Das Fahren abseits der Pisten wird immer  beliebter - doch im alpinen Gelände drohen viele Gefahren.

Stuttgart - Schaut man sich in Skigebieten um, dann sieht man Spuren im Schnee, wo vor 15 Jahren noch keine gewesen wären. Kein Wunder, denn auch in Sportgeschäften finden sich Skimodelle, die es vor 15 Jahren so noch nicht gab. Freeriden nennt sich der Trend, auf breiten Skiern abseits der Pisten zu fahren.

Durch Tiefschnee schwungvoll über die Hänge zu gleiten - das war früher nur den absoluten Könnern vorbehalten. Doch durch Neuentwicklungen bei den Skimodellen hat sich das geändert. Breitere Ski ermöglichen auch weniger geübten Wintersportlern Erfolgserlebnisse im Pulverschnee. Hatte ein handelsübliches Modell früher eine Breite von etwas über 60 Millimetern unter der Bindung, erreichen moderne Freeride-Ski eine Mittelbreite von bis zu 140 Millimetern. Das Mehr an Material sorgt für Auftrieb im Tiefschnee und erleichtert so das Fahren im Gelände.

Immer mehr Skifahrer bewegen sich deshalb abseits markierter und gesicherter Pisten und genießen beim Freeriden sozusagen die Urform des Skifahrens. So unvergesslich und einmalig eine Abfahrt im frischen Pulverschnee ist, so unberechenbar und tödlich sind die Gefahren, die auf unerfahrene Freerider lauern. "Wer im Gelände Ski fährt, muss auf alpine Gefahren vorbereitet sein", warnt Holger Dörsam, Geschäftsführer von Sport65, einem Skireiseveranstalter und Sportfachgeschäft in Weinheim. Dörsam bietet deshalb spezielle Freeride-Reisen an, bei denen größter Wert auf Sicherheit gelegt wird.

"Wir lassen keinen ohne Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Sonde und Schaufel ins Gelände", erklärt Holger Dörsam. "Außerdem bieten wir allen Reiseteilnehmern ein Lawinenseminar an." Dabei wird den Teilnehmern nicht nur der richtige Umgang mit LVS-Gerät und Sonde erklärt. "Wir wollen den Skifahrern auch lebenswichtiges Wissen vermitteln", erklärt der Skiprofi. Wie deutet man den Lawinenlagebericht, welche Hänge sind besonders gefährdet, welche sicher. Diese Informationen seien sogar noch wichtiger als jedes Equipment. "Wir wollen gar nicht erst in gefährliche Situationen kommen und vermitteln deshalb, wie sich alpine Gefahren von Anfang an minimieren lassen", sagt Holger Dörsam.

Rechtlich gibt es für Skifahrer in den Alpen fast keine Einschränkungen. Skifahren ist überall da erlaubt, wo es nicht explizit verboten ist wie in Naturschutzgebieten. In den USA stellt sich die Situation anders dar. Dort ist im Skigebiet alles erlaubt, das Verlassen des markierten Skiraums ist aber ausdrücklich verboten.

Wer sich also entschließt, sein Glück im Pulverschnee zu suchen, sollte sich am besten an erfahrene Bergführer halten. Gute Anlaufstellen sind dabei die Ski- und Bergsportschulen in den Wintersportgebieten. Nach Ansicht von Holger Dörsam ist ein Bergführer allein nur die halbe Miete. "Bei uns wird jede Gruppe von einem staatlich geprüften Bergführer und einem weiteren Guide oder Skilehrer begleitet." Während der Bergführer vor der Gruppe fährt und die Route auskundschaftet, fährt der zweite Profi hinter der Gruppe her. Sollte also ein Teilnehmer stürzen, wird sofort geholfen.

Wer sich ohne professionelle Hilfe ins Gelände wagt, sollte einige lebenswichtige Grundregeln beachten. Die Grundausrüstung aus LVS-Gerät, Sonde und Schaufel darf niemals fehlen. Dieses Equipment dient zur sogenannten Kameradenrettung, denn die zweite Regel lautet: Fahr niemals alleine ins Gelände.

Das Tragen von sogenannten ABS-Rucksäcken hält Holger Dörsam nicht für sinnvoll. Diese Rucksäcke enthalten Luftpolster, die sich im Notfall aufblasen. So soll bei einem Lawinenabgang verhindert werden, dass der Betroffene verschüttet wird. An sich ein wirkungsvolles System, die Teilnehmer "fahren bei uns aber grundsätzlich ohne Lawinen-Airbag", sagt Dörsam. Seiner Ansicht nach ist es nämlich fraglich, ob ein Lawinenopfer im entsprechenden Moment in der Lage ist, das System rechtzeitig auszulösen.

Hat man wichtige Sicherheitsfragen geklärt und einen ortskundigen Bergführer gefunden, bleibt die Frage nach dem richtigen Ski. Die Auswahl an Freerideski ist enorm. Es gibt fassdaubenartig aufgebogene, sogenannte Rocker-Ski. Andere Modelle werden dagegen ähnlich konstruiert wie die alpinen Rennmodelle. Welcher Ski zu einem passt und den meisten Fahrspaß bietet, muss jeder selbst herausfinden. Das geht entweder durch das Testen von Mietski oder durch professionelle Beratung im Fachgeschäft.

Wer als Skifahrer eine schwarze Abfahrt ohne große Probleme bewältigt und über eine gewisse Grundausdauer verfügt, der kann beim Freeriden sein Glück finden. Vorausgesetzt, man lässt die möglichen Gefahren nicht außer Acht.