Straßenbeleuchtung mit Verstand: Bei einem Test hat die Lichtkünstlerin Siegrun Appelt mit wenigen, aber gezielten Spots den Turm der Ludwigsburger Friedenskirche in Szene gesetzt. Foto: Siegrun Appelt

Gegen den Lichtsmog: Die Stadt will mit einem neuen Konzept die Straßenbeleuchtung revolutionieren. Dass dafür eine Lichtkünstlerin angefragt worden ist, betrachten CDU und Freie Wähler mit Skepsis.

Ludwigsburg - Slow Food, slow Carb – wenn es ums Essen geht, wissen wir die Langsamkeit schon länger zu schätzen. Doch nun soll in Ludwigsburg auch ein „Slow Light“ Einzug halten. „Ein langsames Licht gibt es nicht“, scherzte SPD-Stadtrat Dieter Juranek: „Das Licht wird immer 300 000 Kilometer pro Sekunde zurücklegen.“ Tatsächlich würde ein Begriff wie Low Light auch besser umschreiben, was die Stadtverwaltung beabsichtigt: Der von der Straßenbeleuchtung verursachte Lichtsmog soll verringert werden.

Nach Aussage von Stadtplaner Martin Kurt, der das Konzept im Bauausschuss vorstellte, vollzieht Ludwigsburg mit Slow Light einen Strukturwandel: „Bisher haben wir vor allem danach geschaut, dass die Laternen gut aussehen, jetzt legen wir den Schwerpunkt auf das, was sie ausleuchten.“ Um zu unterstreichen, dass es um mehr als ein paar neue Straßenlampen geht, machen das Stadtplanungsamt und die Fachbereiche Tiefbau und Grünflächen sowie Kunst und Kultur gemeinsame Sache. Und damit nicht genug, haben sie auch eine Lichtexpertin ins Boot geholt: die österreichische Medienkünstlerin Siegrun Appelt.

Nachhaltigkeit wichtiger

Für die richtige Ausleuchtung einer Stadt brauche es keine Künstler, „das kann auch ein Elektroinstallateur“, sagte der CDU-Stadtrat und Inhaber eines Unternehmens für Elektrotechnik, Reinhold Noz. Er befürchtet, dass alles Künstlerische nur die Kosten hochtreibe. Stattdessen sei es viel wichtiger, die neuesten Produkte der Herstellerfirmen zu kennen. „Jetzt setzen bei uns alle auf LED, aber in den USA geht die Entwicklung schon wieder woanders hin“, sagte Noz. Auch die Freien Wähler möchten „nicht groß auf die Kunstschiene aufspringen“, sagte Andreas Rothacker. „Uns ist vor allem die Nachhaltigkeit wichtig.“

Es gehe nicht darum, Kunstwerke zu installieren, sagte die Kulturamtsleiterin Wiebke Richert. Auch wenn eine Kunstauktion den ersten Anstoß für das Konzept geliefert habe. Ihr wie auch anderen Rathausmitarbeitern habe das 2016 von der Kulturregion Stuttgart initiierte Lichtkunstfestival „Aufstiege“ die Augen geöffnet. „Es hat viel von der emotionalen Wirkung von Licht aufgezeigt“, sagt Richert. Eine der Fragestellungen damals habe gelautet: Wie kann man den öffentlichen Raum ins rechte Licht rücken? Seither stehe die Stadt in Kontakt mit Siegrun Appelt.

Es gehe in erster Linie um „intelligentes Licht“, sagte Ulrike Schmidtgen vom Fachbereich Tiefbau. „Was wir wollen, sind Leuchten ohne Blendwirkung.“ Der Rathausplatz sei „ein dunkles Loch“, sagt Elga Burkhardt (Lubu). Noch immer gebe es in der Stadt „zu viele Zonen, die nicht klar zu erkennen sind“, pflichtete Kurt bei. Und fügte selbstkritisch an: „Obwohl wir zum Beispiel am Rathausplatz erst vor wenigen Jahren neue Lampen installiert haben.“ Aber man habe aufs falsche Pferd gesetzt, darum sei eine Kurskorrektur überfällig.

Nachts auf dem Marktplatz

Die neuen Leuchten sollen zunächst am Neubaugebiet Römerhügel aufgestellt werden, außerdem seien Tests im Grünzug Pflugfeldens geplant. Eine erste Bewährungsprobe verspreche er sich von der neuen Ausleuchtung des Rathausplatzes, sagt Kurt. Danach sei dann der Marktplatz an der Reihe. Eine Aussicht, die die Slow-Light-Befürworter besonders begeisterte.

„Das ist eine wichtige Sache“, sagte Christine Knoß (Grüne). Es gehe nicht nur darum, die Sicherheit zu erhöhen, sondern auch um den bewussten Umgang mit Licht: „Wir wollen nicht länger den Weltraum ausleuchten.“ Wo eine Umrüstung ohnehin anstehe, sei es sinnvoll, meinte Juranek. Sie freue sich auf den Tag, an dem der Marktplatz seine Schönheit auch nachts entfalte, sagte Burkhardt: „Und ich finde es gut, dass wir dafür eine Fachfrau gefunden haben.