Corinna Gräff in ihrem Mercedes E-Klasse-Coupé. Foto: Courtesy of Netflix

Die neue Netflix-Show „Hyperdrive“ ist eine Mischung aus GTA und Ninja Warrior für Auto-Freaks. Uns erzählt die baden-württembergische Teilnehmerin Corinna Gräff, wie die Dreharbeiten mit Charlize Theron waren und woher ihre Leidenschaft fürs Driften kommt.

Stuttgart - Quietschende Reifen, um die 450 PS und schwarze Spuren auf dem Asphalt: Die neue Netflix-Show „Hyperdrive“ ist wie eine Mischung aus „The Fast and the Furious“, dem Spiel „Grand Theft Auto“ und der Show „Ninja Warrior“: schnell, dramatisch und dabei auch ziemlich verrückt. Hollywoodstar Charlize Theron bringt als Produzentin Drifter und Auto-Nerds aus der ganzen Welt zusammen, die auf einem über 400.000 Quadratmeter großen, von Flutlicht bestrahltem Parcours auf ihr getuntes Gaspedal drücken.

Über 70 Kameras filmen die zwölf Teilnehmer und ihre unterschiedlichen Autos, die aus allen Disziplinen des Motorsports kommen. Neben einer gewaltigen Wippe, einer mit Wasser gefluteten Straße und Drift-Pits, müssen die Kandidaten auch die Zeit im Blick behalten, wenn sie mit ihren getunten Hypercars etwa über ein spektakuläres Rail rutschen.

Corvette, AMG, E-Klasse, Mustang

Auch die Autos können sich sehen lassen: Vom Mercedes-AMG GT über einen Lamborghini Huracán bis hin zu Klassikern wie einem Mustang und einer Corvette ist auch eine Baden-Württembergerin mit ihrem Mercedes E-Klasse-Coupé am Start. Die Trochtelfingerin Corinna Gräff und ihr Ehemann Alexander sind seit über 20 Jahren Auto-Freaks und gelten in der Szene als das schnellste Ehepaar Deutschlands. Im Interview mit unserer Zeitung erzählt Corinna Gräff, welchen Stellenwert das Driften in ihrem Leben einnimmt und welche Stunts der Profidrifterin noch immer Respekt einjagen.

Frau Gräff, wie wurden Sie und Ihr Mann von Netflix entdeckt?

Es hat alles vor circa zwei Jahren mit einer Nachricht auf Facebook angefangen. Ich fahre seit 2007 gemeinsam mit meinem Mann Alex auf Driftwettbewerben in ganz Europa. Als Frau habe ich mir in dieser Zeit einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet und die Fotos und Erfahrungen auf Facebook mit Freunden und Fans geteilt. Und so wurde ich von einem Castingteam angefragt, ob ich Interesse hätte, an einem Rennen mit unterschiedlichen Fahrern aus verschiedenen Motorsportarten teilzunehmen.

Haben Sie sofort zugesagt?

Ich war anfangs skeptisch, denn zu diesem Zeitpunkt waren noch keine Details bekannt, weder wo dieses Rennen stattfinden soll oder in welchem Rahmen. Dann kam Netflix zur Sprache und für mich war es, als würde ein lang ersehnter Traum in Erfüllung gehen.

Sie sagen über sich selbst, dass Sie das Extreme lieben – haben Sie nie Angst?

Nein, Angst habe ich keine – zumindest nicht, wenn es ums Autofahren geht. Wer Angst hat, sollte sich besser nicht hinters Lenkrad setzen. Ich würde sagen, ich habe Respekt vor den verschiedenen Aufgaben und Rennstrecken.

Betreiben Sie Ihre Auto-Leidenschaft denn hauptberuflich?

Nein, das ist leider noch Zukunftsmusik. Ich arbeite bei einem Discounter an der Kasse und mein Mann ist Testfahrer.

Wie schwer hat man es als Frau in dieser Branche?

Als Frau ist es nicht schwerer als für einen Mann, denn ich denke, dass Frauen mehr Aufmerksamkeit erhalten. Motorsport wird eben zum Großteil von Männern betrieben. Wenn eine Frau gut fahren kann, ist das noch immer etwas Besonderes.

