise.

Seine Kenntnisse kommen ihm dabei doppelt zu Gute. Zum einen, weil das Gerät ein Gehäuse aus GfK besitzt, und zum anderen, weil die Kupferlitze nicht wie in herkömmlicher Bauweise um einen Metallkern gewickelt ist, sondern auf ein Stoffstück gestickt ist, der Gewichtsersparnis halber. Dabei taugt das System nicht nur für die Garage. Denkbar wäre sogar, dass man das Auto kurz an der Ampel nachlädt, oder Induktionsschleifen in Straßen einbaut. So könnte man sogar beim Fahren die Batterie laden. Aber das ist wirklich Zukunftsmusik – noch.