Paul Rothwein zeigt das Modell der neuen Skulptur. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Der Besinnungsweg in Oeffingen bekommt im Juli eine neue Station. Das achte von zwölf Kunstwerken heißt „Abschalten“ und ist ein geknickter Strommast.

Oeffingen - Das Jahr 2016 könnte für den Besinnungsweg in Oeffingen als besonderes Datum in die Annalen eingehen. Die Zeichen stehen gut, dass zwei weitere Kunstwerke den 2,4 Kilometer langen Weg säumen. Bereits fest steht, dass am 8. Juli das Kunstwerk mit dem Titel „Abschalten“ der Künstlergruppe „inges idee“ aus Berlin eingeweiht wird. Und wenn alles gut geht, kommt im Spätherbst eine Skulptur mit dem Titel „Frieden“ hinzu. Sie stammt von dem in Tel Aviv lebenden Bildhauer Dani Karavan. Er ist 85 Jahre alt und gestaltete unter anderem das Mahnmal für die im Hitler-Regime ermordeten Roma und Sinti in Berlin. Paul Rothwein, Chef des Fördervereins Besinnungsweg, strahlt: „Der Vertrag mit Karavan ist unterschrieben.“ Der Förderverein war seit langem mit ihm in Verhandlungen, das Grundstück für die mehrteilige Boden-Skulptur steht fest.

Die Skulptur wir am 8. Juli eingeweiht

Doch zunächst konzentrieren sich die Mitglieder des Fördervereins, allen voran ihr Vorsitzender, auf einen abgeknickten Strommasten. Er wird auf einem Trafo-Häuschen ruhen und das achte von insgesamt zwölf vorgesehenen Kunstwerken auf dem 2011 begonnenen Besinnungsweg. Der Entwurf stammt von der Berliner Künstlergruppe „inges idee“. Enthüllt und feierlich eingeweiht wird die Skulptur am Freitag, 8. Juli. Diesen Termin hatte der Förderverein ursprünglich für die Traditions-Veranstaltung „Kunst & Licht“ freigehalten.

Jetzt wird daraus ein Doppel-Event. Um 19.30 Uhr wird das Kunstwerk „Abschalten“ der Öffentlichkeit übergeben. Danach schließt sich „Kunst & Licht“ bei einem Glas Fellbacher Wein vor dem für diesen Anlass LED-beleuchteten Masten an. Für die Musik sorgt das Duo Christoph Beck am Saxophon und der Fellbacher Percussionist Hans Fickelscher, Kulturamtsleiterin Christa Linsenmaier-Wolf liest Texte.

Die Arbeiten auf dem Gelände beginnen nach den Pfingstferien

Abschalten kann Paul Rothwein, um im Bild zu bleiben, in den nächsten Wochen wohl eher nicht. Gleich nach den Pfingstferien wird mit den Arbeiten auf dem Gelände im unteren Bereich des Besinnungsweges begonnen. Zunächst werden die Fundamente für das symbolische Trafo-Häuschen ausgegraben, dann wird das vier auf vier Meter große Häuschen betoniert. An den Einzelteilen für den abgeknickten Strommasten arbeitet derweil die Metallbaufirma Jerger in Waiblingen. Sie hat auch schon 2013 die Metallskulptur „Freiheit“ von Henk Visch umgesetzt. Die Künstler von „inges idee“ haben ihre Skulptur aus einem gängigen Strommasten entwickelt. „Die vorgegebene konstruktive Ordnung des Mastes wird nicht zerstört, sondern in eine abstrahierte anthropomorphe Gestalt gebracht und bildet so ein surreales Paradoxon, welches sich zwischen Rationalität und eigenem Willen bewegt,“ erklären sie ihre Skulptur, die rund sieben Meter breit und zusammen mit dem Trafo-Häuschen knapp 9,50 Meter hoch wird. „Strom fließt und braucht eine Leitung. Strommasten gibt es nicht einzeln, sie treten immer im Verbund auf“, erläutern sie ihr Werk, das viele Betrachter zunächst zum Schmunzeln bringen wird.

Das Kunstwerk will zum Innehalten motivieren

Der „Neue“ in Oeffingen ist „aus der Reihe ausgerückt, unterbricht die Leitung und verschnauft.“ Seine von Feldern und Wiesen umgebenen „Artgenossen“ erscheinen dem Betrachter plötzlich in einem anderem Licht. „Ein Erfüllungsgehilfe, dessen Müßiggang Konsequenzen beinhaltet, da er die Leitung unterbricht.“ Im Innehalten, dem Abschalten von permanenten Pflichten sieht „inges idee“ ein großes Potenzial ihres Kunstwerks, das „wie ein Wanderer gesehen werden kann, der auf einem Stein sitzt und die Beine entspannt in der Luft baumeln lässt“.

Der Oeffinger Mast steht nicht mehr „unter Strom“ sondern befindet sich in einem kontemplativen Zustand. „Hier, an der Wegkreuzung, scheint er nachzu-sinnen, welchen Weg er einschlagen soll.“

Über Geld spricht der Vorsitzende des Fördervereins nicht

Der Förderverein Besinnungsweg weiß genau, welchen Weg er eingeschlagen hat. Über Geld will Paul Rothwein wie immer nicht reden. „Wir können die Skulptur von ‚inges idee‘ aus der Vereinskasse bezahlen,“ verrät er. Die ist auch deshalb gut gefüllt, weil Rothwein, der letztes Jahr seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, sich zum Fest Geldspenden für den Besinnungsweg gewünscht hatte. 15 000 Euro sind so zusammen gekommen. „Auch Herrn Karavan haben wir schon eine erste Rate überwiesen,“ sagt Rothwein. Wahrscheinlich nimmt der Verein für den Rest von „Frieden“ erstmalig einen Kredit auf. „Das wäre bei den derzeitigen niedrigen Zinsen leistbar.“

Der Besinnungsweg in Oeffingen ist im Jahr 2011 gestartet worden, um den Plänen für den Nord-Ost-Ring eine kulturelle Barriere entgegenzusetzen. Er verläuft in einem Zick-Zack-Kurs über die Trasse, die jetzt mit Planungsrecht wieder im Bundesverkehrswegeplan enthalten sein soll.