Sehen Sie sich dann als Vorbild?

Ich glaube, viele Frauen trauen sich Driften nicht zu. Aber wenn man etwas wirklich möchte, dann sollte man es auch tun. Mit meiner Teilnahme bei Hyperdrive wollte ich vor allem Frauen und Mütter dazu motivieren, aus sich herauszukommen und zu zeigen, dass auch normale Frauen auf die Kacke hauen und ihr „Badass“ rauslassen können.

Wie viel Geld und Zeit steckt in Ihrem Auto?

Die benötigten Teile für den Mercedes wurden über Sponsoren finanziert – und die Arbeit, die mein Mann und ich in dieses Fahrzeug gesteckt haben, kann mit einer Zahl gar nicht bewertet werden. Jede freie Minute, jedes Wochenende, oft bis spät in die Nacht haben wir über sechs Monate an dem Mercedes gearbeitet.

Zurück zur Show: Welches Hindernis empfanden Sie als besonders herausfordernd?

Wer Hyperdrive gesehen hat, kennt den sogenannten „Leveler“ (Anmerkung d. Redaktion: Eine Wippe, auf der die Fahrer ihr Auto ausbalancieren müssen) und weiß, dass alle Fahrer ihre Probleme mit diesem Monster hatten. Auch wenn ich es ganz gut ausleveln konnte, empfand ich diese Aufgabe als schwierigstes Hindernis.

Besonders dramatisch war das Ausscheiden der jungen, südafrikanischen Teilnehmerin Stacey-Lee May – wie haben die anderen Kandidaten und Sie darauf reagiert?

Alle waren geschockt und traurig, denn wir alle hätten es unserem Küken gegönnt weiterzukommen. Wir waren wie eine große Familie, die sich gegenseitig unterstützt hat. In den drei Wochen am Set sind wir im Fahrerlager zu einer großen Familie zusammengewachsen. Wir haben bis heute Kontakt zu allen Fahrern und sehen sie auch bald in Las Vegas wieder.

Gab es zwischen Ihrem Mann und Ihnen jemals eine Konkurrenzsituation?

Einen kleinen familieninternen Kampf tragen wir immer aus, aber wir sehen uns als Teampartner und jeder gönnt dem anderen seinen Erfolg. Mein Mann Alex ist da eher stolz, denn er ist mein Lehrer. Er hat mir alles beigebracht und das zeichnet Ihn als ganz besonderen Menschen aus.

Sehen Sie das Drifter-Ehepaar Gräff und ihre Autos im Video:

Was halten Sie von illegalen Straßenrennen?

Über das Thema Raser haben wir uns schon stundenlang unterhalten. Mein Mann und ich möchten uns komplett von diesen verantwortungslosen Fahrern distanzieren und verurteilen jede Art von illegalen Straßenrennen. Wir haben jahrelang versucht in Baden-Württemberg Motorsportveranstaltungen für junge Verkehrsteilnehmer zu organisieren, um die Raser von den öffentlichen Straßen zu bekommen. Leider wurden uns immer wieder Steine in den Weg gelegt. Ich kann von mir behaupten, dass ich im normalen Straßenverkehr ruhiger geworden bin, seitdem ich Motorsport betreibe.

Wie erklären Sie sich das?

Ich kann Gefahrensituationen viel besser einschätzen und mögliche Unfälle damit verhindern. Man könnte Fahranfänger bereits in der Fahrschule in die richtige Richtung leiten. Die Unerfahrenheit sollte vom Gesetzgeber mit einem Fahrsicherheitstraining festgelegt werden. Es gibt so viele Situationen, die unterschätzt werden – und jeden Tag kommen Menschen zu Schaden.

Welche Pläne stehen als nächstes bei Ihnen an?

Ich bin für alles offen – momentan plane ich für die kommende Driftsaison an internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Aber ich lasse mich auch gerne überraschen. Vielleicht kommt 2020 ja eine zweite Staffel von Hyperdrive...