Daniela Tiemann muss ihr Büro in absehbarer Zeit räumen – das Rathaus von Neustadt wird durch einen Neubau ersetzt. Foto: Stoppel

Die Zeichen stehen auf Umzug: Daniela Tiemann und ihr Rathaus-Team müssen in nicht allzu ferner Zukunft umziehen. Denn das Rathaus von Waiblingen-Neustadt wird abgerissen. Ihr künftiges Domizil teilt sich die Verwaltung mit einer Pflegeeinrichtung.

Waiblingen - Mit dem Packen der Umzugskartons können sich Daniela Tiemann, die Ortsvorsteherin von Waiblingen-Neustadt, und ihr Team zwar noch etwas Zeit lassen – eines aber steht fest: das Rathaus, in dem sie derzeit arbeiten, wird abgerissen. Ein Blick auf den im Jahr 1969 eingeweihten, stattlichen Betonbau in der Dorfmitte zeigt: Neustadt war eine vermögende und selbstbewusste Ortschaft, bevor sie zum 1. Januar 1975 nach Waiblingen eingemeindet wurde.

Was hält die Bürgerschaft davon, dass „ihr“ Rathaus platt gemacht wird? Daniela Tiemann sagt, eine Bürgerbeteiligungsveranstaltung mit mehr als 300 Besuchern habe gezeigt, dass es keine massive Kritik an diesem Vorhaben gebe. „Wichtig ist den Leuten, dass wir weiterhin ein Rathaus vor Ort haben und einen schönen Platz drumherum bekommen.“ Ein weiteres Anliegen der Neustädter seien erstes Parkplätze und zweitens, dass der anstelle des Rathauses geplante Neubau nicht die Sichtachse ins Unterdorf verdecke, wo die mittelalterliche Martinskirche und denkmalgeschützte Fachwerkhäuser stehen.

Ein typischer Bau der Siebziger Jahre

Wer das derzeitige Rathaus in der Ortsmitte betritt, gelangt in ein weitläufiges Foyer, von dort durch ein großzügiges Treppenhaus nach oben in die Büros und zum Sitzungssaal mit hoher Decke, in dem der Ortschaftsrat tagt und Wähler ihr Kreuzchen machen – wenn sie es denn bis ins nicht barrierefreie Wahllokal schaffen. „Wir haben großzügige Flure, aber eher kleine Büros – das ist ein typischer Bau der Siebziger Jahre“, sagt Daniela Tiemann. Größere Sanierungsarbeiten hat es nie gegeben, die Energiebilanz des Gebäudes ist entsprechend schlecht. „Wenn man das Rathaus erhalten wollte, müsste man sehr viel tun“, sagt die 35-Jährige, die seit dem Jahr 2012 Ortsvorsteherin ist.

Das Projekt „Neue Ortsmitte“ hat sie von Beginn ihrer Amtszeit an beschäftigt, macht man sich in Waiblingen doch seit mehr als zehn Jahren Gedanken über eine Neugestaltung des Ortskerns. Dem hatten Fachleute 2009 „funktionale und gestalterische Mängel“ attestiert. Bei einem städtebaulichen Wettbewerb landete der Entwurf des Weinstädter Architekten Martin Bühler auf dem ersten Platz – und wenig später in der Schublade. „Wegen der Finanzkrise war ein Neubau nicht mehr realisierbar“, sagt Tiemann.

Aber einen weiteren Wunsch – den nach einer Pflegeeinrichtung im Ortszentrum – wollte man Neustadt trotzdem erfüllen. Die Stadt kaufte daher ein bebautes Grundstück, das „Balaton-Areal“ gegenüber vom Rathaus, erstand noch weitere Flächen und machte sich auf die Suche nach einem Betreiber nebst Investor. „Das Verfahren war nicht einfach“, erinnert sich Daniela Tiemann. Als das Deutsche Rote Kreuz 2017 einen Wechsel des Investors bekannt gab, zog der Ortschaftsrat die Reißleine. „Wir wollten uns nochmal neu Gedanken machen“, sagt Daniela Tiemann.

Balaton-Areal:Wohnungen statt Pflegeheim

Ein gutes Jahr später ist klar: das Balaton-Areal wird statt mit einem Pflegeheim mit Wohnungen bebaut, eventuell gibt es hier künftig auch betreutes Wohnen. Schräg gegenüber, dort wo derzeit noch das Rathaus steht, entstehen zwei Baukörper, die durch einen Glasgang verbunden sind und sowohl Platz für eine Pflegeeinrichtung als auch für Räume der Verwaltung bieten. Die werden künftig im größeren der Gebäude untergebracht und ebenerdig zugänglich sein. Die Stadt versucht nun, in ein Programm der Städtebauförderung aufgenommen zu werden. „Das würde uns viele Möglichkeiten eröffnen. Auch Privatleute könnten so an Zuschüsse für Haussanierungen kommen“, sagt Tiemann – im Unterdorf gebe es durchaus Bedarf.

Nun gilt es, einen Betreiber und Investor für das Pflegeheim zu finden. „Wichtig ist, dass wir eine gute Pflegeeinrichtung bekommen“, sagt Daniela Tiemann, die sich zudem um eine Interimslösung fürs Rathaus-Team kümmern muss. „Wie die aussieht, ob wir uns einmieten oder ob es eine Containerlösung gibt, wissen wir noch nicht. Sie sollte aber zentral im Ort sein.“ Nach dem aktuellen Stand soll die neue Ortsmitte bis 2022 fertig sein. „Ein ehrgeiziger Plan“, sagt Daniela Tiemann: „Da darf nichts dazwischen kommen.“