Das Miteinander macht Menschen stark – und davon gibt es viel in Kornwestheim. Foto: photothek/Ute Grabowsky

Um sich an einem Ort geborgen zu fühlen, braucht es Menschen, die nicht nur für das Ich, sondern auch für das Wir leben. In der Serie Heimspiel stellen wir solche Menschen aus Kornwestheim vor.

Zum 15. Mal hatte Andrea Berg im Juli zu ihren Heimspielen in den Fautenhau nach Großaspach eingeladen. Mit den Megakonzerten direkt vor der Haustür drückt die Sängerin die Verbundenheit zu dem Ort aus, an dem sie sich wohlfühlt und an dem sie seit vielen Jahren zuhause ist.

Zu Heimspielen lädt auch die Kornwestheimer Zeitung in den kommenden Monaten ein. Und zwar jeden Mittwoch. In unserer Serie werden wir Menschen vorstellen, die in Kornwestheim in ganz unterschiedlichen Bereichen Großes leisten, indem sie sich für ihre Mitmenschen und ihre Heimat engagieren. Oftmals im Verborgenen. Darüber hinaus unterstreichen wir mit der Serie auch unsere Verbundenheit zu der Stadt, in der unsere Lokalredaktion seit 114 Jahren vor Ort ist und ihre Heimat hat.

Viele Definitionen des Heimatbegriffes

Aber was ist das eigentlich – Heimat? „Heimat ist da, wo ich verstehe und verstanden werde“, sagte einst der deutsche Philosoph Karl Jaspers. Eine Definition, die auch heute, mehr als 50 Jahre nach seinem Tod, gern und oft zitiert wird. Wenngleich es nur eine von vielen möglichen und oft sehr individuellen Beschreibungen ist.

Heimat sei eine Haltung, führte beispielsweise der Soziologe Hartmut Rosa bei einer Tagung der Landeszentrale für politische Bildung vor knapp zwei Jahren im Stuttgarter Hospitalhof aus. Mit ihm auf dem Podium saß damals die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Und die erklärte, dass sie den Begriff Heimat mit positiven Emotionen verbinde. Sich wohlfühlen, sich daheim fühlen, berührt sein, an einen Ort kommen, an dem man alles kennt. „Das ist Heimat“, sagte Muhterem Aras.

Hätte Herbert Grönemeyer mitdiskutiert, hätte er womöglich widersprochen. Denn in seinem Song „Heimat“ bezeichnet der in Bochum aufgewachsene Musiker den Begriff nicht als Ort, sondern als Gefühl.

Heimat ist ein Gefühl

Und was sagt der Duden? Der definiert Heimat als „Land, Landesteil oder Ort, in dem man geboren und aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt – oft als gefühlsbetonter Ausdruck enger Verbundenheit gegenüber einer bestimmten Gegend“. Eine Verbundenheit, die das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt in einer Zeit, in der immer mehr Menschen rastlos und ruhelos durch ihren Alltag hasten. Und in einer Zeit, in der die Digitalisierung und Globalisierung uns oft unserer Wurzeln entreißen.

Jutta Allmendinger ist Soziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Sie hat in der so genannten Vermächtnisstudie erforscht, was Deutschen wichtig ist und was sie an nachfolgende Generationen weitergeben möchten. Heimat spielt dabei eine wichtige Rolle. Die große Mehrheit der mehr als 3 000 Befragten im Alter von 14 bis 80 Jahren sieht Heimat als Ort, an dem man sich geborgen fühlt, an dem die Familie lebt, an dem man aktuell wohnt und seine Freunde hat.

Vereine sind Kulturerbe

Und um sich an einem Ort geborgen zu fühlen und dort Gemeinschaft zu spüren, braucht es Menschen, die nicht nur für das Ich, sondern auch für das Wir leben und sich in Privatinitiativen, Organisationen oder in Vereinen ehrenamtlich engagieren. Apropos Vereine. 2018 hat die Unesco die traditionsreichen Amateurmusikvereine des Landes als immaterielles Kulturerbe gewürdigt. Vor einem Jahr wurde die deutsche „gemeinwohlorientierte Sportvereinskultur“ ebenfalls in das Verzeichnis aufgenommen.

Gesellschaft braucht das Ehrenamt

Mehr als 31 Millionen Menschen engagieren sich in Deutschland ehrenamtlich. Dabei geht es um mehr als um gute Taten, ist Stine Albers überzeugt. Die 37-jährige Erziehungswissenschaftlerin forscht im Bereich der Kultur- und Sozialpsychoanalytik und lehrt an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg Grundschulpädagogik für das Fach Sachkunde – früher bekannt als Heimatkunde. Zum Begriff Heimat hat Albers indes eine durchaus kritische Distanz. Er werde, betont sie, idealisiert und bisweilen zu Werbezwecken funktionalisiert. Gleichwohl gebe der Begriff in Zeiten der Globalisierung und der Unsicherheit Halt, gerade auch in der Coronapandemie, räumt die Juniorprofessorin ein. Ebenso wie das Ehrenamt. „Die Gesellschaft würde nicht funktionieren, wenn wir den solidarischen Gedanken des Ehrenamtes nicht hätten“, glaubt Stine Albers.

Ehrenamt braucht Wertschätzung

Eine Form der Arbeit und ein Einsatz von Menschen für andere, der jedoch alles andere als selbstverständlich und auch keineswegs ein Selbstläufer ist. Ehrenamtliches Engagement braucht bisweilen auch die Einbindung in Organisationsabläufe und Netzwerke. Es darf zudem nicht nur ein Lückenfüller im Versorgungssystem sein, sondern bedarf vor allem einer Anerkennungskultur – und zwar nicht nur am 5. Dezember, dem bundesweiten Tag des Ehrenamtes. „Nicht alles ist ökonomisierbar in unserer Gesellschaft“, betont Stine Albers. „Eine Wertschätzung des Ehrenamtes ist wichtig.“

Und genau das wollen wir mit unserer Serie Heimspiel tun. Wir wollen eben jenen Helden des Alltags unsere Wertschätzung zeigen, Anerkennung zollen und ihnen damit Danke sagen. Ihnen, die stellvertretend für zig Tausende von Menschen in Kornwestheim stehen und jeden Tag aufs neue Großes leisten.

UNSERE NEUE SERIE HEIMSPIEL

Wer?
In der Serie Heimspiel stellen wir Persönlichkeiten vor, die sich im Verbreitungsgebiet der Kornwestheimer Zeitung für ihre Mitmenschen engagieren und damit das Miteinander stärken Und zwar ganz egal, ob in Vereinen, Kirchen, Organisationen oder in Privatinitiativen. Wir stellen Helden des Alltags vor und fragen sie auch, was Heimat für sie bedeutet und was der Ort, in dem sie leben, ihnen bedeutet.

Wann?
Die Serie Heimspiel erscheint immer mittwochs. Los geht’s am 14. September. Die Porträts erzählen über die Menschen, die sich in ihrem Ort engagieren ebenso wie über ihre Beziehung zur Heimat