Ein Holzmodell, das Zündstoff liefert: der Entwurf für die Remsecker Neue Mitte – wer darf damit weiterplanen? Foto: Stadt Remseck

Die Stadt will sich von den bisherigen Architekten der Neuen Mitte trennen und begründet das öffentlich mit steigenden Kosten. Per Brief werden aber ganz andere Gründe genannt – das könnte die Stadt viel Geld kosten.

Remseck - Die große Überraschung kam im Oktober: In einem Pressegespräch verkündeten der neue Remsecker Stadtbaumeister Karl Velte und der Oberbürgermeister Dirk Schönberger, dass man sich von den bisherigen Architekten der Neuen Mitte, der o5-Planungsgruppe aus Frankfurt, trennen werde. Als Begründung nannte der Oberbürgermeister damals eine Kostensteigerung in zweistelliger Millionenhöhe für das geplante Projekt, das ein neues Rathaus nebst Bibliothek und Stadthalle im Ortsteil Neckarrems umfasst. Nun ist klar: die Neue Mitte wird nicht mehr nur die Planer im Rathaus beschäftigten, sondern wohl auch die Juristen.

Denn das Büro o5-Architekten geht juristisch gegen die Kündigung vor. Es wehrt sich nicht nur gegen die inhaltlichen Vorwürfe der Stadt, sondern auch gegen die Art und Weise der Trennung, und das aus mehreren Gründen. In Frankfurt war zum Zeitpunkt des Pressegesprächs nämlich noch gar keine schriftliche Kündigung eingegangen. Diese kam per Einschreiben erst am 4. November, also mehr als zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntgabe, bei den Architekten an. Hinzu kommt: auch die Gründe, die in dem Trennungs-Schreiben genannt werden, weichen deutlich von den öffentlich verlautbarten ab. In dem Brief, den der Oberbürgermeister unterschrieben hat, wird vor allem auf die Entfernung zwischen dem Büro in Frankfurt und Remseck abgehoben. Von besagter Kostensteigerung ist dort nichts zu lesen.

OB Schönberger: „Wollten eine einvernehmliche Lösung“

Dabei ist die schriftliche Begründung in dem jetzt drohenden Rechtsstreit durchaus bedeutend: So kann der Vertrag zwischen Büro und Stadt entweder aus einem wichtigen Grund gekündigt werden – oder ohne Nennung von Gründen. Bei Variante eins stehen den Architekten vermutlich keine, höchstens aber geringe Restbezüge aus dem Vertrag zu. Variante zwei garantiert den Planern rund 40 Prozent des noch ausstehenden Honorars, im Falle der o5-Architekten dürfte es sich dabei um eine sechsstellige Summe handeln. Sollte ein Richter jetzt also feststellen, dass das Schreiben eine Kündigung ohne triftigen Grund darstellt, könnte das die Stadt viel Geld kosten – dabei wollte man eigentlich bei der Neuen Mitte sparen.

„Wir waren an einer einvernehmlichen Lösung interessiert“, sagt Schönberger. Daher habe man das Kündigungsschreiben wohlwollend formuliert und darauf verzichtet, die gestiegenen Kosten zu erwähnen. Er betont auch, dass den Architekten bereits vor dem Pressegespräch am 15. Oktober signalisiert worden sei, dass man sich trennen wolle. Dabei habe man explizit auch die steigenden Kosten als Grund für die Trennung erwähnt. Warum diese dann in dem offiziellen Schreiben keine Rolle mehr spielten, begründet der Oberbürgermeister so: „Wir wollten die Architekten nicht an den Pranger stellen.“

Die Planer wehren sich gegen die Vorwürfe der Stadt

Ruben Lang, der Projektleiter des o5-Büros, sieht das anders. „Von den im Pressegespräch genannten Gründen stand im Kündigungsschreiben kein Wort. Die meisten Aussagen von damals sind für uns schlicht Falschaussagen“, meint Lang. Vielmehr wolle sein Büro den Vertrag erfüllen. Auch gegen den Vorwurf der Kostensteigerung wehrt er sich. „Wir haben viele Vorschläge zur Kostenreduzierung gemacht und Einsparpotenziale ausgewiesen.“

Lang zufolge lauert für die Stadt noch eine weitere Gefahr: So lägen die Urheberrechte der bisherigen Entwürfe allein bei den Architekten. „Einfach aufbauend darauf weiter zu planen, geht daher nicht.“ Mehr noch: „es müsste im Grunde nochmal neu ausgeschrieben werden. Das würde Kosten verursachen und das Projekt sicher um mindestens zwei bis drei Jahre verzögern.“ Der Oberbürgermeister sieht das anders: „Mit dem städtebaulichen Wettbewerb hat die Stadt die Entwürfe gekauft.“

Im Remsecker Gemeinderat wurde das Thema am Dienstagabend nichtöffentlich diskutiert. Dort sieht man das Verhalten der Verwaltung zwiespältig. Einerseits, so ist zu hören, halte man die Kündigung für richtig. Andererseits seien „alle nicht begeistert“ von „unnötigen Fehlern“ wie diesen, die der Verwaltung ausgerechnet in diesem Verfahren, das unter starker Beobachtung stehe, unterlaufen seien.