Der ungebremste Haarwuchs hat ein Ende – die Friseure dürfen wieder öffnen. Foto: Julia Schramm

Von Montag an dürfen die Friseure wieder ihre Salons öffnen: Die baden-württembergischen Ministerien für Wirtschaft und Soziales haben eine gemeinsame Richtlinie herausgegeben, um trotz des erwarteten Ansturms die Hygiene sicherzustellen.

Stuttgart - Von vielen Menschen heiß ersehnt, dürfen die Friseure im Land vom 4. Mai an wieder öffnen. Doch wer meint, er könne wie vor der Corona-Krise kurzerhand zum Friseur seines Vertrauens gehen, um den Wildwuchs zurückschneiden zu lassen, der täuscht sich. Abgesehen vom Haarschnitt selbst wird vieles anders sein von Montag an. Dies geht aus der gemeinsamen Richtlinie des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

Das fängt schon bei der Terminvergabe an, die „nur über elektronischen oder fernmündlichen Weg erfolgen darf“. Sie habe so zu erfolgen, dass keine „Verdichtung“ in den Warte- und Aktionsbereichen entsteht. Begleitpersonen sind im Friseursalon nicht zugelassen – ausgenommen kleine Kinder. Auch soll ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 Metern im Salon gewährleistet sein. „Dies gilt nicht für die Dauer der Friseurdienstleistung, sofern die erforderlichen Schutzmaßnahmen eingehalten werden“, heißt es in der Richtlinie.

„Blickkontakt darf nur ,über den Spiegel’ erfolgen“

Ferner muss bei der Terminvergabe bereits der Kundenwunsch geklärt werden, um den verbalen Austausch vor Ort zu reduzieren. Beim Betreten des Salons müssen die Kunden die Möglichkeit haben, ihre Hände zu desinfizieren – dass sie das auch tun, sollten die Angestellten im Blick haben.

Während des Schneidens oder Färbens „ist die Kommunikation mit der Kundschaft auf ein Minimum zu beschränken und darf nur mit Blickkontakt ,über den Spiegel’ erfolgen; die direkte Kommunikation ist nicht zulässig“, führen die Ministerien aus. Sogenannte Community-Masken sind ohnehin Pflicht für die Kunden. Den Beschäftigten wiederum muss der Betreiber medizinische Mund-Nasen-Schutzmasken bereitstellen.

Auf Augenbrauenzupfen, Wimpernfärben, Bartpflege und Rasieren soll verzichtet werden – ebenso „nach Möglichkeit“ auf das Föhnen der Haare. Die Friseurinnen und Friseure sind auch gehalten, ausschließlich Einweg-Papierhalskrausen zu verwenden. Zudem sollte zusätzlich ein Einwegumhang über den üblichen Umhang verwendet werden, der nach jedem Kunden ausgetauscht werden muss.

Die Friseurstühle sind vor einer neuen Benutzung insbesondere im Bereich der Armlehnen mit Seifenlauge zu reinigen. Die Werkzeuge sind nach jeder Bedienung zu desinfizieren. Die Räume müssen während der Arbeitszeiten ausreichend gelüftet sein. „Es kann dabei davon ausgegangen werden, dass eine Frischluftmenge von 100 Kubikmeter/Stunde je mit Friseurtätigkeiten beschäftigte Person ausreichend ist“, gehen die Verfasser der Richtlinie ins Detail.

Möglichst bargeldlos bezahlen

Die Bezahlung sollte nach Möglichkeit ohne Bargeld erfolgen, raten das Wirtschafts- und das Sozialministerium. Auf diese Zahlungsmöglichkeit sollten die Kunden aktiv hingewiesen werden. Bei Barzahlung „hat die Übergabe des Geldes über eine hierfür geeignete Vorrichtung oder Ablagefläche zu erfolgen, um einen direkten Kontakt zwischen dem Beschäftigten und der Kundschaft zu vermeiden“ – was vielfach im Handel schon so gehandhabt wird.

Schichtbetriebe sollten feste Arbeitsteams je Schicht festgelegen, um wechselnden Kontakt innerhalb des Betriebs zu reduzieren. Die Ministerien „empfehlen“, wie es heißt, allen Salonbetreibern die Einhaltung der Regeln. Zugleich werden die Vollzugsbehörden des Arbeitsschutzes und des Infektionsschutzes in die Pflicht genommen, die Betriebe unter den neuen Maßgaben zu überwachen. Von Sanktionen ist in der Richtlinie nicht die Rede.

Der Fachverband Friseur und Kosmetik Baden-Württemberg ist in die Erarbeitung der Richtlinie eingebunden worden. Seine geringfügigen Änderungswünsche seien weitgehend berücksichtigt worden, heißt es.

Verdi mahnt bundeseinheitliche Standards an

Zuvor hatte die Gewerkschaft Verdi bundeseinheitliche Regeln zum Schutz der Beschäftigten angemahnt. Als Mindestanforderungen müssten die „Arbeitsschutzstandards Friseure“ der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gelten. Diese schreiben das Wechseln der Schutzmasken nach jedem Kunden und eine Schutzmaskenpflicht auch für die Kundschaft vor.

Haarschnitte dürften nur vorgenommen werden, wenn das Haar im Salon zuvor gewaschen wird, so Verdi. „Darüber hinaus muss allen Friseurinnen und Friseuren Schutzkleidung zum Beispiel in Form eines Kittels zur Verfügung gestellt werden, die täglich durch den Saloninhaber gereinigt wird“, fordert Verdi-Vize Christine Behle. Eine Erhöhung der bisher üblichen individuellen Arbeitstage pro Woche schließt sie zum Schutz der Beschäftigten aus. Einsätze über acht Stunden täglich oder Urlaubssperren seien kein geeignetes Mittel, einen ersten Ansturm auf die Salons abzufangen.