Als eine der ersten Kommunen in Baden-Württemberg will die Stadt Kirchheim (Kreis Esslingen) eine sogenannte Schulzone einrichten. Jetzt ist diese für einen Tag erprobt worden.
Autos, die direkt vor der Schule halten, rangieren und in waghalsigen Manövern wenden sind Alltag in vielen Kommunen im Land – auch in Kirchheim. Hier will man nun eine sogenannte Schulzone vor den Freihof-Schulen einrichten, um Elterntaxis zu verbannen und den Schulweg damit sicherer zu machen. Möglich macht das ein neuer Erlass des Verkehrsministeriums. Mit einer großen Aktion ist das neue Konzept am Mittwoch für einen Tag erprobt worden.
Autos sind am Mittwoch in der Wollmarktstraße vor dem Freihof-Schulkomplex in Kirchheim verboten. Stattdessen sind hier verschiedene Stationen aufgebaut: Ein Hüpfspiel gibt es, eine Slackline und ein Ratespiel zum Thema Sicherheit. Zudem sind auf großen Monitoren Präsentationen zu den Wünschen der Schülerinnen und Schüler für die Wollmarktstraße zu sehen – diese wurden in Workshops in der vergangenen Woche erarbeitet und aufbereitet. Nun werden sie den zahlreichen Gästen präsentiert, darunter auch Verkehrsminister Winfried Hermann und Innenminister Thomas Strobl.
Schüler fordern mehr Platz für Fußgänger vor Kirchheimer Schulen
Schnell wird klar: So, wie es jetzt ist, soll es nicht bleiben. Die Schülerinnen und Schüler kritisieren, dass den Autos auf der Wollmarktstraße viel zu viel, Radfahrenden und Fußgängern hingegen viel zu wenig Platz eingeräumt werde. Zudem seien die Autos oft deutlich zu schnell unterwegs. Statt der Parkplätze für Autos wünschen sich die Schüler Fahrradständer und Bänke sowie mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer.
Die Straße könne mit absenkbaren Pollern für den Autoverkehr gesperrt und Anwohnern könne mit Hilfe automatischer Kennzeichen-Erkennung die Durchfahrt gewährt werden, so die Idee der Kinder und Jugendlichen. Und wenn Eltern ihre Kinder dennoch partout mit dem Auto zur Schule bringen wollten, könnten sie dies in eigens eingerichteten Hol- und Bringzonen tun, die man künftig auch noch ausweiten könne.
Land will Einrichtung von Schulstraßen und Schulzonen erleichtern
Mit ihren Vorschlägen rennen die Schülerinnen und Schüler bei den Ministern offene Türen ein. Diese Probleme gebe es an vielen Schulen im Land, so Verkehrsminister Hermann. Genau deshalb habe man den neuen Erlass erarbeitet, der die Einrichtung von Schulstraßen und Schulzonen erleichtern soll. „Wir wollen, dass ihr euch bewegt, selbstständig seid und frisch in die Schule kommt“, so Hermann. „Kinder haben das Recht, gesund zur Schule zu kommen“, ergänzt Innenminister Strobl.
Im August hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg den Städten und Gemeinden im Land mit einem neuen Erlass ermöglicht, Schulstraßen und Schulzonen rechtssicher und einfach einzurichten. Kirchheim gehört zu den ersten Kommunen, die dies in die Praxis umsetzen wollen. Verkehrsminister Hermann zeigt sich am Mittwoch beeindruckt von der beispielhaft gesperrten und vorübergehend zur Schulzone umfunktionierten Wollmarktstraße und den Ideen aus der Schülerschaft: „Ich würde sagen, eure großartigen Vorschläge sind nahezu eins zu eins umsetzbar“, lobt er.
Kirchheim will Schulzone im kommenden Jahr einrichten
Andrea Bizer, Leiterin der Freihof-Grundschule, erklärt: „Die Verkehrssituation in der Wollmarktstraße beschäftigt die Schulgemeinschaft schon lange.“ Denn durch den regen Bring- und Holdienst der Eltern entstünden immer wieder gefährliche Situationen, bei denen die Grundschülerinnen und Grundschüler als kleinste Verkehrsteilnehmer schnell übersehen werden könnten. Im Jahr 2022 habe man die Wollmarktstraße bereits einseitig gesperrt in der Hoffnung, den Verkehr damit einzudämmen. „Aber es gibt immer noch sehr viele Elterntaxis, die jetzt auch noch waghalsig wenden“, so Bizer. Damit soll bald Schluss sein: Der Kirchheimer Oberbürgermeister Pascal Bader kündigt bei der Aktion am Mittwoch an, die Schulzone vor den Freihof-Schulen im kommenden Jahr einrichten zu wollen. Damit wird die Stadt landesweit zu den Vorreitern gehören.
Schulstraßen und Schulzonen
Erlass
Mit einem neuen Erlass hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg Ende August klare rechtliche Grundlagen dafür geschaffen, dass Kommunen Schulstraßen und Schulzonen rechtssicher und ohne größeren bürokratischen Aufwand einführen können. Bei Schulstraßen werden ein oder mehrere Straßenabschnitte vor einer Schule für einen begrenzten Zeitraum – etwa zu Schulbeginn und Schulende – für den motorisierten Verkehr gesperrt. Bei Schulzonen wird die Straße dauerhaft für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt.
Beratung
Das Landesprogramm „Movers – Aktiv zur Schule“ unterstützt die Schulen unter anderem bei der Schulwegplanung. Seit 2025 berät und begleitet Movers auch Vorbereitungen für die Einrichtung von Schulstraßen oder Schulzonen.