Eine Marke für Stuttgart: Das Mercedes-Museum Foto: Wagner

Marktforschung zeigt: Deutsche wissen wenig über die Landeshauptstadt Stuttgart.

Stuttgart - Was fällt den Deutschen ein, wenn sie an Stuttgart denken? Kehrwoche? Von wegen. Gar nichts! Das haben Marktforscher herausgefunden. Stuttgart Marketing und die Agentur Embassy wollen nun aus dem Nichts im Süden eine Marke entwickeln. Erstes Ergebnis: Wohlhabende Touristen will man anlocken.

Der Schwabe hat ja mitunter Probleme mit seinem Selbstbild. Wenn der "Tatort"Kommissar Ernst Bienzle, der Fernsehgott habe ihn selig, schwäbisch schwätzte, oder sein Vermieter Walter Schultheiß die Treppe nass wischte, fühlte sich der großstädtische Stuttgarter beleidigt: So sind wir nicht. Und auch von so mancher Imagekampagne fühlte man sich zu Dialekt sprechenden die Gehsteige feudelnden Kauzen erniedrigt. Doch alles kein Problem: Der Rest von Deutschland denkt bei Stuttgart nicht an Kehrwoche und Entenklemmer, er denkt an nichts.

Fast 70 Prozent sind geschäftlich hier

Das kam heraus bei einer repräsentativen Umfrage unter 2000 Deutschen. In Auftrag gegeben von Stuttgart Marketing und der Regio Stuttgart Marketing und Tourismus GmbH. Man will sich neu darstellen, sich für Gäste interessanter machen, eine touristische Marke für die Region entwickeln, wie das in Marketing-Deutsch heißt. Dieses soll die Berliner Agentur Embassy tun. Die dafür 200.000 Euro zur Verfügung hat.

60 bis 70 Prozent aller Menschen, die in Stuttgart übernachten, sind geschäftlich hier. Stuttgart-Marketing-Chef Armin Dellnitz: "Das ist ein außergewöhnlicher hoher Wert." Dadurch sei der Tourismus sehr abhängig von der Konjunktur. "Wenn die Wirtschaft hustet, hustet der Tourismus in Stuttgart im selben Atemzug mit." Und wenn die Wirtschaft an Schwindsucht leidet, sinken in Stuttgart die Übernachtungen wie 2009 um 8 Prozent auf 2,5 Millionen.

Bedauerlich: Kein Eiffelturm in Stuttgart

Man will also mehr Freizeittouristen anlocken. Doch dafür muss man wissen: Was kennen sie von Stuttgart? 15 Prozent die Wilhelma, 13 Prozent Museen, sieben Prozent den VfB und 59 Prozent gar nichts. Das macht die Aufgabe von Andreas Mack, Geschäftsführer von Embassy nicht leichter. "Denn die touristische Marke für die Region muss vor allem Sympathie vermitteln", sagt er, "und das geht nur über Gefühle." Der Schwarzwald, so ergab die Umfrage, ist doppelt so sympathisch wie die Region Stuttgart. Einen Grund sieht Mack im "verschwommenen touristischen Profil". Einen Eiffelturm gebe es hier nicht, sagt Mack, "und in der Breite finden sie das Angebot auch in Hamburg oder München."

Also zäumen sie das Pferd von vorne auf. Statt Angebote zu bündeln und wie bisher zu sagen: Hier ist Kultur, hier ist Wein, hier sind Feste, nun schauen wir mal, wenn's interessiert, haben sie drei Zielgruppen festgelegt, die sie umgarnen möchten. Die Reiselustigen über 50, interessiert an Genuss, Mobilität und Kultur, die Geschäftsleute, die ohnehin in Stuttgart sind "und abgeholt werden sollen und denen Lust auf mehr gemacht werden soll", sowie die "jungen Enthusiasten" zwischen 20 und 30, "die Spaß an Events, Autos und Konzerten haben".

"Qualität in jeder Beziehung"

Kein Zufall ist es, dass man sich konsequent an Gäste richten will, die Geld haben und Geld ausgeben. "Wir setzen auf Qualität in jeder Beziehung." Das soll auch für die Angebote gelten. Nicht mehr alles will man deutschlandweit vermarkten. Da wird so mancher Bürgermeister schlucken müssen. "Wir trennen künftig gezielt zwischen dem Tagestourismus", sagt Dellnitz, "und dem Übernachtungstourismus."

Noch im August muss das Dächle weichen, dann soll es ein neues Logo, eine neue Marke geben. Bis Ende des Jahres sollen die Maßnahmen geplant werden und 2011 die neue Strategie umgesetzt werden. Seinen Marketingetat von zwei Millionen Euro will Dellnitz nutzen, um die Marke Region Stuttgart bekannt zu machen. "Sollten im neuen Jahr die Übernachtungszahlen steigen hat das allerdings noch nichts damit zu tun", sagt Dellnitz, "drei, vier Jahre wird es sicher brauchen, bis die Marke etabliert ist"