Wenn Ferien sind, heißt das nicht, dass in der Schule nichts passiert. Die Vorbereitungen zum Start ins neue Schuljahr läuft allmählich auf Hochtouren. Foto: dpa/Patrick Pleul

Nach den Ferien starten Baden-Württembergs Schulen mit einer neuen Software ins nächste Schuljahr. Was bei diesem überfälligen Modernisierungsschritt noch fehlt.

Schon seit dem Jahr 2006 laboriert das Land Baden-Württemberg an der Einführung einer einheitlichen Schulverwaltungssoftware herum. Sechzehn Jahre nach dem Projektstart wird jetzt wenigstens ein Teil davon Wirklichkeit: Jetzt müssen alle öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg das offizielle Schulverwaltungsprogramm ASV-BW einführen.

Diese Pflicht ist vor zwei Jahren im Paragrafen 116 des Schulgesetzes für das Schuljahr 2022/23 verankert worden, und sie wird umgesetzt. Selbstverständlich ist das nicht, denn die Schulen bekommen einen weiteren Aufschub bei der Digitalisierung ihrer Statistik.

Die Übermittlung der Daten per Computer sollte eigentlich zeitgleich obligatorisch werden. Doch überraschend hat das Kultusministerium die Pflicht zur Elektronischen Schulstatistik (ESS), die seit 2015 auf der Agenda steht, noch einmal um ein volles Jahr verschoben. Das hat das Haus von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt.

Begründet wird der Aufschub mit den zusätzlichen Belastungen der Schulen durch die Coronapandemie und die Unterrichtsversorgung von ukrainischen Flüchtlingen. Deswegen wolle man weitere Belastungen vermeiden. Außerdem solle die gewonnene Zeit für technische Optimierungen genutzt und die Betreuung der Schulen verbessert werden, heißt es weiter.

Baustein zur Modernisierung

Das Computerprogramm zur Schulverwaltung ist keine Nebensache. Es geht um eine Art vollumfängliches Betriebssystem für alle 4500 Schulen im Südwesten: Schüler- und Lehrerdaten zu verwalten, Klassen, Arbeitsgemeinschaften und Oberstufenkurse zu organisieren, Stundenpläne zu gestalten, Zeugnisse zu konfigurieren, Noten online zu erfassen und Statistiken zu führen – bei all diesen Aufgaben soll das Programm Arbeitserleichterungen für Verwaltung und Gestaltung von Schulleben bringen. Zweites Ziel ist, den Informationsfluss zwischen Schulen und Verwaltung zu verbessern. Ursprünglich war die Software als ein wichtiger Baustein zur Modernisierung der Schulen gedacht. Das ist in der Zwischenzeit ziemlich in Vergessenheit geraten.

Beim Projektstart 2006 war geplant, dass das Schulverwaltungsprogramm im Herbst 2009 flächendeckend zur Verfügung steht. Seither ist das Datum immer wieder verschoben worden. Bayern, mit dem Baden-Württemberg die Software zusammen entwickelt hat, ist bei der Statistik seit 2004 vollständig digitalisiert. Die Verwaltungssoftware ASV Bayern ist seit August 2013 an allen allgemeinbildenden Schulen verpflichtend eingeführt worden, die beruflichen Schulen ziehen Zug um Zug nach. Aktuell werde die Software bereits an 5000 bayerischen Schulen verpflichtend genutzt, heißt es auf Anfrage im Münchner Kultusministerium.

Baden-Württemberg hinkt meilenweit hinterher. Die verzögerte Umsetzung des Projekts im Südwesten hat der Landesrechnungshof in einem Gutachten vor drei Jahren massiv kritisiert. Unter anderem haben die Prüfer die Freiwilligkeit bei der Einführung der Verwaltungssoftware, die aus dem Ruder laufenden Kosten und das mangelhafte Projektmanagement kritisiert. „Die erwartete schnellere Verfügbarkeit schulstatistischer Daten wurde bislang nicht erreicht“, bemängelten die Prüfer. Auch Daten zur Unterrichtsplanung seien mit ASV-BW nicht zu gewinnen, hieß es damals. Die Lehrerversorgung leidet bundesweit auch an der schlechten Datengrundlage für die Bedarfsberechnungen.

Kritik des Rechnungshofs verpufft

Seit der Rechnungshof seine Kritik veröffentlicht hat, muss die Landesregierung dem Parlament regelmäßig über die weitere Entwicklung berichten. Sämtliche Berichte verzeichnen Fortschritte bei Roll-out und Synchronisierung. Wie viele Schulen die Schulverwaltungssoftware bisher schon nutzen, geht daraus aber nicht hervor. Bei der Statistik ist die Sachlage klarer: Vor einem Jahr haben laut Statistischem Landesamt erst knapp 600 Schulen die Statistik digital übertragen. Mehr als achtzig Prozent der Schulen schicken ihre Daten bisher in schriftlicher Form. In diesem Jahr würden auf freiwilliger Basis sicher mehr digitale Datensätze übermittelt, heißt es im Kultusministerium. Dass durch die Datenabgabe in Papierform Nachteile entstünden, vermögen die Beamten nicht zu erkennen.