Hier soll die Remsecker Neue Mitte entstehen. Offen ist (noch) die Frage: wer darf weiterplanen? Foto: Kuhnle

War der Wettbewerb um die Weiterplanung der Neuen Mitte Remseck ein abgekartetes Spiel? Diesen Vorwurf erheben Architekten, die den Kürzeren gezogen haben.

Remseck - Der Rathauschef gibt sich siegessicher. „Ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen“, sagt Dirk Schönberger. Die von ihm per Eilentscheidung getätigte Vergabe der Planung für das Städtebauprojekt Neue Mitte ist nach Ansicht des Remsecker Oberbürgermeisters völlig regelkonform abgelaufen. Er sei zuversichtlich, dass die Vergabekammer als Aufsichtsbehörde keinen Vergabestopp verhänge – wenn denn alle Fakten bekannt seien. Diese würden allerdings nicht vor der Sitzung des Gemeinderats an diesem Dienstagabend bekannt gegeben.

Das Architekturbüro, das beim Wettbewerb um den 20-Millionen-Euro-Auftrag auf Platz zwei gelandet ist, sieht das offenkundig anders. Wie berichtet haben die Planer gegen die Vergabe an das Ludwigsburger Büro HHL Architekten Widerspruch eingelegt. Und das aus Gründen, die nach Ansicht des Regierungspräsidiums Karlsruhe – dort ist die Vergabekammer angesiedelt – zumindest nicht offensichtlich unbegründet sind. Die zweitplatzierten Architekten erheben den Vorwurf, die Stadt habe die Ausschreibung für die Neue Mitte speziell auf das von ihr favorisierte Büro HHL maßgeschneidert. Üblich sei in solchen Fällen, dass die Büros, die sich um solche Großaufträge bewerben, Referenzprojekte mit ähnlicher Aufgabenstellung und in ähnlicher Größenordnung vorweisen müssten. Die beiden unterlegenen Büros könnten, so der Vorwurf, auf entsprechende Großprojekte verweisen. Die Referenzprojekte von HHL sind eher kleiner.

Warum waren die Hürden so niedrig?

Die Hürden bei der Vergabe in Remseck wurden tatsächlich niedriger gesetzt. In der Ausschreibung ist als Referenz lediglich ein Projekt mit „mindestens zwei Millionen Euro brutto“ als Bausumme gefordert. Auch auf vergleichbare Projekte wie die Neue Mitte verzichtete die Stadt in ihrer Ausschreibung. In Remseck soll ein neues Rathaus nebst Stadthalle gebaut werden. Bei den Bewerbern genügt es jedoch, wenn sie in den letzten sieben Jahren „mindestens ein Verwaltungs- oder Bildungsprojekt“ respektive „ein Veranstaltungshallen- bzw. Mehrzweckhallenprojekt“ abgeliefert haben. Das nähre den Verdacht, dass der Sieger des Wettbewerbs von Anfang an festgestanden habe, heißt es.

Der OB Dirk Schönberger widerspricht: „Alle drei Büros waren sehr gut.“ Letztlich habe sich HHL aber mit großem Abstand durchgesetzt. Auch, so ist von Stadträten zu hören, weil die Ludwigsburger Architekten bereits beim Bau des Remsecker Feuerwehrhauses gezeigt hätten, dass sie ein Projekt übernehmen und ohne große Kostensteigerungen zu Ende führen können.

Das Rätsel mit der Widerspruchsfrist

Mit Spannung wird am Dienstagabend auch die Auflösung einer juristischen Frage erwartet. Laut dem OB wurde der Auftrag an HHL am 4. April per Eilentscheidung vergeben – nach Ablauf einer zehntägigen Widerspruchsfrist, die in der alten Fassung des Wettbewerbsgesetzes noch gilt. Der Einspruch des Büros sei erst später gekommen. Erst in der neuen Version, so Schönberger, gelte eine 15-Tage-Frist. Fakt ist aber, dass die Vergabekammer beim Widerspruch keine Fristverletzung feststellen konnte. Hat der OB es also versäumt, vor der Eilvergabe in Karlsruhe anzurufen und nach einem Widerspruch zu fragen? Oder hat sich die Aufsichtsbehörde womöglich bei der Widerspruchsfrist vertan?

Antworten, verspricht Schönberger, soll es erst am Dienstagabend geben, „aber dafür in allen juristischen Verästelungen“.