Wie viele Ferienwohnungen es in Stuttgart gibt, weiß niemand. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Lang hatte sich die Stadt gewünscht, dass das Land eine Auskunftspflicht für Vermittlungsplattformen im Internet erlässt. Jetzt gibt es neue Möglichkeiten. Und die Stadt will ihre Satzung über die Zweckentfremdung von Wohnraum entsprechend anpassen.

Stuttgart - Wer seine Wohnung über Internetplattformen zeitweilig an Urlauber oder Monteure oder sonstige Besucher der Stadt vermieten möchte, steht jetzt unter genauerer Beobachtung. Die Stadt Stuttgart macht von neuen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch, um die Zweckentfremdung von Wohnungen einzudämmen – und damit den Verlust von Wohnraum für Dauermieter. Dafür hat der Gemeinderat nun die städtische Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung angepasst. Zuvor war das Thema im Mai in den Fachausschüssen vorberaten worden.

Im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen beispielsweise hatte nur ein Stadtrat der FDP dagegen gestimmt. Eine Mehrheit, für die das öko-soziale Lager ursächlich war, stimmte zu. Andere Fraktionen enthielten sich. Namentlich bei der CDU gab es gemischte Gefühle. Sie verteidigt zwar von jeher die Rechte der Eigentümer, die Neuerungen gehen allerdings auf das Wirtschaftsministerium unter der Parteifreundin Nicole Hoffmeister-Kraut zurück. Auch die Freien Wähler und die AfD gewannen den Neuerungen wenig ab. Den Wunsch des Linksbündnisses, den Begriff Wohnraum weiter zu fassen und die Eigentümer stärker zur Beseitigung von Mängeln in die Pflicht zu nehmen, trugen im Ausschuss dann aber auch die Grünen nicht mit, nur die SPD und die Fraktionsgemeinschaft Puls. Das reichte nicht.

Manche Ratsfraktionen kritisieren den Aufwand

Strittig ist, ob mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. FDP-Stadtrat Eric Neumann mutmaßte im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen, dass ein unverhältnismäßiger personeller Aufwand betrieben werden soll, es vielleicht aber gar nicht um viele Wohnungen gehe. Stefan Conzelmann (SPD) versuchte diese Ansicht zu korrigieren. In dem Moment, sagte er, stünden allein auf einer Internetplattform rund 300 Wohnungen zur Kurzzeitmiete zur Verfügung – und es geben noch diverse andere Plattformen. Die Verwaltung warf ein, es wäre noch zu klären, wie viele der 300 Wohnungen legal und wie viele illegal angeboten würden. Doch eben dies ist bisher kaum möglich gewesen. Nun ändert es sich. Denn die Stadt Stuttgart wendet an, was das Land den Kommunen – letztlich gerade auch auf Stuttgarter Wunsch – mit Wirkung vom 16. Februar freigestellt hat.

Künftig muss man sich in der Landeshauptstadt wie in anderen deutschen Städten für die Wohnung, die man an wechselnde Nutzer vermitteln lassen will, eine Registrierungsnummer besorgen. Sie ist beim Anbieten der Wohnung immer mitanzugeben – und die Stadt kann auf den Internetplattformen kontrollieren, was da angeboten wird und ob es zulässig ist. Die Nummernpflicht gilt auch dann, wenn die Vermietung nicht genehmigungspflichtig ist, weil es sich um einen Einzelfall handelt und die Wohnung nicht mehr als zehn Wochen im Jahr weitervermietet wird.

Die Dienstleister, die hinter Internetplattformen wie Airbnb stehen, haben nun auch eine Auskunftspflicht gegenüber der Stadt, wie die Adressen der Wohnungen sind. Bisher konnte die Stadtverwaltung die Lage oft gar nicht oder nur näherungsweise eingrenzen. Maßnahmen waren unmöglich oder sehr aufwendig. Wer die Auskunftspflicht oder die Registrierungspflicht missachtet, soll mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro belegt werden können.

Nicht jede einzelne Vermietung ist zu melden

Andererseits will die Verwaltung die neuen Möglichkeiten auch nicht bis zum Letzten ausreizen. Sie hält beispielsweise nichts davon, dass die Eigentümer für registrierte Wohnungen jeden einzelnen Vermietungsvorgang bei ihr melden sollen. Das würde sowohl ihr selbst wie auch den Eigentümern hohen Aufwand bringen, meint sie.

Daneben gibt es weitere Änderungen, die nicht nur Ferienwohnungen betreffen, sondern auch Dauerleerstände. So will die Stadt nun auch die Möglichkeit nutzen, das Ende einer nicht plausiblen und nicht genehmigungsfähigen Zweckentfremdung anzuordnen. Früher musste sie versuchen, die Eigentümer in oftmals aufwendigen Beratungsgesprächen zu überzeugen. Und: Eine Zweckentfremdung von Wohnraum liegt jetzt bei einer über 50-prozentigen ungenehmigten gewerblichen Nutzung vor, bisher war unpräziser von „überwiegender“ gewerblicher Nutzung die Rede gewesen. Die Geldbuße für ungenehmigte Zweckentfremdung ist nun auf bis zu 100 000 Euro (bisher: 50 000 Euro) erhöht.

Ein Wermutstropfen ist für die Verwaltung, dass sie machtlos bleibt, was Wohnungen angeht, die schon vor dem Jahr 2016 nicht mehr vermarktet wurden. Gegen diese „Altersleerstände“, die in der Nachbarschaft wahrgenommen und beklagt werden, gebe es weiterhin keine rechtliche Handhabe, klagt die Verwaltung.