Für die Messung der Reichweite des E-Autos gelten künftig neue Regeln – doch sie sind unter dem Strich weniger hart als die für Benziner und Diesel. Foto: dpa

Auch beim E-Auto ist die Okobilanz nicht über jeden Zweifel erhaben. Gerade deshalb wäre es richtig, das E-Auto vor der Zulassung bei Wind und Wetter zu testen, meint unser Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Die Empörung war groß, als die Dieselmanipulationen durch Volkswagen ruchbar wurden. Auch bei anderen Herstellern liegen Welten zwischen den Abgaswerten im Labor und auf der Straße. Es gibt somit gute Gründe für die realitätsnäheren Testverfahren, die im September eingeführt werden. Bei genauerem Hinschauen wird aber sichtbar, dass sich die Schöpfer des Regelwerks zwar hingebungsvoll am Diesel abarbeiten, dem E-Auto aber eine Vorzugsbehandlung zukommen lassen.

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Während Diesel und Benziner nicht nur im wohltemperierten Labor, sondern auch bei eisiger Kälte und bulliger Hitze ihre Umwelttauglichkeit beweisen müssen, will man um das temperaturempfindliche E-Auto offenbar einen Schonraum bauen und ihm den Härtetest auf der Straße ersparen. War der Verzicht auf realistische Tests nicht ein Hauptgrund für die Dieselmanipulationen? Jahrelang prangerten die Umweltverbände die Politik an, weil sie den Diesel als ihr Hätschelkind behandelte. Nun, da stattdessen das E-Auto von der harten Realität verschont wird, bleiben diese Organisationen auffällig stumm. Warum eigentlich? Sie müssten ein Interesse daran haben, dass die Vor- und Nachteile der einzelnen Technologien möglichst realitätsnah erfasst werden. Wird das E-Auto beim Testen dagegen mit Samthandschuhen angefasst, sind Enttäuschungen programmiert.

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Nicht nur die Stärken messen

Soll die E-Mobilität mehr sein als eine Schönwetterveranstaltung, darf ihre Umweltbilanz nicht nur dort gemessen werden, wo sie gut ist. Das E-Auto muss sich auch unter widrigen Bedingungen dem Vergleich stellen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es eher für realitätsferne Tests optimiert wird als für den Alltag. Was wirklichkeitsfremde Testwerte für das Vertrauen der Verbraucher bedeuten, ließ sich beim Diesel aber sattsam beobachten.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de