Den Wettbewerb im Autohandel führen die großen Hersteller in Stuttgart über ihre Niederlassungen. Gegenüber dem Mercedes-Gebrauchtwagenhaus wächst der Neubau von Audi. Foto: Leif Piechowski

Der Automarkt in Deutschland schwächelt. Die Hersteller kämpfen mit einer wachsenden Modellvielfalt und noch größeren Schauhäusern um Kundschaft. In der Landeshauptstadt konzentriert sich der Handel verstärkt auf die Heilbronner Straße.

Stuttgart - Die Automeile an der Heilbronner Straße hübscht sich auf. In den nächsten Jahren werden sich entlang der Stadtautobahn noch mehr Marken versammeln. Dafür greifen die Hersteller tief in die Kasse. Sie investieren mindestens 100 Millionen Euro.

Den Auftakt macht Audi. Die Ingolstädter Premiummarke eröffnet im Oktober ihr 27 Millionen Euro teures Verkaufshaus. Die Niederlassung will mit einem Schauraum auf zwei Ebenen dem Wettbewerber vis-á-vis Paroli bieten. Der heißt Mercedes und hat sich bereits Ende 2011 das Gelände des nach Ludwigsburg abwandernden Werkzeugspezialisten Hahn und Kolb gesichert. Auf die 12.000 Quadratmeter Baufläche fällt inzwischen neidvoll der Blick der Wettbewerber. Hier wird ein neues Autohaus mit Stern entstehen, aber darüber verrät Mercedes nichts. Man arbeite noch am „kompletten Standortkonzept“, heißt es. Auch die Absatzzahlen der Niederlassung liegen unter Verschluss.

„Konkurrenz belebt das Geschäft“, zeigt sich der Audi-Niederlassungsleiter Gunnar Severin gelassen. Audi habe lange nach einem Standort gesucht, die Heilbronner Straße sei ideal. Auf dem inzwischen ausgebauten Asphaltband rollen oder ruckeln täglich bis zu 80.000 Fahrzeuge in die und aus der Stadt, das bedeutet 80.000 mögliche Kunden. Ein Grund, warum sich zum Beispiel die Peugeot-Niederlassung 2003 ganz bewusst für diesen Standort entschied.

„Wir bauen hier eine unserer größten Werkstätten“

Insgesamt wird Audi am neuen Standort rund 48 Millionen Euro investieren. Nach den Schauräumen sind Werkstatt und Verwaltung an der Reihe. „Wir bauen hier eine unserer größten Werkstätten“, sagt Severin. Im Neubau könne die gesamte Produktpalette präsentiert werden. Die wächst auch bei Audi weiter. „Selbst bei 40 Typen muss noch nicht Schluss sein“, sagt Severin.

Während die Zulassungszahlen in einem gesättigten Markt bundesweit schwächeln und sich bei drei Millionen im Jahr einpendeln, können die Stuttgarter Händler auf Zuwachs hoffen. Die Halbjahreszahlen liegen mit 24.067 Neuzulassungen knapp über dem Vorjahr (23.789) und deutlich über den 2011er-Zahlen (Januar bis Juni: 21.940). „Hier ist ein wirtschaftsstarker Raum. Die Investition ist gerechtfertigt“, sagt Severin.

Investieren wollen auch Volkswagen und BMW, und zwar, wenn möglich, direkt an der Automeile. Die Niedersachsen sind einen Schritt weiter als die Münchener. „Ende September fällt die Entscheidung für einen Neubau, wir verhandeln mit mehreren Besitzern über ein Grundstück“, sagt VW-Niederlassungschef Michael Perner. Seine Wunschfläche war das 21 000 Quadratmeter große Grundstück der Firma Kiefer Luft- und Klimatechnik an der Heilbronner Straße 380. Kiefer aber hat an eine Baumarktkette verkauft. „Bestehende Verträge, wir kommen da leider nicht rein“, bedauert Perner, der dennoch fündig wurde. 30 Millionen Euro sind für den Neubau reserviert, insgesamt werden in den Standort Stuttgart bis 2016 rund 50 Millionen Euro fließen. Gebaut wird aktuell am VW-Standort Wangen, gekauft wurde das bisher gemietete Haus in Degerloch. „Ein mittelständischer Händler könnte dies nicht leisten“, beschreibt Perner die massive Hilfe des Werks. Dennoch müsse sich alles rechnen. 2012 wurden rund 10.000 Neu- und 5700 Gebrauchtwagen abgesetzt. „Dieses Jahr liefern wir an die Polizei im Land 844 Golf Variant“, freut sich Perner. In der Zulassungsstatistik rangiert VW in Stuttgart hinter Mercedes. Rang drei besetzt BMW, vier Opel, fünf Audi. 2012 setzte Audi 4375 Neu- und 4850 Gebrauchtautos ab, BMW 4344 neue und 4302 gebrauchte Fahrzeuge.

„Audi will aufholen, aber wir werden das Feld nicht preisgeben, wir sind hier Nummer zwei der Premium-Anbieter“, sagt Niederlassungsleiter Erwin Mayer. Am Standort Vaihingen liegt BMW „seit 1978 ideal neben der Autobahn“, im Norden der Stadt sieht Mayer Verbesserungspotenzial. Das Haus an der Pragstraße gilt als zu klein, der Ausbau als schwierig. 1985 war BMW schon an der Automeile präsent. „Vielleicht gibt es ein Revival, wir brauchen 15 000 Quadratmeter“, sagt Mayer. Porsche hat direkt am Pragsattel eine Fläche, die an Audi vermietet ist. Für VW war sie zu klein, Porsche selbst will mit der Niederlassung in Zuffenhausen bleiben. „Das Porsche-Zentrum ist fester Bestandteil unseres Auftritts am Porsche-Platz, es gehört zur Visitenkarte des Unternehmens“, sagt Sprecher Heiner von der Laden. Mayer kennt das Porsche-Grundstück und hört das Bekenntnis wohl: „Wir würden uns gerne in die Phalanx von Mercedes und Audi einreihen.“