Auf Tour mit dem Weihnachtsbus Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Weihnachtsmann persönlich führt durch Stuttgart. 45 Minuten lang geht es während der Adventszeit im Doppeldecker hinauf zu Stuttgarts Höhen.

Stuttgart - Es gibt so Fragen, die spalten. Für die es keine versöhnende Antwort gibt. Bahnhof oben oder unten? VfB oder Kickers? Christkind oder Weihnachtsmann? So gesehen ist es gar nicht einfach im pietistischen Stuttgart eine Weihnachtstour zu planen. Seit Martin Luther die Heiligen ins Visier nahm und den Nikolaus als Geschenkebringer abschaffen wollte und durch den Säugling in der Krippe, den „Heiligen Christ“ ersetzte, bringt in evangelischen Haushalten das Christkind die Präsente. Natürlich dachte Luther damals nicht daran, dass man in Stuttgart mal eine Weihnachtstour mit einem roten Doppeldecker-Bus plante. Und fürs Tonband eine durchdringende Stimme brauchte. Und bei aller Wertschätzung fürs Christkind, das tiefe Röhren von Sprecher und Schauspieler Jo Jung passt einfach besser zum Weihnachtsmann. So begrüßt einen also der Weihnachtsmann an Bord des Busses: „Ho Ho Ho, wir starten unseren roten Schlitten!“ Kufen hat er keine, aber funkelnde Sterne aufgeklebt und einen Weihnachtsbaum im Erdgeschoss.

Die touristische Dreifaltigkeit

Eine Weihnachtstour also. Doch warum? Bisher fiel Stuttgart nicht als besinnliche Stadt auf. Und Höhepunkte der Weihnachtsgeschichte haben sich ja eher in Bethlehem denn in Botnang abgespielt. Man will so die Attraktivität der Innenstadt steigern, sagt Armin Dellnitz, Chef von Stuttgart Marketing. Mit dem Weihnachtsmarkt, den Glanzlichtern auf dem Schlossplatz und nun der Bustour hat man die touristische Dreifaltigkeit beisammen. Dellnitz: „Die Glanzlichter und der Weihnachtsbus bilden zugleich für uns eine Plattform, um Stuttgart mit seinen Vorzügen und Besonderheiten darzustellen.“

Hier gibt es das Weihnachtsmarkt-Video:

Wobei, das betont Dellnitz, sich der Bus wie „alle unsere Angebote sich nicht nur an Touristen richten dürfen, sondern auch für Stuttgarter funktionieren müssen“. 75 000 Menschen fahren das Jahr über auf den bisherigen beiden Bus-Touren mit, die Hälfte davon sind aus Stuttgart. Und entdecken im besten Falle ihre Stadt ganz neu.

Der Adventskalender stammt aus Schwaben

Nun denn, wir sind gespannt. Was hat Stuttgart mit Weihnachten zu tun? Über die Eberhardstraße geht es hinaus in den Westen und hoch zum Kriegsberg. Und wir lernen, dass die Schwaben nicht nur das Brausepulver, den Büstenhalter, das Auto und das Streichholz erfunden haben, sondern auch den Adventskalender. Der Verleger Gerhard Lang aus Maulbronn druckte 1903 den ersten Adventskalender. Er bestand aus zwei Blättern, und einem Bogen mit 24 Bildern, die ausgeschnitten und aufgeklebt wurden. Bis dahin hatten sich die Kinder beim Zählen der Tage bis zum Heiligen Abend anders beholfen: Sie legten jeden Tag einen Strohhalm in die Krippe, bis 24 beisammen waren.

Stuttgart war mal Schoko-Hauptstadt

Der erste Adventskalender war noch ohne Fenster und Schokolade. Die übrigens früher oft aus Stuttgart kam. Doch von Moser-Roth, Waldbaur, Eszet, Haller, Schoko-Buck und Tobler blieben nurmehr alte Schilder und Namen. Der Weihnachtsmann kennt auch Loriot. Und er weiß, dass die wegen Stuttgart 21 vertriebenen Eidechsen „trotz exklusiver Wohnlage“ am Weißenhof schon wieder ausgezogen sind. Wie man so an den Häusern vorbeikurvt, bekommt man interessante Einblicke. Ein Vater rasiert dem Sohn auf dem Balkon mit einem Haarschneider die Haare. Und deutet aufgeregt auf den Bus. Kein Wunder, nicht bei jedem fährt der Weihnachtsmann am Haus vorbei.

Dem Himmel so nah

Einblicke wechseln sich ab mit Ausblicken auf die Stadt. Natürlich darf der Hinweis auf die Stiftskirche nicht fehlen. Ihr Turm ist 61 Meter hoch. Der Turm des alten Rathauses allerdings war 7 Meter höher. Was die Stuttgarter erzürnte, waren die Honoratioren damit doch Gott näher als der Kantor der Stiftskirche. Nachdem das Rathaus im Krieg zerstört wurde, baute man es wieder auf samt Turm. Der ist nun 60,5 Meter hoch. Allerdings erläutert der Weihnachtsmann nicht, ob und wie die Regierenden seitdem an göttliche Eingebungen kommen. Er beschäftigt sich auf dem Rückweg vorbei an Bibliothek und Bahnhof lieber ausgiebig mit dem Brauch des Christbaum-Lobens. Je doller man schwärmt, desto mehr Schnaps gibt es. Wer nun durstig wird, der muss sich selbst auf dem Weihnachtsmarkt behelfen. Zum Abschied gibt es nix Klares, sondern ein Gutsle für jeden. Ho! Ho! Ho!

Termine und Kosten

Die Weihnachtstour startet sechsmal täglich am i-Punkt, Königstraße 1A, jeweils stündlich zwischen 12 und 18 Uhr. Die Fahrt dauert 45 Minuten und kostet 12 Euro, für Kinder (4 bis 14 Jahre) 5 Euro. Es ist keine Reservierung nötig. Mehr Infos über www.stuttgart-citytour.de